Anja Matatko: Die Grüne mit dem grünen Daumen

Trier · Die Listenführer bei der Kommunalwahl spielen als designierte Fraktionsvorsitzende eine wichtige Rolle bei der künftigen Arbeit des Stadtrats. Wir stellen die Spitzenkandidaten als Politiker und als Privatpersonen vor. Heute: Anja Matatko (Bündnis90/Grüne)

Mehr Klischee geht eigentlich nicht: Das Treffen mit der Grünen Anja Matatko findet in der Schrebergarten-Kolonie Olewig statt, die Anlage heißt "Bergfrieden", die Pflanzen in ihrer gepachteten Garten-WG sind gepflegt verwildert, und auf dem Holztisch steht ein "Bienen-Hotel". Automatisch schweift der Blick auf der Suche nach einem Gartenzwerg durch die Rabatten, aber das wäre denn doch zu viel des Guten.

Nein, spießig sind die Grünen nicht geworden. Aber bürgerlich schon. Als Bürgerschreck Joschka Fischer 1984 dem Bundestagspräsidenten sein berühmtes "Mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch" zurief, feierte Anja Matatko in einem unterfränkischen Dorf gerade ihren dritten Geburtstag. Heute, mit 28, steht sie für eine ökologisch orientierte Politik, der Fahrradwege, Frischluftschneisen, Sitzbänke und Grünflächen wichtiger sind als Provokationen.

Über ihr Engagement beim BUND und den Einsatz gegen den Handwerkerpark Feyen ist sie in der Kommunalpolitik gelandet. Mitglied in der Grünen-Partei ist sie bis heute nicht. Und hätte sie es werden müssen, um für den Stadtrat zu kandidieren, wäre ihr Talent der Ratsarbeit wohl verloren gegangen. Aber so nahm sie das Einstiegs-Angebot an, in der Hoffnung, "da dabei zu sein, wo die Entscheidungen getroffen werden".

Bis heute kein Parteimitglied geworden

Dass die Grünen angesichts der Trierer Mehrheitsverhältnisse dabei meist nur Zaungäste sind, ist ihr in den ersten fünf Jahren ihrer Ratsarbeit nicht verborgen geblieben. Trotzdem: In Einzelpunkten habe man einiges bewegt, zum Beispiel bei den Radwegen. Und der Einfluss sei um so größer, je mehr man auf persönliche Kontakte und Netzwerke innerhalb des Rates zurückgreifen könne. Bei den offiziellen Sitzungen bewege sich schon aufgrund des Fraktionszwangs bei den meisten nicht mehr all zu viel.

Der grünen Grundsatzdebatte über "Koalitionen" in der Stadtpolitik kann sie nicht viel abgewinnen. "Es gibt Kröten, die ich nicht schlucken möchte", sagt sie, verweist aber andererseits darauf, dass Zusammenarbeit "immer eine Frage des Preises" sei.

Vielleicht ist es der unkomplizierte Pragmatismus und die politiker-untypische offene Art, die Anja Matatko reichlich Ansehen quer durch die Fraktionen eingebracht haben. Als sie vor ein paar Monaten, frustriert über mangelnde Anerkennung der Fraktionsarbeit, ihren Rückzug ankündigte, gab es Bedauern auf allen Seiten. Und, wie sie durchblicken lässt, das eine oder andere Wechsel-Angebot. Aber gerade dadurch habe sie sich "an meiner Ehre gepackt gefühlt", doch für die Grünen weiterzumachen.

Die Frage, wie sie als Spitzen-Frau in einer künftigen Fraktion mit machtbewussten Polit-Alphamännchen wie Reiner Marz, Richard Leuckefeld und Gerd Dahm zurechtkommen will, entlockt ihr ein diplomatisches Lächeln. "Das Team ist wichtig, da müssen sich alle am Riemen reißen", sagt sie, ohne die Wortwahl des Fragestellers näher zu kommentieren.

Ob denn grüne Akzente in den Schwerpunkt-Bereichen Umwelt und Mobilität angesichts leerer Stadtkassen überhaupt möglich sind? Auch da fällt Matatkos Antwort differenziert aus: Angesichts der Millionen-Beschlüsse in letzter Zeit, die durch Einnahmen nicht gedeckt seien, könne einem "schon mal schlecht werden". Aber, so die rhetorische Gegenfrage, "kann man denn gegen IGS, Feuerwehr oder Theatersanierung sein?" Im übrigen müsse "längst nicht alles Grüne Geld kosten". Energetische Bebauungspläne beispielsweise. Oder umweltfreundliche Projekte, für die man bei den Bürgern um Kapital wirbt.

Für eine solche Politik willsie Stimmen gewinnen. Wohlwissend, dass das gigantische Ergebnis der Grünen bei der letzten Wahl gefährlich hohe Erwartungshaltungen mit sich bringt. Um eine halbwegs klare Prognose redet sie gekonnt herum. So viel kühler Polit-Profi ist man nach fünf Jahren denn doch geworden.
Überblick Kandidatenlisten der Stadtrats-Listen

Matatko macht`s noch einmal: Die Grünen-Stadtratsliste

Liberale wollen kräftig wachsen

Die Linke: 13 Stimmen gleich 100 Prozent

UBM: Probst holt 100 Prozent

UBM: Vier Neue für die Unabhängigen

CDU/SPD: Berti Adam und Sven Teuber an der Spitze

Berti Adams: Der bodenständige Metzgermeister

Thomas Egger: Politik mit Augenzwinkern

Sven Teuber: Der Mitteilsame

Johannes Verbeek: Der Willensstarke

Anja Matatko: Die Grüne mit dem grünen Daumen

Christiane Probst: Die Überraschende

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