Sebastian Pelzer in Chicago Ein Trierer und seine Rekordtransfers

Chicago/Trier · Der Bekonder Sebastian Pelzer (42) hat Chicago Fire zu einer Top-Adresse für Talente und bekannte frühere Bundesliga-Spieler gemacht. Warum er die amerikanische Profi-Liga MLS auf dem Weg nach oben sieht, wo er 2022 seinen ersten nationalen Titel feierte und was er vom neuen Trainer von Eintracht Trier hält.

Sebastian Pelzer ist technischer Direktor bei Chicago Fire. Seinen ersten nationalen Titelgewinn feierte er 2022 – aber in der Schweiz.

Sebastian Pelzer ist technischer Direktor bei Chicago Fire. Seinen ersten nationalen Titelgewinn feierte er 2022 – aber in der Schweiz.

Foto: Daniel Bartel/Chicago Fire FC/Daniel Bartel

Nichts hält sich so beständig wie ein altes Klischee, auch wenn die Gegenwart längst nichts mehr damit zu tun hat. Etwa, dass die amerikanische Profi-Liga MLS ein chilliger Abschluss nach der langen, harten Fußballkarriere in einer der großen europäischen Ligen sein kann. Das war schon bei der Vorgängerin in den  1970ern und  1980ern eher falsch, die immer noch gern als „Operettenliga“ besungen wird, weil einige Stars wie Pelé, Gerd Müller oder Franz Beckenbauer bei ihren USA-Abenteuern schon im Spätsommer ihrer Karrieren waren. Der Rivenicher Klaus Toppmöller, bis heute FCK-Rekordtorschütze, ging damals schon als Endzwanziger in die USA.

Sebastian Pelzer kann bei solchen Fehleinschätzungen über die Major League Soccer nur lächeln. Der gebürtige Trierer arbeitet seit über drei Jahren als technischer Direktor bei Chicago Fire, die vierte Saison hat gerade begonnen. „Die MLS wird auch für jüngere Spieler immer attraktiver“, sagt er. „Es gibt viele europäische Spieler, die versuchen, in die MLS zu kommen.“ Zu alt sollten sie nicht sein – und sie müssen sich auf eine Liga mit hohem Tempo einstellen, wenn auch mit einem gewissen Leistungsgefälle bedingt durch Gehaltsobergrenzen.

„Die Liga wird immer attraktiver, sie nimmt immer mehr Fahrt auf“, so nennt es der langjährige Zweit- und Drittliga-Profi. Das sehe er auch am steigenden Zuschauerinteresse: „Fußball ist der am schnellsten wachsende Sportmarkt in den USA – und das wird sich bis zur WM 2026 noch potenzieren. Der Hunger wird immer größer“; sagt Pelzer, den es schon als jungen Spieler kurzzeitig ins Ausland gezogen hatte. Vom 1. FC Kaiserslautern war er zum damaligen Premier-League-Club Blackburn Rovers gewechselt. Paul Linz holte ihn im Frühjahr 2004 zur Trierer Eintracht, wo der Linksverteidiger in der zweiten Bundesliga zum Stammspieler wurde.

Die in den USA, in Mexiko und Kanada stattfindende WM 2026 soll dem US-Fußball einen weiteren Push geben. Aber schon jetzt sehe man eine deutliche Entwicklung. So hat die MLS einen neuen großen Fernsehvertrag mit Apple als Streaminganbieter abgeschlossen („Da bekommen wir eine viel größere Reichweite“). Am Montagabend wurde zudem bekannt, dass Rekordmeister Bayern München eng mit dem aktuellen MLS-Meister Los Angeles FC im Nachwuchsbereich kooperieren wird, was auch Bayern-Boss Oliver Kahn mit einem „Qualitäts- und Nachwuchsschub in der MLS“ begründete.

Dazu trägt auch Pelzer in Chicago bei. Er arbeitet eng mit Sportdirektor Georg Heitz zusammen, von ihm bekomme er „operativ in vielen Bereichen freie Hand“. So kümmert er sich unter anderem um die weltweite Organisation des Scoutings, er bereitet Transfers vor und ist auch ein Ansprechpartner im Nachwuchsbereich. Im nächsten Jahr soll ein neues, riesiges Trainingsgelände und Nachwuchszentrum im Herzen von Chicago eröffnet werden. Der bisher erfolgreichste Fire-Coup in seiner Amtszeit: Vor drei Jahren entdeckte er bei einem Spiel in Kolumbien den damals 16-jährigen Stürmer Jhon Durán – eher zufällig. „Er wurde damals eingewechselt. Da hat man gleich gesehen, was er kann – Tempo, Physis, Abschluss, Kopfball.“ Durán wurde Schritt für Schritt weiter aufgebaut. Im Januar 2023 wechselte der inzwischen 19-jährige Kolumbianer für rund 18 Millionen Dollar (16,6 Millionen Euro) zu Aston Villa. Erst im vergangenen August hatte Chicago Fire den 18-jährigen Gabriel Slonina für die damalige Club-Rekordsumme von neun Millionen Euro an den FC Chelsea abgegeben. Die MLS beziffert das Gesamtvolumen beider Transfers sogar auf 37 Millionen Dollar.

Sportlich ist bei Fire – wo mit Kapitän Rafael Czichos (früher 1. FC Köln), Kacper Przybylko (FCK, Köln) und Fabian Herbers auch drei Deutsche spielen – zwar noch Luft nach oben. Seinen ersten nationalen Titel als Fußballfunktionär hat Pelzer aber im vergangenen Jahr feiern können – wenn auch nicht in den USA: Chicago-Fire-Besitzer Joe Mansueto hatte im Sommer 2021 auch den Schweizer Erstligisten FC Lugano übernommen  – und der Club aus dem Tessin gewann im Jahr darauf den Schweizer Pokalwettbewerb. Pelzer sieht sich als „Bindeglied“ zwischen beiden Teams. Am vergangenen Wochenende war er noch in Lugano, um schon mal über den Kader für die nächste Saison zu sprechen. Auch in diesem Jahr ist mit einem verjüngten Kader ein Titel drin: „Wir stehen wieder im Pokal-Halbfinale.“

Die Aufgabe in Lugano habe den Horizont noch einmal sehr erweitert, sagt der 42-Jährige, dessen Eltern bis zur Schließung im vergangenen Jahr den bekannten Gasthof Pelzer in Bekond geführt hatten.

Sebastian Pelzer machte 130 Zweitliga-Spiele, die ersten 45 davon für Eintracht Trier.

Sebastian Pelzer machte 130 Zweitliga-Spiele, die ersten 45 davon für Eintracht Trier.

Foto: TV/Hans Krämer

In der alten Heimat – bei den Eltern und Geschwistern – ist er zwar nicht mehr oft, dafür fehlt die Zeit. Aber es freut ihn, dass es einen Freund aktuell nach Trier gezogen hat: Andreas „Zimbo“ Zimmermann, den neuen Trainer von Eintracht Trier. „Ich habe ihn kennengelernt, als ich in Ahlen spielte und er dort Co-Trainer war. Er hat eine Gabe, dass die Jungs nachher glauben, dass sie durch eine Wand gehen können. Aber er ist nicht nur ein Motivator, sondern auch sehr geradlinig und ein guter Typ – ich drücke der Eintracht und ihm die Daumen.“

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