Alle für einen
Zehn Frauen und acht Männer, viel SPD-Prominenz und einige Neulinge: Acht Wochen vor der Bundestagswahl ist das "Regierungsteam" von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier praktisch komplett. Nach vielen Spekulationen stellte Steinmeier am Donnerstag in Potsdam seine Mannschaft vor.
Potsdam. Wenigstens die Kulisse ist beeindruckend. Im Hintergrund plätschert der Templiner See. Davor recken sich alte Erlen und Linden in den strahlend blauen Himmel. Und darunter lächeln 19 Frauen und Männer für eine Heerschar von Journalisten um die Wette.
Für die Präsentation des "Teams Steinmeier" hat die SPD eigens ein Vier-Sterne-Hotel auf der idyllischen Halbinsel Hermannswerder in Potsdam in Beschlag genommen. Nach Darstellung des Parteivorsitzenden Franz Müntefering hat die engere Führung seit Monaten auf das mediale Ereignis am Templiner See hingearbeitet. "Das ist 'ne Profitruppe", schwärmt der Sauerländer über das schöne Bild. Und der Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier verspricht: "Wir setzen nicht auf Platz, wir setzen auf Sieg." Merkwürdig nur, dass Steinmeiers Team offenbar mit heißer Nadel zusammengestrickt wurde. Da ist zum Beispiel Udo Folgart. Der 53-jährige Diplom-Agraringenieur aus Brandenburg soll das Thema Landwirtschaft "besetzen" und so der amtierenden CSU-Agrarministerin Ilse Aigner Konkurrenz machen. Von seinem Glück erfuhr Folgart erst am vergangenen Samstagabend bei einem Telefonat mit Steinmeier. "Da war ich schon überrascht", gibt der parteilose Landtagsabgeordnete zu.
Das Schicksal weitestgehender Unbekanntheit teilt Folgart mit den allermeisten neuen Gesichtern, die die Union in den verbleibenden acht Wochen bis zum Wahltag das Fürchten lehren sollen. Das wird schwer genug. Denn CDU-Kanzlerin Angela Merkel liegt seit Monaten im Sympathiehoch, während der ohnehin schon geringe Wählerzuspruch für Steinmeier zuletzt noch weiter abgebröckelt ist. Mit seinem Team hofft der Kandidat besonders auf den krisengeschüttelten Feldern Arbeitsmarkt und Wirtschaft zu punkten.
Dafür steht neben den Ministern Olaf Scholz (Arbeit) und Peer Steinbrück der Multimillionär Harald Christ. Der 37-jährige Inhaber einer Aktiengesellschaft soll sich speziell um den Mittelstand kümmern. Ob der Mann denn auch ein Anhänger des Mindestlohns sei, will ein Medienvertreter spitzfindig wissen. Doch Steinmeier kann Entwarnung geben: Man arbeite schon länger in wirtschaftlichen Fragen zusammen. Und der "Herr Christ" sei "natürlich" für den Mindestlohn.
Einen weiteren Schwerpunkt künftiger SPD-Politik sieht Steinmeier in der Gleichstellung der Geschlechter. In seinem Team sind die Frauen mit zehn gegen neun Männer sogar in der Überzahl.
Spektakuläre Namen sucht man allerdings auch hier vergebens. So war bis zuletzt unklar, wer etwa das Feld des Verbraucherschutzes beackern soll. Dafür wurde mit Barbara Hendricks nun eine seit Jahrzehnten fest im Partei-Establishment verankerte Frau gefunden.
Dem Vernehmen nach soll Ulla Schmidts Dienstwagen-Affäre bei den Beratungen kaum eine Rolle gespielt haben. "Da hatten wir keine Lust zu", meinte ein Teilnehmer lapidar. Stattdessen sei es um Strategie und Taktik gegangen. Von "Doppelpässen" war die Rede, mit denen sich die Team-Mitglieder gegenseitig die politischen Bälle zuspielen sollen, um sie im Tor der Union zu versenken. Merkel dürfe sich nicht so einfach bis zum Wahltag schleichen, lautete das Fazit der Runde. Ob das gelingt, werden die kommenden Wochen zeigen.