Der Countdown läuft für ein grünes Zeitalter

Von null auf hundert: Obwohl weder Eveline Lemke noch Daniel Köbler parlamentarische Erfahrung haben, wollen die beiden Spitzenkandidaten der rheinland-pfälzischen Grünen ihre Partei wieder in den Landtag führen. Und dort am besten gleich auf die Regierungsbank.

Tick. Tack. Tick. Tack. In der Landesgeschäftsstelle der Grünen in Mainz hängt eine Countdown-Uhr. Sie zählt die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden bis zum 27. März. An diesem Abend wollen die Grünen feiern. Das Ende ihrer fünfjährigen außerparlamentarischen Opposition. Die Rückkehr ins landespolitische Rampenlicht. Möglichst sogar die erste Regierungsbeteiligung in Rheinland-Pfalz.

Ungeduldig sehnt die ganze Partei den Aufbruch herbei, zuvorderst die beiden Spitzenkräfte Eveline Lemke und Daniel Köbler. Sie stehen für die jahrzehntelange Forderung nach Gleichbehandlung der Geschlechter. "Doppelt spitze", wie es auf einem Wahlplakat selbstbewusst heißt. Konsequent haben sie trotz bescheidener finanzieller Mittel das Jammertal aufgearbeitet, in das die Grünen nach ihrem überraschenden Abflug aus dem Landtag vor fünf Jahren geraten sind. Nun will das Duo die Früchte seiner Arbeit ernten und eine Punktlandung hinlegen.

Beobachter wundern sich nicht, dass es Eveline Lemke als ehemaliger hessischer Vizemeisterin in Fit-Step-Aerobic gelungen ist, den Grünen eine Fitnesskur zu verpassen. Die 46-jährige Unternehmensberaterin, in zweiter Ehe verheiratet und Mutter von vier Kindern, gilt als eloquente, sachkundige und schlagfertige Gesprächspartnerin.

Obwohl Lemke erst seit 1995 bei den Grünen aktiv ist, hat sie schon früh politischen Duft geschnuppert: Ihr Vater Dietrich Lemke, ein Sozialdemokrat, war einst Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW in Hamburg. Und ihr Onkel Willi Lemke, lange Jahre Manager des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, war SPD-Senator für Bildung und Wissenschaft in Bremen. Warum sie dennoch bei den Grünen und nicht bei der SPD gelandet ist, erklärt Eveline Lemke so: "Ich wurde kritisch erzogen und bin beruflich als Kauffrau in der Recyclingbranche mit einem Ökoprojekt groß geworden."

Ihren Beruf hat sie vor drei Jahren der Politik geopfert. Sie ist davon überzeugt, das Richtige getan zu haben, obwohl sie im Wahlkampf auf dem Wochenmarkt in Kastellaun und anderswo häufig Geschimpfe über Politiker hört. Entwaffnend fröhlich entgegnet sie dann: "Ich bin nichts anderes als eine empörte Bürgerin, die versucht, Frust in konstruktive Kraft umzusetzen."

Sind es die positiven, durchgängig zweistelligen Umfragewerte für die Grünen, die auch Daniel Köbler zu einer so bemerkenswerten Lockerheit verhelfen? Der 29-jährige Politikwissenschaftler, zweiter Spitzenkandidat, könnte gemäß der Meinungsforscher ebenso wie Lemke sogar zu Ministerehren kommen. <EA>Darüber denkt der verheiratete Vater zweier Töchter und bekennende "Tatort"-Fan, der 2001 seine politische Karriere startete und seit 2004 im Mainzer Stadtrat aktiv ist, öffentlich lieber nicht nach. Stattdessen freut er sich, dass "wir nicht nur eine Ökopartei sind, sondern eine breite Bewegung für alle Bevölkerungsschichten".

Mit den Perspektiven beschäftigt sich das grüne Führungsduo durchaus. "Die Grundsatzfrage, ob wir mitregieren können, ist längst entschieden: Ja, das wollen wir", sagt Köbler.

Tick. Tack. Tick. Tack. Die Uhr läuft. Am 27. März soll ein neues politisches Zeitalter beginnen. Ein grünes Zeitalter. Frank Giarra

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