Das gedruckte Verbrechen

Trier · 27 Prozent des Belletristikumsatzes verdankt der Buchhandel spannenden Geschichten. Seit den ersten Kriminalgeschichten scheint es für viele Leser nichts Spannenderes zu geben als das Verbrechen - und wie ihm die Romanhelden auf die Spur kommen. Dabei bleibt das Erzählmuster der Bestseller meistens gleich.

Trier. Der Kriminalroman ist der Kassenschlager in den Buchhandlungen. 14,5 Millionen Menschen greifen laut einer Umfrage des Focus Magazin Verlags für die Lektüre gerne zu Krimis oder Thrillern. Im Vergleich: 12,7 Millionen Menschen setzen auf unterhaltende Literatur, rund acht Millionen Leser bevorzugen zeitgenössische Romane.
Faszination des Bösen


Was macht den Reiz an spannenden Geschichten aus? "Uns Menschen fasziniert die dunkle Seite, aber auch, dass die Welt wieder ins Lot kommt", sagt Wolfgang Klooß, Professor für Anglistik an der Universität Trier. Der US-amerikanische Schriftsteller Edgar Allan Poe habe mit seiner Kurzgeschichte "Der Doppelmord in der Rue Morgue" aus dem Jahr 1841 den Weg für die Erfolgsgeschichte der Kriminalliteratur geebnet. "Eine wichtige Voraussetzung für die Kriminalliteratur war die Einführung des Indizienbeweises, der die Methode der Folter ablöste", erklärt Klooß. Während zu Beginn der Kriminalliteratur Detektive ermitteln und, wie Sherlock Holmes, immer dann ihre Arbeit aufnehmen, wenn die Polizei nicht mehr weiterweiß, kommen später auch andere Varianten hinzu.
So ist in den Erzählungen von G. K. Chesterton mit Pater Brown ein katholischer Priester auf der Suche nach dem Bösen, der sich in den Täter hineinversetzt und versucht, ihn zu einem Geständnis zu bewegen. Und auch bei Hercule Poirot und Miss Marple, die in Agatha Christies Geschichten ermitteln, sind keine klassischen Polizisten am Werk.
"Kriminalgeschichten sind immer auch Geflechte ihrer Zeit", sagt Klooß. Und egal ob Kriminalgeschichte aus dem 19. Jahrhundert oder der Gegenwart, das Muster bleibe immer gleich: Es liegt ein Verbrechen vor, das der oder die Ermittler aufdecken. "Oft wird der Fall auch von hinten aufgerollt", sagt Klooß. Die Tat selbst sei relativ uninteressant, vielmehr sei es das Motiv, das den Leser fesselt. "Die Autoren wählen keine komplizierten Erzählweisen und verzichten auf Schnickschnack", sagt Klooß.
Krimis als Kassenschlager


Diese "einfache" Erzählweise macht so manche spannende Erzählung zum Kassenschlager. Agatha Christies "Und dann gabs keines mehr" ("And Then There Were None") aus dem Jahr 1939 ist mit rund 100 Millionen verkaufter Exemplare bis heute der wohl meistgelesene Krimi. Aber auch zeitgenössische Werke finden auf dem Büchermarkt erfolgreich Abnehmer. Dan Browns Thriller "Sakrileg" ("The Da Vinci Code"), das der US-amerikanische Autor 2003 veröffentlichte, ging in 44 Sprachen 57 Millionen Mal über den Ladentisch. Allein 2010 machte die Rubrik "Spannung", zu der neben klassischen Krimi-Geschichten auch Thriller gehören, 27 Prozent vom Belletristikumsatz des deutschen Buchhandels aus.
volksfreund.de/krimispecial
Sherlock Holmes klärt in den Krimigeschichten von A. C. Doyle Verbrechen auf. Die Romane mit dem Detektiv, der in der Baker Street in London lebt, spielen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Holmes sieht sich als Ergänzung zur Polizei und benutzt neue forensische Arbeitsmethoden. Erzählt wird jede Geschichte aus der Perspektive seines Assistenten Dr. Watson, der teilweise auch bei dem cleveren Ermittler wohnt. Die beiden Ermittler Hercule Poirot und Miss Marple entstammen beide der Feder von Agatha Christie. Die ältere Dame ist als Hobby-Detektivin den Tätern auf der Spur. Ihre Fälle löst sie stets mit ihrer Lebenserfahrung und Menschenkenntnis. Der belgische Detektiv Hercule Poirot, der häufig für einen Franzosen gehalten wird, liebt seine Arbeit - aber auch sich selbst als Ermittler. Poirot geht bei seinen Ermittlungen sehr genau vor und achtet auf jedes Detail. Inspektor Thomas Lynley und Sergeant Barbara Havers kämpfen in den Büchern von Elizabeth George gegen das Verbrechen. Dabei werden die Fälle auch schon mal zur Nebensache, und das Privatleben der Ermittler rückt stärker in den Vordergrund. Während Lynley aus einem reichen Elternhaus stammt, ist Havers in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen und betreut ihre pflegebedürftigen Eltern. Die Autorin Elizabeth George lässt die beiden Ermittler gerne an typisch englischen Schauplätzen ermitteln, wie in einem Elite-Internat oder an der Universität Cambridge. Die Romanfigur Kurt Wallander jagt in den Romanen von Henning Mankell Verbrecher. Der Kriminalkommissar ermittelt im südschwedischen Ystad. Wallander ist ein Einzelkämpfer und wird in den Krimigeschichten nicht als Übermensch, sondern als Ermittler mit kleinen Makeln dargestellt. Er leidet unter Diabetes und bedauert das Erwachsenwerden seiner Tochter. Der Autor Mankell benutzt die Figur häufig als Sprachrohr und drückt damit Gesellschaftskritik aus. Schriftsteller Simon Beckett lässt in seinen Büchern Forensiker David Hunter nach der Lösung eines Verbrechens suchen. Unappetitliche Details sind bei seinen Ermittlungen programmiert, und auch seltene medizinische Phänomene greift der Autor auf. So wird im zweiten Teil der Reihe ("Kalte Asche") die spontane menschliche Selbstentzündung thematisiert. as

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