„Das ist alles Glaubenssache“ - Die wichtigsten Reliquien in der Region Trier

Trier · Ein Splitter vom Sarg, etwas Stoff oder Knochenfragmente: Reliquien sind in den Augen Gläubiger Zeugnisse für das Wirken von Heilig- und Seliggesprochenen. Der Heilige Rock lockt in diesem Jahr Abertausende Pilger nach Trier. Doch das Gewand ist nicht die einzige Reliquie in unserer Region.

Die Geschichte der Region um Trier ist eng mit der Geschichte der katholischen Kirche verknüpft. Neben dem Heiligen Rock, der im April und Mai in Trier ausgestellt wird und viele Pilger an die Mosel lockt, gibt es noch viele weitere Objekte, die an das Leben und Wirken von Heiligen und seliggesprochenen Menschen erinnern. Ob die Reliquien authentisch sind oder nicht, ist nicht immer klar. Fest steht, dass sie die Geschichten von Menschen erzählen, die für viele Katholiken ein Vorbild sind und Trost spenden. Der TV gibt einen Überblick über die wichtigsten Reliquien, die in unserer Region zu finden sind.
"Der Glaube ist wichtiger als die Authentizität", sagt Monika Rolef. Sie macht seit mehr als 20 Jahren Führungen durch die Prümer Basilika. Etwa 15 000 Menschen kommen jährlich hierher, um sich von Monika Rolef etwas über die Prümer Geschichte erzählen zu lassen, die eng mit der Geschichte der Abtei verwoben ist. Und sie kommen vorbei, um ein ganz bestimmtes Objekt zu sehen, die Sandalen Jesu. Sie zählen zu den bedeutensten Reliquien des Mittelalters. Sie spielen eine große Rolle bei der Gründung des Kirchenstaates 754. Pippin III. erhielt sie als Gegenleistung für seine Dienste für die Päpste. Er brachte die Sandalen nach Prüm. Die Abteikirche erhielt daraufhin den Namen Sankt Salvator (Heiliger Erlöser). Das Kloster in der Eifel wurde die bedeutendste Abtei und das Hauskloster der Karolinger. Im 12. Jahrhundert meldete das Bistum Trier die Entdeckung des Heiligen Rocks. Es dauerte noch mehrere Jahrhunderte, ehe der Rock den Sandalen den Rang ablief: 1524 fand die erste große Wallfahrt zum Heiligen Rock nach Trier statt, 1574 verlor die Abtei in Prüm ihre Selbstständigkeit. Das alles ist lange her. Ob heute unter den Besuchern, die die Sandalen Jesu in Prüm sehen möchten, auch Kritiker sind? "Natürlich", sagt Monika Rolef, erst vor kurzem habe sie eine Gruppe Protestanten durch das katholische Gotteshaus geführt. "Die erkundigen sich schon danach, ob Katholiken tatsächlich glauben, dass diese Reliquie tatsächlich einmal mit Jesus in Berührung gekommen ist", sagt Monika Rolef. Mit kritischen Nachfragen hat die Führerin kein Problem, spöttische Kommentare gebe es kaum. "Keiner kann sagen, wie alt diese Sandalen wirklich sind." Und ob sie echt seien, könne auch niemand mehr überprüfen. Doch wichtig sei, dass die Menschen daran glauben. "Das ist alles Glaubenssache." Die Pfarrkirche St. Paulin in Trier gehört nach Ansicht der Pfarreiengemeinschaft St. Martin - St. Paulin zu den schönsten Barockkirchen Deutschlands. Schon in der Vorgängerkirche, die Ende des vierten Jahrhunderts errichtet wurde und der Gottesmutter Maria geweiht war, ist der im Jahre 358 gestorbene Bischof Paulinus beigesetzt worden. Er ist bis heute der einzige Trierer Bischof, der weltweit als Heiliger verehrt wird - der Grund dafür liegt in theologischen Streitigkeiten. Der Grundstein für die heutige Kirche St. Paulin wurde 1734 vom Trierer Kurfürsten und Erzbischof Franz Georg von Schönborn gelegt. Doch erst nach der Säkularisation 1802 wurde das Stift aufgehoben und die Stiftskirche zur Pfarrkirche. Das Leben des Heiligen, dessen Gebeine in der Kirche aufbewahrt werden, ist in den Deckenfresken der Kirche zu sehen. Infolge des Streits um die Dreifaltigkeit zwischen Arius und Athanasius darüber, ob Jesus gleichen Wesens mit Gott sei oder nur gottähnlich, wurde Paulinus für seine Ansichten in die Türkei verbannt. Sie wurde wahrscheinlich am Bosporus geboren: Die Frau, die den römischen Kaiser Konstantin den Großen zur Welt brachte, den Kaiser, der Trier in der Antike zu seiner Blüte verhalf: Flavia Iulia Helena, Sankt Helena. Der berühmte Sohn war es auch, der die Frau aus einfachen Verhältnissen nach Trier, Augusta Treve-rorum, gebracht haben soll. Hier ließ Helena sich taufen, obwohl ihr Gatte Constantius Chlorus immer Heide blieb. Helenas Sohn jedoch kämpfte im Namen des Christengottes. Helena wird in der katholischen Kirche als Heilige verehrt, unter anderem als Schutzpatronin der Nagelschmiede. Denn Helena soll der Legende nach die Reste des Kreuzes Jesu Christi und sein Heiliges Grab gefunden haben, unter anderem auch die Kreuznägel. Ihr Haupt ist als Reliquie im Trierer Dom aufbewahrt. Dass jedes Jahr zu Pfingsten etwa 5000 Gläubige nach Trier pilgern, um dort den Apostel Matthias