Weltmeister Biedermann: Titel das Ziel

Shanghai (dpa) · Am Freitag hebt der Flieger mit großen deutschen Medaillenhoffnungen für die Schwimm-WM ab. Mit an Bord: Doppel-Weltmeister Paul Biedermann. 2009 in Rom schwamm er ohne Druck zu zwei Titeln über 200 und 400 Meter Freistil, in Shanghai ist er erstmals bei Langbahn-WM der Gejagte.

„Ich möchte schon beide Titel verteidigen, auch wenn es sehr hart und schwer wird“, sagte der 24-Jährige in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Wie groß ist das Kribbeln kurz vor dem WM-Auftakt?

Biedermann: „Es soll jetzt endlich los gehen. Aber im Gegensatz zu den Vorjahren bin ich entspannter. Der erste Schritt in China wird sein, dort richtig anzukommen und den Jetlag wegzubekommen, ein gutes Gefühl zu fassen und voll in die WM zu starten.“

Fahren Sie nach Shanghai in der Erwartung wieder Doppelweltmeister zu werden?

Biedermann: „Das ist auf jeden Fall mein Ziel. Ich möchte nicht hingehen und sagen, ich würde mich über einen dritten Platz freuen. Ich möchte schon beide Titel verteidigen, auch wenn es sehr hart und schwer wird. Aber deshalb rudere ich nicht zurück. Ich werde bestimmt nicht zusammenbrechen und in Tränen ausbrechen, wenn ich nicht Weltmeister werde. Eine gute WM wären auch Platz eins bis drei und mit der 4 x 200 Meter Freistilstaffel ein Podiumsplatz.“

Neben den üblichen Verdächtigen wie Michael Phelps oder Ryan Lochte haben sich die Chinesen in diesem Jahr sehr stark präsentiert und immerhin haben sie eine Heim-WM...

Biedermann: „Ich weiß nicht, wo die immer her kommen. Das war ja wieder ein ganz anderer. Die Zeiten sind schon verdammt ordentlich. Jetzt muss man sehen, können sie es auch schwimmen, wenn es drauf ankommt? Die Chinesen profitieren von dieser unglaublichen Masse von Leuten. Wenn einer nicht mitmacht, dann nehmen sie einfach den nächsten.“

Das Feld in Shanghai wird so stark sein, dass trotz super Zeit vielleicht auch gar keine Medaille herausspringen kann...

Biedermann: „Das kann passieren, aber dann muss ich so stark sein und meinen Weg trotzdem weitergehen. Es wird schwer, aber ich werde es versuchen und mein Bestes geben. Und wenn das nicht reicht, weiß ich zumindest, was ich machen muss.“

Dabei wird jetzt mehr von Ihnen erwartet als 2009 in Rom. Wie empfinden Sie selbst das?

Biedermann: „Die Erwartungshaltung an mich ist natürlich größer, der Fokus wird mehr auf mir liegen als 2009. Das war entspannt damals. Ich war einfach da, hab' meine Rennen gewonnen, hatte Spaß. Jetzt hat das an Schärfe gewonnen, aber es macht mir nach wie vor Spaß.“

Was kann man Abseits von Paul Biedermann von der WM erwarten?

Biedermann: „Es wird verdammt schnell. Widererwartend wird man sehr schnell an die Zeiten herankommen, die man mit Anzug geschwommen ist. Richtung Olympia kann man dann sagen, dass es doch nicht mehr so lange dauern wird, bis der erste Langbahn-Weltrekord wieder fällt.“

Die WM steht im Fokus, aber von Olympia 2012 wird auch schon viel gesprochen. Denken Sie schon an das mögliche Riesen-Finale mit Michael Phelps, Ian Thorpe und Paul Biedermann?

Biedermann: „Es gäbe dann keine besser besetzte Strecke als 200 Kraul, wenn es denn so sein sollte. Das wäre natürlich der absolute Oberhammer. Aber noch ist Olympia zu weit weg, ich habe die WM zu sehr vor der Nase und da möchte ich schon so gut wie möglich schwimmen, um auch den ersten Schritt Richtung Olympia zu setzen.“

Was trauen Sie Ian Thorpe bei seinem Comeback-Projekt für Olympia zu. Er selbst sprach zurückhaltend davon, man müsse sich erst einmal qualifizieren und dann seien da Gegner wie Phelps oder Biedermann. Macht einen das stolz, wenn er Sie erwähnt?

Biedermann: „Wie weit er nach vorne kommen kann, kann nur er sich beantworten. Mich hat überrascht, dass er speziell mich erwähnt. Er hätte locker fünf, sechs Andere nennen können. Als ich seinen Weltrekord unterboten haben, war er der einzige, der gesagt hat: Das war nicht der Anzug, das warst du.“

In Shanghai wird sicher auch wieder die Doping-Problematik aufkommen. Dort soll es erstmals seit sechs Jahren wieder Blutkontrollen geben.

Biedermann: „Ich begrüße das, ich bin ja jemand, der oft genug auf den Tisch gehauen hat. Die NADA (Nationale Anti Doping Agentur) kontrolliert immer mit Blut. Ich befürworte das. Ich möchte gerne zeigen, dass ich sauber bin. Ich hoffe, dass alle meine Konkurrenten genauso oft kontrolliert werden wie ich und den Sport genauso lieben, dass sie ihn auch sauber betreiben wollen.“

Könnte sich eine Athletenkommission auch in diesen Fragen besser für die Sportler einsetzen?

Biedermann: „Schwimmer lassen sich immer alles gefallen und meckern dann im Nachhinein. Aber die Trainer haben jetzt schon einen eigenen Verband und wehren sich.“

Und wann legen die Sportler nach?

Biedermann: „Das müsste einer erstmal ankurbeln. Das muss jemand sein wie ein Phelps oder Thorpe.“

Diese könnte sich auch um Vermarktungsdinge kümmern. Muss Schwimmen noch attraktiver werden oder muss es neue Wettkampfformate geben?

Biedermann: „Ich wüsste man nicht, wie man es noch attraktiver machen könnte, außer wir schwimmen alle nackt. Schwimmen ist dann attraktiv, wenn man einen Bezug zu Zeiten hat, sich selbst sportlich betätigt und wenn man seine Bestzeit über 50 Meter kennt. Sonst sind es einfach nur Zahlen und Meter und nicht greifbar.“

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