Bundestagswahl Was wollen die Parteien für queere Menschen erreichen?

Berlin · Die Grünen schneiden am besten ab, die CDU will am Status quo festhalten: Die Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl des Lesben- und Schwulenverband Deutschland zeigen, was die Parteien für queere Menschen erreichen wollen. Eine Partei wird als „gefährlich“ eingestuft.

Bundestagswahl 2021: Ziele der Parteien füe queere Menschen / LSBTI
Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die Bundestagswahl steht vor der Tür. Während die Spitzenkandatinnen und -kandidaten aktuell fast täglich in Talkshows und Interviews zu Gast sind, lohnt der Blick auf Themen, die in diesen Gesprächen zumindest nicht an erster Stelle stehen: Die Anliegen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechlichen Menschen (auch als LSBTI oder queere Menschen bezeichnet). Um diesen Menschen (und denen, die sich für sie einsetzen) die Wahl zu erleichtern, hat der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) Wahlprüfsteine veröffentlicht.

Wahlprüfsteine für Homosexuelle und andere queere Menschen zur Bundestagswahl 2021: Wie entstehen sie?

Um die Wahlprüfsteine zu formulieren reicht der LSVD Fragen in die Parteien ein, die diese beantworten. Der LSVD bewertet diese anschließend und fügt sie zu Prüfsteinen zusammen.

Bei der diesjährigen Wahl gibt es eine Neuerung: Die im Bundestag vertretenen, demokratischen Parteien haben sich auf ein neues Verfahren für die Einreichung von Wahlprüfsteinen geeinigt. Danach durften nur maximal acht Fragen mit maximal jeweils 300 Zeichen eingereicht werden. „Diese Beschränkungen finden wir problematisch“, gibt der LSVD bekannt.

Programm: Was wollen die Parteien für Homosexuelle und queere Menschen ändern?

Die Auswertung des LSVD zeigt: Am umfassendsten wollen Die Grünen die insgesamt 24 Forderungen (die aus den acht eingereichten Fragen entstehen) umsetzen. Dicht gefolgt werden die Grünen von den Linken und der FDP. Nach Angaben des LSVD lässt die SPD viele Fragen unbeantwortet und landet damit auf Platz vier. Die Union will laut LSVD „am Status quo festhalten“ und lässt insgesamt 14 Forderungen unbeantwortet. Sie verspricht lediglich einen Aktionsplan gegen Hassgewalt und befürwortet die Aufhebung des Blutspendeverbots für homo- und bisexuelle Männer.

Für den LSVD „wenig überraschend“ zeigt die AfD ihre „Verachtung für viele Errungenschaften“. So will die Partei etwa das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wieder abschaffen, das erst im Jahr 2006 erlassen wurde. Außerdem sei für die AfD „Familie nicht da, wo Kinder sind“. Das Fazit des LSVD ist klar: „Trotz lesbischer Spitzenkandidatin (Alice Weidel, Anm. d. Red.) steht die AfD für eine gefährliche Politik, der LSBTI keine Stimme geben sollten.“

Zu welchen Themen wurden die Parteien befragt und wie haben sie geantwortet?

  1. Diskriminierungsschutz in Artikel 3 Grundgesetz und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ausbauen: Wie wollen Sie Art. 3, Abs. 3 GG ergänzen, um ausdrücklichen Schutz für LSBTI zu verankern sowie das AGG ausbauen und wirksamer gestalten (Einbeziehung staatlichen Handelns, Stärkung der Antidiskriminierungsstelle, Verbandsklagerecht, Aufhebung der Ausnahmeregelungen für Religionsgemeinschaften)? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  2. Abstammungs- und Familienrecht für Regenbogenfamilien reformieren: Wie wollen Sie die Vielfalt der Regenbogenfamilien (Zwei-Mütter-Familien, Zwei-Väter-Familien, Mehrelternfamilien oder Familien mit trans* oder inter* Eltern) abstammungs- und familienrechtlich absichern, die Kinder von Regenbogenfamilien und die gesellschaftliche Akzeptanz stärken? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  3. Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen rechtlich anerkennen: Wie wollen Sie die Selbstbestimmung von trans* & inter* Menschen rechtlich sicherstellen (hinsichtlich Abschaffung des Transsexuellengesetzes, Voraussetzungen und Altersgrenze für Vornamens- und Personenstandsänderung, ein Verfahren für trans* & inter* Menschen, Standesamt oder Gericht)? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  4. Hasskriminalität gegen LSBTI bekämpfen: Wie wollen Sie Hasskriminalität gegen LSBTI wirksam bekämpfen (bundesweiter Aktionsplan zu Prävention und Bekämpfung, Berufung einer Expert*innenkommission, Benennung LSBTI-feindlicher Motive in §46 und §130 StGB, Sensibilisierung Polizei & Justiz, bessere Erfassung und Forschung zu Dunkelfeld?) Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  5. Einsatz für Menschenrechte von LSBTI weltweit: Wie wollen Sie in Entwicklungszusammenarbeit und Auswärtiger Politik das LSBTI-Inklusionskonzept sowie die Yogyakarta-Prinzipien +10 umsetzen, LSBTI-Menschenrechtsverteidiger*innen stärken, die EU-LSBTI-Gleichstellungsstrategie unterstützen und die Rechte von LSBTI z.B. in Polen & Ungarn stärken? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  6. Menschenrechtskonforme & LSBTI-inklusive Flüchtlingspolitik umsetzen: Wie wollen Sie eine menschenrechtskonforme, LSBTI-inklusive Flüchtlingspolitik umsetzen (faire, kultursensible Asylverfahren, Zugang zu Information und unabhängiger Rechtsberatung, Gewaltschutz bei Unterbringung, keine Abschiebung in Verfolgerstaaten, LSBTI-Themen in Sprach-/Integrationskursen)? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  7. Respekt und Akzeptanz im Alltag stärken: Wie wollen Sie einen Nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTI mit klaren, zeitlich definierten Zielvereinbarungen, Selbstverpflichtungen staatlicher Stellen und Haushaltsmitteln auflegen, LSBTI-Demokratie-Projekte auf Bundesebene absichern, Bildung und Arbeit gegen Rechtsextremismus stärken? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.
  8. Queere Gesundheit fördern: Wie wollen Sie die diskriminierenden Blutspendeverbote für „MSM“ und Trans* aufheben, einen LSBTI-Gesundheitsbericht auflegen, das Krankheitsrisiko Diskriminierung angehen, für LSBTI-inklusive Gesundheitsversorgung sorgen sowie einen Rettungsschirm für Corona-bedrohte LSBTI-Infrastruktur spannen? Die ausführlichen Antworten auf diese Frage finden Sie hier.

Auf einen Blick lassen sich die Antworten der Parteien in der folgenden Grafik erkennen, die der LSVD erstellt hat:

Queere Wahlprüfsteine: Das sind die kompletten Antworten der befragten Parteien

Die Grafik des Lesben- und Schwulenverband Deutschland zeigt die queeren Wahlprüfsteine und die Antworten darauf, was die Parteien nach der Bundestagswahl erreichen wollen.

Die Grafik des Lesben- und Schwulenverband Deutschland zeigt die queeren Wahlprüfsteine und die Antworten darauf, was die Parteien nach der Bundestagswahl erreichen wollen.

Foto: LSVD

Aus Transparenzgründen ist es wichtig, die Antworten der einzelnen Parteien auch in Gänze zu veröffentlichen. Diese finden Sie unter den jeweiligen Links als PDF zum Download:

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