Der erste Grüne

Er hat das Amt nie gezielt angestrebt. Nun aber dürfte Winfried Kretschmann der erste grüne Ministerpräsident in Deutschland werden. Denn nach den Hochrechnungen liegen Grüne und SPD bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg vor Schwarz-Gelb.

Stuttgart. "Wir werden den versprochenen Weg in die Bürgergesellschaft gehen", sagt Kretschmann noch am Wahlabend. Im Wahlkampf hatte der 62-Jährige mit seiner bescheidenen Art gerne den früheren Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) zitiert: "Das Amt muss zum Manne kommen und nicht der Mann zum Amt." Jenseits politischer Gegensätze fühlen sich die beiden Politiker auch sonst verbunden. Wie Teufel beschäftigt sich auch Kretschmann gerne mit Philosophie und Geschichte. Die beiden Katholiken waren sogar schon gemeinsam auf einer Kreuzfahrt zu historischen Stätten unterwegs. Mit seiner wertkonservativen Grundhaltung entspricht der Lehrer für Ethik, Biologie und Chemie so gar nicht dem typischen Bild eines Grünen. Meist tritt er im dunklen Anzug auf, trägt eine randlose Brille und einen markanten grauen Bürstenhaarschnitt. Gerade mit seinem bedächtigen, ernsthaften Wesen hat der langjährige Oppositionspolitiker auch in konservativen ländlichen Regionen Vertrauen gewonnen.

In seiner studentischen Sturm- und Drangzeit hatte sich Kretschmann auch mal in maoistische Gruppen verirrt, sie aber wegen ihrer autoritären Grundhaltung bald wieder verlassen. "Vom Linksextremismus bin ich geheilt", sagte er kürzlich mit Blick auf die Linkspartei.

Seit 36 Jahren ist Kretschmann mit einer Grundschullehrerin verheiratet. Die beiden haben drei erwachsene Kinder - zwei Söhne und eine Tochter. dpa

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