Die Geister, die er ruft...

Trotz des vorläufigen Ausstiegs von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (Bericht unten) wird das "Regierungsteam" von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier mit auffällig vielen Frauen besetzt sein. Scheinbar schon sicher dabei sind Manuela Schwesig, Andrea Nahles sowie Ulrike Merten.

Berlin. Hat Frank-Walter Steinmeier noch ein Ass im Ärmel? Heute stellt der SPD-Kanzlerkandidat in Potsdam sein Kompetenzteam vor. Und neben all den bekannten SPD-Gesichtern könnte es sein, dass er noch eine personelle Überraschung aus dem Hut zaubern wird. Doch der Außenminister sollte gewarnt sein: Gerade Seiteneinsteiger haben sich in der Vergangenheit oftmals als Flop erwiesen. Alt-Kanzler Gerhard Schröder und seine Nachfolgerin Angela Merkel können davon ein Lied singen.

Bislang gilt die 35-jährige mecklenburg-vorpommerische Sozialministerin Manuela Schwesig als einzige Überraschung im Kompetenzteam. Sie soll Gegenspielerin von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) werden. SPD-Vize Andrea Nahles wäre für Bildungspolitik zuständig. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Ulrike Merten, übernimmt den Bereich Verteidigungspolitik. Mit Ausnahme von Ulla Schmidt, die bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe wegen ihres "Dienstwagen-Urlaubs" auf eine Nominierung für das Team verzichtete, sind außerdem alle amtierenden SPD-Bundesminister dabei.

Inzwischen kursieren auch andere Namen als die von Berufspolitikern: wie der von Christina Rau, Gattin des verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau. Sie wird für Bildung gehandelt. Doch bestätigt ist nichts. Aus Parteikreisen heißt es dazu lapidar: "Das ist Quatsch."

Wenn Steinmeier heute tatsächlich noch einen Quereinsteiger vorstellen wird, um die SPD neu zu motivieren, hat er hoffentlich vorher mit seinem Mentor Gerhard Schröder Kontakt aufgenommen - der Altkanzler weiß, wie heikel solche Personalien sein können.

Es ist elf Jahre her, da berief Schröder den smarten Multimedia-Manager Jost Stollmann in sein Schattenkabinett, CDU-Mitglied bis 1986 und von Helmut Kohls Lebenswerk recht angetan. Nach Kompetenzrangeleien mit dem damaligen Parteichef Oskar Lafontaine sagte der unkonventionelle Stollmann wieder ab. Vier Jahre zuvor hatte SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping ähnlichen Ärger. In dessen Regierungsberaterteam stand beispielsweise die junge und dynamische Britta Steilmann, die zwar im Textilkonzern ihres Vaters einen Mode-Part spielte, die aber zugleich an Scharpings Seite unverhohlen bekannte, sie werde nicht SPD wählen. Und Scharping überraschte auch noch mit der Leichtathletin Heidi Schüller als Anwärterin auf das Gesundheitsministerium - ebenfalls ein Flop.

Seiteneinsteiger nehmen eben selten ein Blatt vor den Mund und plaudern gerne munter darauf los; das mag man gut und erfrischend finden, doch in der Mediendemokratie kann das fatal sein. Wenn auch mit hohem Sachverstand begabt, haben sie zumeist den Marathon durch die Gremien nicht durchlaufen, und Parteien ticken anders als Unternehmen, wenn man eigene Vorstellungen durchsetzen will. Das ignorieren viele.

Merkels Ass wurde zur Niete



Angela Merkel hat das ebenfalls erfahren müssen: Ihr Wahlkampf-Ass 2005 für den Job des Finanzministers wurde schnell zur Niete. Gemeint ist der Steuerexperte Paul Kirchhof, den Gerhard Schröder erfolgreich als "Professor aus Heidelberg" verunglimpfte. Der frühere Bundesverfassungsrichter und dessen steuerpolitische Vorstellungen erwiesen sich im Wahlkampf als schwere Belastung. Bis heute wird Merkel diese Personalie in ihrer Partei nachgetragen.

Es gibt auch Ausnahmen: 1998 wurde der parteilose Manager Werner Müller von Schröder als Wirtschaftsminister berufen. Er hielt sich vier Jahre im Amt. Gerne betonte Müller übrigens, dass es auch ein Leben außerhalb der Politik gebe. Die meisten Seitenseinsteiger wissen das noch - viele Berufspolitiker allerdings nicht mehr.

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