Die Bürger haben gewählt – und dann? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Superwahlsonntag

Trier · Der Wahlmarathon hat begonnen: Bis Sonntag können rund 400 Millionen Wahlberechtigte in 28 Ländern die neue EU-Volksvertretung wählen. Und nicht nur das. In mehreren Bundesländern sind Kommunalwahlen. Allein in Rheinland-Pfalz sind 35.700 Sitze in kommunalen Gremien zu besetzen. Der Trierische Volksfreund beantwortet die wichtigsten Fragen zum Superwahlsonntag und den Tagen danach.

 Die Flaggen der Mitgliedsländer der Europäischen Union vor dem Europaparlament in Straßburg. Foto: dpa

Die Flaggen der Mitgliedsländer der Europäischen Union vor dem Europaparlament in Straßburg. Foto: dpa

Wann gibt es Ergebnisse?
In Deutschland gibt es am Sonntag nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr Hochrechnungen zum Ausgang der Europawahl. Eine erste europaweite Prognose veröffentlicht das Europaparlament um 22 Uhr. Das Endergebnis steht aber erst Tage später fest. Erste Ergebnisse der Kommunalwahlen gibt es ebenfalls nach 18 Uhr; teilweise werden die Endergebnisse allerdings erst im Laufe des Montags vorliegen.

Warum dauert es so lange, bis die Kommunalwahlen ausgezählt sind?
Weil so viele Gremien und Bürgermeister gewählt werden, dazu die Wähler auch noch kumulieren (bis zu drei Stimmen für eine Person) und panaschieren (Stimmen auf Personen unterschiedlicher Parteien verteilen) können, was die Auszählung erschwert.

Was ist, wenn in einem Wahllokal am Sonntagabend nicht zu Ende ausgezählt wird?
Dann wird die Auszählung unterbrochen und am nächsten Morgen wieder aufgenommen.

Stimmt es, dass viele Wahlberechtigte bereits Briefwahl gemacht haben?
Ja. Von den 3,2 Millionen rheinland-pfälzischen Wahlberechtigten bereits jeder Vierte. Das ist eine deutlich höhere Quote als vor fünf Jahren. In Trier liegt der Briefwahlanteil aktuell bei 16,1 Prozent (2009: 10,7 Prozent), im Kreis Bernkastel-Wittlich bei 21,6 Prozent (11,1), im Eifelkreis bei 23,8 Prozent (15,7), im Kreis Trier-Saarburg bei 25,1 Prozent (11) und im Vulkaneifelkreis bei 21,4 Prozent (14,5).

Wann tritt das neue EU-Parlament erstmals zusammen?
Die erste Sitzung ist für den 1. bis 3. Juli angesetzt. Bei dem Treffen in Straßburg sollen die Abgeordneten den neuen Präsidenten der Volksvertretung wählen. Parteien, die bisher nicht im Europaparlament sind, aber künftig Abgeordnete stellen, müssen sich entscheiden, ob sie sich einer der bestehenden Fraktionen anschließen, eine neue gründen oder fraktionslos bleiben. Das würde etwa für Parteien wie die AfD gelten. Dadurch können sich die Mehrheitsverhältnisse in der Volksvertretung noch mal verändern, was für die Wahl des Kommissionspräsidenten wichtig ist. Er muss mit absoluter Mehrheit (376 von 751 Stimmen) bestimmt werden.

Steht der neue Kommissionspräsident vor der Sommerpause fest?
Das ist nicht sicher. Nach jetzigem Plan sollen die Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen Ende Juni einen Kandidaten vorschlagen, der dann während der Sitzungswoche vom 14. bis 17. Juli vom Parlament gewählt werden könnte. Kommt es jedoch zu einem Machtkampf der Institutionen um den Top-Job, kann sich die Wahl auch bis in den Herbst ziehen.

