Verbrechen Das Mordmotiv bleibt für immer im Dunkeln

Trier · Ein strafrechtlich nie in Erscheinung getretener Mann bringt in einer gutbürgerlichen Wohngegend seine Nachbarin um, zerstückelt in seinem Bad die Leiche und wirft sie teils in den Müll, teils in die Mosel. Ein Fall wie im Gruselfilm, passiert vor sieben Jahren in Trier - und auch heute sind immer noch viele Fragen offen.

 Das Moselufer bei Grevenmacher: In dieser Gegend ist die zerstückelte Leiche gefunden worden. Foto: TV-Archiv

Das Moselufer bei Grevenmacher: In dieser Gegend ist die zerstückelte Leiche gefunden worden. Foto: TV-Archiv

Trier. Es war ein neugieriger Spaziergänger im luxemburgischen Grevenmacher, der im Februar 2004 eines der spektakulärsten Verbrechen in der Region ans Tageslicht brachte. Am Moselufer fand er einen großen blauen Plastiksack, und als er ihn untersuchte, prallte er entsetzt zurück: Die Hülle enthielt einen weiblichen Torso. Die Tötung lag zu diesem Zeitpunkt keine 48 Stunden zurück.
Weil im Großherzogtum niemand vermisst wurde, kam schnell die Trierer Polizei ins Spiel. Aber es dauerte noch mehrere Tage, bis die Vermisstenanzeige für eine 31-jährige Ingenieurin aus dem Stadtteil Mariahof einging. Die Frau hatte allein gelebt, so dass ihr Verschwinden nicht sofort aufgefallen war. Eine Freundin hatte sich schließlich über einen ausbleibenden Geburtstagsbesuch gewundert und die im Kreis Trier-Saarburg wohnenden Eltern alarmiert.
Nun brachte eine Gen-Analyse schnell traurige Gewissheit: Die Tote war tatsächlich die vermisste Martina K. Bei Zeugenvernehmungen in dem kleinen Mehrfamilienhaus, das K. bewohnte, fiel der Polizei schnell ein Nachbar auf. Der 38-jährige Malergeselle verhielt sich merkwürdig, konnte das Foto des Opfers nicht ansehen. Als die Polizei seine Wohnung in Augenschein nahm, entdeckten die Beamten einen blutigen Pullover, Leichenspürhunde schlugen an.
Schmächtiger Mann



Es dauerte nicht lange, bis der Mann zugab, seine Nachbarin ermordet und zerstückelt zu haben. Gliedmaßen und Kopf habe er im Müll entsorgt, den Torso in die Mosel geworfen, bei einer Tankfahrt nach Luxemburg. 18 Tage lange durchsuchten 80 Polizisten und Helfer die Mülldeponie Mertesdorf - ohne Erfolg.
Der Prozess begann Anfang September 2004 im alten Schwurgerichtssaal, vor einem für Trierer Verhältnisse riesigen Medien-Aufgebot. Der Angeklagte Detlef L.: ein schmächtiger, kleiner Mann mit Glatze, weit älter aussehend als die inzwischen 39 Jahre, die sein Pass auswies. Oft etwas konfus in seinen Aussagen. Zuvor nie größer mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.
Einer, von dem seine Arbeitskollegen im Zeugenstand sagen: Der konnte keiner Fliege was zuleide tun. Aber auch von exzessivem Bierkonsum war die Rede, und von einem schwierigen Umgang mit Frauen.
L. lebte allein in der kleinen Erdgeschoss-Wohnung in Mariahof, sein Opfer eine Etage höher. Man traf sich gelegentlich auf der Treppe, tauschte Höflichkeitsfloskeln aus. Er hätte wohl gerne mehr gewollt, traute sich aber nicht, es auszusprechen. Irgendwann wollte man zusammen eine Pizza essen gehen, aber sie sagte den Termin ab. Kurz danach, so ergaben es die Ermittlungen, erwürgte er sie mit einem Handtuch im gemeinsamen Wäschekeller, trug sie in sein winziges Bad und machte sich an sein blutiges Werk.
Grauenhafte Tat verdrängt


Zwei Monate lang versuchte die Große Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Irmtrud Finkelgruen, Licht in das Dunkel um die Motive des Täters und die Vorgeschichte der Tat zu bringen. Aber Detlef L., der weitgehend geständig war, verweigerte beharrlich jede Auskunft über seine Beweggründe.
Oder er hatte die grauenhafte Tat so verdrängt, dass er sich wirklich, wie er beteuerte, nicht erklären konnte, wie es dazu gekommen war. Das Gericht ging trotz aller Unwägbarkeiten von einem heimtückischen Mord aus, nicht von einem ungeplanten Totschlag. Das Opfer sei von dem Angriff völlig überrascht worden. Gegen L. wurde vor allem ins Feld geführt, wie kaltblütig und umsichtig er die Leiche beseitigt und die meisten Spuren vernichtet habe. Deshalb sei auch von einer vollen Schuldfähigkeit auszugehen.
Am Ende kam es noch dicker für Detlef L.: Wegen seines erniedrigenden Umgangs mit der Leiche - ein Gerichtsmediziner hatte auch noch Indizien für sexuelle Manipulationen gefunden - wurde auf eine besondere Schwere der Schuld erkannt. Eine Begnadigung ist damit für mindestens 20 Jahre ausgeschlossen.

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