anzubeten, ist mehr oder weniger ein Zufall: Als die Kirche im Trierer Süden in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts neu erbaut wurde, verbreitete sich die Nachricht, dass sich die Gebeine des Apostels Matthias in der Stadt an der Mosel befinden. Matthias wurde durch das Los zum zwölften Apostel, um Judas Ischariot nach dessen Verrat und Selbstmord zu ersetzen. Auch wenn unklar ist, wie Matthias starb: Die heilige Helena soll der Le- gende nach seine sterblichen Überreste nach Trier gebracht haben. Sofort nach dem Bekanntwerden der Nachricht im 12. Jahrhundert setzte ein Pilgerstrom ein, die Menschen kamen von der Nordsee und von den Alpen nach Trier. Auch heute noch sind die Matthiasbruderschaften aktiv. Die Mönchskirche und Grabkirche der beiden ersten Trierer Bischöfe St. Eucharius und St. Valerius wurde durch den Apostel nun auch eine Wallfahrtskirche. 2007, als der Kircheninnenraum renoviert wurde, sind die Gebeine des Apostels umgebettet und in der Krypta in einem Steinsarkophag beigesetzt worden. Dieser ist täglich von 7 bis 19 Uhr zu besichtigen. Eigentlich hieß sie Maria Magdalena, die Frau, die aus einer gläubigen Landwirtsfamilie stammte und um 1900 eine Ausbildung zur Volksschullehrerin absolvierte. Doch heute wird sie von vielen Katholiken als Blandine Merten verehrt. 1908 traf die junge Frau mit der Generaloberin des Ursulinenordens vom Kalvarienberg in Ahrweiler zusammen und trat dem Orden bei. Ihr Ordensname war Blandina. In Saarbrücken und Trier kümmerte sie sich als Lehrerin und Betreuerin um Kinder, bis sie 1916 an Tuberkulose erkrankte. 1918 starb sie im Alter von 34 Jahren. Nach dem Tod der als besonders gütig und fromm bekannten Nonne wurden Abertausende Gebetserhörungen bekannt. 1986 wurde als Wunder anerkannt, dass durch Blandine eine Missionsschwester namens Irimberta Puntigam von ihrer Krebserkrankung geheilt wurde. Blandine wurde seliggesprochen. 1990 wurden Schwester Blandine Mertens' Gebeinde in die neu errichtete Blandinenkapelle auf dem Friedhof St. Paulin in Trier überführt. Nach Blandine Merten sind eine Realschule in Trier, eine Grundschule in Morscheid und eine Straße auf dem Trierer Petrisberg benannt.
Peter Friedhofen, der von 1819 bis 1860 lebte, war der Gründer der Barmherzigen Brüder von Maria-Hilf, heute Träger zahlreicher Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, beispielsweise das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier. Friedhofen verlor seinen Vater im Alter von eineinhalb Jahren, mit neun war er Vollwaise. Als junger Mann wurde Friedhofen zunächst Kaminfeger, litt aber an einer Lungenkrankheit, die auch für seinen frühen Tod verantwortlich war. Er interessierte sich schon früh für die Themen Seelsorge und Pflege von Kranken. Darum gab er seinen erlernten Beruf auf und wendete sich der Kirche zu. Er wollte einen eigenen Orden gründen. Die Arbeit als Krankenpfleger lernte er als Novize bei den Alexianern in Aachen und vertiefte sie im Koblenzer Bürgerhospital. Nach und nach erlangte die junge Gemeinschaft der barmherzigen Brüder Ansehen. Als Friedhofen 1960 seiner Lungenkrankheit erlag, zählte seine Gemeinschaft schon 44 Brüder. Seine Gebeine wurden 1928 von Koblenz nach Trier gebracht, wo sie in der Kapelle des Krankenhauses beigesetzt wurden. Peter Friedhofen wurde 1985 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Das Kloster Marienhaus in der Nähe des Waldbreitbacher Ortsteils Glockscheid ist das Mutterhaus der Waldbreitbacher Franziskanerinnen. Gründerin dieses Ordens war Maria Rosa Flesch, die von 1826 bis 1906 lebte. Sie war das Kind einer armen Müllersfamilie. Um nach dem frühen Tod des Vaters das Überleben der Familie zu sichern, sammelte Maria Rosa im Alter von 16 Jahren Kräuter, um daraus Tee herzustellen und zu verkaufen. Sie war Autodidaktin im Bereich der Krankenpflege. Diese Tätigkeit sicherte neben Handarbeit und Unterricht ihr Überleben, bevor sie 1863 das Gelübde ablegen durfte und ihre eigene kleine Gemeinschaft leitete. Daraus ist bis heute ein Orden mit mehr als 50 sozialen Einrichtungen und mit mehr als 11 000 Beschäftigten geworden. Papst Benedikt XVI. bestätigte 2007, dass auf Anrufung von Mutter Rosa hin ein Heilungswunder erfolgte, sie wurde seliggesprochen."Der Leichnam wurde dann noch einmal untersucht und daraufhin auch Reliquien entnommen", erklärt Schwester Engeltraud von den Waldbreitbacher Franziskanerinnen. Es sind sogar Reliquien zum Mit- nach-Hause-Nehmen: Kleine Splitter vom Sarg haben die Schwestern in Heiligenbildchen eingearbeitet, die man in Waldbreitbach bekommen kann. "Ein Mensch braucht eben etwas zum Greifen", erklärt Schwester Engeltraud.

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