Wird einer der Spitzenkandidaten Kommissionspräsident?
Die Kandidaten fordern dies vehement, warnen ansonsten vor "Volksverdummung" und einer "institutionellen Krise". Doch es kann Überraschungen geben. Denn laut Vertrag haben die Staats- und Regierungschefs das Vorschlagsrecht für den Kandidaten - müssen zuvor das EU-Parlament konsultieren und das Wahlergebnis berücksichtigen. Das heißt: Sie tun sich keinen Gefallen damit, wenn sie einen Kandidaten nominieren, der bei den Volksvertretern durchfällt und nicht die absolute Mehrheit bekommt. Und die drei größten Fraktionen - Christdemokraten, Sozialisten und Liberale - haben sich verpflichtet, nur einen der Kandidaten zu akzeptieren, die auch zur Wahl standen.

Hat sich das Modell der Spitzenkandidaten bewährt?
Gut ist, dass es erstmals Fernsehduelle europäischer Politiker über EU-Themen gab - und die Spitzenkandidaten sich bemüht haben, möglichst viele Länder auf ihren Wahlkampftouren zu bereisen. Ob das zu einer höheren Wahlbeteiligung führt, muss sich noch erweisen. Das Problem: der Sozialdemokrat Martin Schulz und der Christsoziale Jean-Claude Juncker sind sich programmatisch zu nahe, um wirkliche Kontroversen aufkommen zu lassen. "Die beiden haben ein Duett statt ein Duell veranstaltet", meint FDP-Spitzenmann Alexander Graf Lambsdorff. Das schade der europäischen Demokratie, weil die Leute keine Konsens-Soße, sondern die Wahl zwischen unterschiedlichen Konzepten wollten.

Was ist mit dem deutschen Kommissar?
Für die Zusammensetzung des Kommissarkollegiums - also der Brüsseler "Minister-Mannschaft" - ist das Ergebnis der Europawahl unwichtig: Jede nationale Regierung bestimmt nach internen Macht- und Partei-Erwägungen, wen sie als Kommissar nach Brüssel schickt. Sollte SPD-Mann Martin Schulz Kommissionspräsident werden, steht Deutschland kein weiterer Platz in der EU-Exekutive zu. Fällt der Chefsessel an Jean-Claude Juncker oder einen anderen Kandidaten nicht-deutscher Nationalität, muss Kanzlerin Angela Merkel entscheiden, ob sie einen CDU-Politiker in die Brüsseler Exekutive schickt - oder ob sie Martin Schulz in großkoalitionärer Güte unterstützt.
Wahlberichterstattung

Der Volksfreund informiert seine Leser bereits am Montag umfassend über den Ausgang der Kommunalwahlen und der Europawahl. Dazu sind bis zum frühen Montagmorgen Redakteure, Fotografen, Grafiker und Programmierer im Einsatz. Der TV bietet deshalb in den meisten Ausgaben der Zeitung bereits am Montag vorläufige amtliche Ergebnisse zu den Direktwahlen der VG-Bürgermeister und der hauptamtlichen Ortschefs, vorläufige Ergebnisse für die Kreistage, den Trierer Stadtrat sowie die Europawahl. In jeder Ausgabe erhalten die Leser fundierte Analysen und Kommentare der Redaktion.

Wahlspecial auf volksfreund.de: Außerdem finden die Leser auf www.volksfreund.de und www.volksfreund.de/wahlen einen Live-Ticker und Hintergründe zu den Wahlen sowie ab 18 Uhr fortlaufend aktualisierte Prognosen, Hochrechnungen und Wahlergebnisse.

Da in Europa am Sonntag bis 23 Uhr gewählt wird und die Wahlhelfer noch am Montag Stimmen der Kommunalwahlen auszählen, werden in einigen Ausgaben wie in der Eifel nicht alle nachts feststehenden Wahlresultate in der Montagausgabe veröffentlicht. Denn schließlich muss der Volksfreund auch noch gedruckt und dann bis zum Morgen den TV-Lesern zugestellt werden. In der Dienstagausabgabe finden die TV-Leser dann voraussichtlich die vorläufigen Endergebnisse. oht

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