AfD-Spitzenduo zur Bundestagswahl Geschlossen nach rechts

Berlin · Die AfD hat ihre Mitglieder entscheiden lassen und zieht mit Fraktionschefin Alice Weidel und Parteichef Tino Chrupalla als Spitzenkandidaten in den Bundestagswahlkampf. Das Duo erreichte bei einer Mitgliederbefragung eine Zustimmung von 71 Prozent. Was dieses Ergebnis für die Ausrichtung der Partei bedeutet.

 Alice Weidel,  Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, und Tino Chrupalla, der Parteivorsitzende, stellen sich als Spitzenduo der AfD für die Bundestagswahl auf einer Pressekonferenz vor. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Alice Weidel,  Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, und Tino Chrupalla, der Parteivorsitzende, stellen sich als Spitzenduo der AfD für die Bundestagswahl auf einer Pressekonferenz vor. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Alice Weidel will in ihren Glückwünschen nachschauen. Danach fahnden, ob sich in den zahlreichen Nachrichten vielleicht doch eine persönliche Gratulation von Jörg Meuthen finde, sagt sie am Dienstag. Denn ein persönliches Gespräch, das geht aus der Ankedote hervor, hat es zwischen dem Vorsitzenden der AfD und der frisch gekürten Spitzenkandidatin der Partei für die Bundestagswahl noch nicht gegeben. Die Eiszeit zwischen den Flügeln in der AfD ist mitnichten vorbei.

Weidel, das ist seit Dienstag klar, wird gemeinsam mit Co-Parteichef Tino Chrupalla die AfD in den Bundestagswahlkampf führen. Der Parteivorsitzende und die Fraktionschefin im Bundestag erhielten bei einer Online-Mitgliederumfrage 71 Prozent der Stimmen. Auf das zweite Bewerberteam - bestehend aus dem niedersächsischen AfD-Politiker Joachim Wundrak und der digitalpolitischen Sprecherin im Bundestag, Joana Cotar - entfielen 27 Prozent.

An der Befragung Mitte Mai beteiligten sich gut 48 Prozent der Mitglieder,  genauer 14 815. Diese Zahl sei „extrem hoch“ und repräsentativ, betont Weidel. Chrupalla sagt, das Ergebnis zeige, dass die Mitglieder einen „gemeinsamen Kurs der Partei“ wollten, im Westen als auch im Osten Deutschlands. Der Sachse dankt den unterlegenen Konkurrenten für einen fairen Wahlkampf. „Das Ergebnis ist auch ein klares Votum für ein Ende der innerparteilichen Richtungsdebatte.“ Es sei jetzt an der Zeit, die Reihen zu schließen und gemeinsam Wahlkampf zu machen. Chrupalla hebt noch hervor, dass nun eine promovierte Volkswirtin und ein Handwerksmeister gemeinsam die Spitzenkandidatur übernähmen. So werde die Verankerung der AfD in der Gesellschaft deutlich. „Als Volkspartei machen wir Politik für alle gesellschaftlichen Schichten“, versichert er.

Auch Fraktionschefin Weidel mahnt: „Jetzt heißt es, nach dieser innerparteilichen Wahl gemeinsam und einig in die Wahl zu ziehen.“

Ob das so kommen wird, ist fraglich. Denn trotz aller Beteuerungen des frisch gewählten Spitzenduos bedeutet diese Personalentscheidung von knapp der Hälfte der Mitglieder zweierlei: Eine Richtungsentscheidung für einen weiteren Rechts-Kurs der AfD und eine Kampfansage an Meuthen.

Dieser gratuliert den Gewinnern zwar knapp und wünscht ihnen via Pressemitteilung viel Erfolg bei der Aufgabe, „die AfD in den kommenden Monaten als führende Repräsentanten unseres Bundestagswahlkampfes zu vertreten“. Mehr Einordnung aber gibt es von ihm zunächst nicht. Chrupalla kommentiert das so: „Die offizielle Beglückwünschung reicht mir eigentlich.“

Meuthen, der für einen gemäßigteren Kurs der Rechtspartei steht, muss schlucken, dass seine persönlichen Bewerber nur 27 Prozent der Stimmen bekamen - was auch daran liegen mag, dass diese keine Strahlkraft durch hohe Ämter in der Partei haben. Für einen Machtkampf auf Augenhöhe hätte der Europaparlamentarier Meuthen selbst antreten müssen. Das hat er vermieden, muss die Niederlage der „Gemäßigten“ nun auch verantworten. Sein Vorstoß, nicht die Parteitagsdelegierten, sondern alle AfD-Mitglieder über die Frage der Spitzenkandidatur entscheiden zu lassen, hat sich als taktischer Fehler herausgestellt.

Denn der Mann hinter Weidel und Chrupalla heißt Björn Höcke. Der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Höcke machte am Parteitag vor knapp einem Monat sehr deutlich, dass die Tage für Meuthen gezählt sind. Am Rande des Delegiertentreffens stellte der Frontmann des offiziell aufgelösten, nationalpatriotischen „Flügels“ klar, dass er Meuthen nicht für geeignet hält, die AfD zu führen. Die Abrechnung ist also nicht abgesagt, sondern nur auf den Parteitag nach den Bundestagswahlen vertagt.

Davon wollen Weidel und Chrupalla am Dienstag allerdings noch nichts wissen. Es gehe jetzt nicht um die Fraktion oder die Frage des Parteivorsitzes. Vielmehr müsse die Partei nun die Bundestagswahl bestehen und vor allem den von der Corona-Politik enttäuschten Bürgern eine Stimme geben, betont Weidel. Im Vordergrund werde für die AfD die „neue soziale Frage“ stehen. Durch die Maßnahmen zur Corona-Eindämmung seien „hunderttausende Arbeitsplätze“ gefährdet und „ganze Industriezweige“ stünden vor der Pleite. Die AfD sei aufgerufen, auf „diese Probleme, diese Ängste“ zu antworten. Wer denn ihr Hauptgegner im Wahlkampf sei, wird Weidel gefragt. Die CDU, kommt es prompt zurück.

Um sich auf diesen Gegner zu konzentrieren, braucht es Ruhe in der Partei. Ob es dem frisch gekürten Spitzenduo gelingt? Fraglich.

(mün)
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