Alles im Griff

Horst Köhler hat sich lange aus allem herausgehalten, was als Wahlkampf um die Bundespräsidentschaft interpretiert werden könnte. In der schlichten Ignorierung seiner Konkurrentin Gesine Schwan sah der Amtsinhaber die beste Strategie, für weitere fünf Jahre im Berliner Schloss Bellevue zu residieren.

Doch der jüngsten Steilvorlage von Gesine Schwan wollte und konnte Köhler nicht widerstehen. Seine öffentliche Warnung vor Panikmache in Zeiten der Krise ist eine schallende Ohrfeige für die SPD-Herausforderin, die vor sozialen Unruhen gewarnt hatte. Dabei sprach Köhler eigentlich nur aus, was der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und andere führende Genossen schon unmittelbar nach Schwans Äußerungen gesagt hatten.

Aber genau darauf kam es Köhler an: Die Kandidatin ist seiner Mahnung schutzlos ausgeliefert. Geschickt hat der Bundespräsident die Kluft zwischen Schwan und der SPD sogar verstärkt. Das steigert seine Chancen auf eine Wiederwahl in vier Wochen noch einmal beträchtlich.

Diese schöne Aussicht hat allerdings auch ihre Kehrseite: So "natürlich" es für Horst Köhler ist, dass sich die Krise politisch und sozial meistern lässt, so sehr könnten in der Bevölkerung die Zweifel daran wachsen, wenn die Arbeitslosigkeit der gefürchteten Fünf-Millionen-Marke entgegen strebt.

Die Protestbereitschaft ist in Deutschland zwar traditionell gering. Aber die Wut vieler Menschen gegen die Hartz-Reform zu Zeiten der rot-grünen Koalition hat gelehrt, dass es auch anders kommen kann. Gesine Schwan ist dann vielleicht schon vergessen. Aber Horst Köhler wäre immer noch Bundespräsident. Umso mehr wird man ihn an seiner vormaligen Krisen-Botschaft messen, dass die Politik alles im Griff habe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort