Alles, was das Wallfahrer-Herz begehrt

Trier · Fuß- und Radpilger müssen nicht matt, verschwitzt und mit komplettem Gepäck vor den Heiligen Rock treten. In der Pilgeroase des Brüderkrankenhauses können sie sich stärken, duschen und ihre Sachen lagern. Mehrere tausend Wallfahrer haben bisher von diesem Angebot Gebrauch gemacht.

Trier. "Toll, dass es Euch gibt!", "Ein wunderbarer Service": Diese Einträge ins Gästebuch zeugen von tiefer Dankbarkeit. Die Pil-geroase im Park des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder hat wenig gemein mit einem Vegetationsfleck in der Wüste, aber eine vergleichbare Wirkung. "Wer zu uns kommt, hat einen langen Weg hinter sich und lechzt nach Erfrischung und Erholung", weiß Reiner Strauß (52) vom Oasen-Team. "Und bei uns bekommt er das alles gratis und mit viel Zuwendung."
Rund 170 ehrenamtliche Helfer und 50 Mitarbeiter des Brüderkrankenhauses, das die Pilgeroase betreibt und finanziert, kümmern sich täglich von 8 bis 22 Uhr in vier Schichten um das Wohl ihrer Gäste. Die kommen entweder, weil sie via Internet von dem Wallfahrtsservice erfahren haben, oder weil sie, in Trier angekommen, zufällig die Hinweisschilder gesehen haben. Auf jeden Fall aber von weit her.
Gäste aus ganz Europa


"Wir heißen hier Wallfahrer aus ganz Europa willkommen", berichtet Reinhard Boesten (59), Sozialarbeiter im Brüderkrankenhaus. Die Mehrzahl sind Pilger, die ohne technische Hilfsmittel zum Heiligen Rock wollen. Wie etwa Dechant Jörg Meyer aus Ahrweiler, der eine 38-köpfige Wanderergruppe in fünf Etappen durch die Eifel geführt hat. Oder 70 Radler aus dem Dekanat Maifeld/Untermosel, die in zwei Tagen nach Trier gefahren und froh sind, "in der Pilgeroase auf ein toll organisiertes Angebot zu stoßen", sagt Hermann Gipp (61). "Wir konnten duschen, uns stärken und die Räder samt Gepäck hier abstellen." Und damit den Dom erfrischt und Ballast-frei besuchen.
Doch auch, wer nicht ganz so weit gegangen oder gestrampelt ist, wird herzlich empfangen. Ulf Winkler (40) aus Jülich (Nordrhein-Westfalen) ist per Zug nach Trier gereist. Sein Fußweg beschränkt sich auf innerstädtische zehn Kilometer vom Bahnhof zum Dom, zur Basilika St. Matthias in Trier-Süd und zurück - mit einem Abstecher in die Pil-geroase. Dort stellt ihm Karin Müller-Bauer (47) eine persönliche Pilgerurkunde aus, als begehrtes Erinnerungsstück und als Beleg für die Teilnahme an der Wallfahrt 2012.
3000 Pilgerurkunden ausgestellt


Rund 3000 solcher Urkunden sind in den ersten zweieinhalb Wallfahrtswochen ausgestellt worden. "Das entspricht aber nur einem Bruchteil unser tatsächlichen Besucher", sagt Karin Müller-Bauer. Manchmal sei der Andrang auf die 60 Feldbetten in den sechs Pagodenzelten oder die sanitären Anlagen so groß, dass das Urkunden-Angebot nebenan im Empfangszelt im Getümmel untergeht.
Auch ein Beleg dafür, dass die 47-Jährige recht hat. Die Einrichtung der Oase geht nicht zuletzt auf ihre Initiative zurück: "Ich bin selbst erfahrene Pilgerin, war schon vor 20 Jahren mit meinem Mann auf dem Jakobsweg und weiß, was man am Ende einer Etappe braucht. Das brauchen Fuß- und Radpilger auch am Zielort Trier. Erst recht, wenn das Wetter so ist wie in den ersten beiden Wallfahrtswochen."
Die Pilgerreferentin und Buchautorin ("Neue Wege, alte Pfade. Spiritueller Pilgerführer zum Heiligen Rock", Paulinus-Verlag) hat zudem sieben verschiedene Wanderwege zum Heiligen Rock ausgearbeitet. Und wie zur Bestätigung betritt gerade eine Gruppe Studenten aus Frankfurt das Zelt. Sie sind per Auto bis zum Stadtteil Olewig gefahren und vom Ort aus auf einer der empfohlenen Routen in die Altstadt gegangen: "Durch die Weinberge mit herrlichem Blick auf Trier - das war ein tolles Erlebnis."
Die noch bis zum 13. Mai laufende Heilig-Rock-Wallfahrt ist die 20. seit 1512, aber die erste mit Pilgeroase. Wann die 21. Wallfahrt ist, steht noch in den den Sternen. Aber eines scheint schon jetzt gewiss: Eine Pilgeroase wird ganz gewiss dazu gehören.

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