Die Parteichefin muss auch die Europawahl wuppen

Berlin · Bei der Europawahl setzt die CDU auf David McAllister. Nach seiner Wahlniederlage in Niedersachsen ist der 43-Jährige zurück auf der großen Bühne. Zugpferd der Christdemokraten ist allerdings Parteichefin Angela Merkel.

 Das ist Angela Merkel, eine wichtige Frau, denn sie ist Bundeskanzlerin. Foto: dpa

Das ist Angela Merkel, eine wichtige Frau, denn sie ist Bundeskanzlerin. Foto: dpa

Berlin. Am Ende gesteht David McAllister: "Die große Bühne" des Parteitages wieder betreten zu können, "war für mich ein besonderer Moment". Letztes Jahr wurde McAllister als niedersächsischer Ministerpräsident abgewählt, danach war Trauerarbeit angesagt. Jetzt ist er als Spitzenkandidat der CDU für die Europawahl zurück im Ring.
Ein ähnliches Gefühl dürfte Peter Tauber gehabt haben, als er erfährt, dass er mit 97 Prozent zum Generalsekretär gewählt worden ist. Der kecke Hesse strahlt über beide Ohren. Aber für den Rest der rund 800 CDU-Delegierten halten sich die besonderen Momente in Grenzen. Zum Glück gibt es noch die große Koalition.
In der tristen Berliner Messehalle fertigt die Union Europa im Schweinsgalopp ab. Nur fünf Stunden benötigt sie. "Schade, ich konnte gar nicht in die Presselounge kommen", grinst ein Minister. "War ja alles so kurz." Das stimmt. "Kurz, aber sehr erfolgreich", resümiert Parteichefin Angela Merkel.
Das Programm für den europäischen Urnengang am 25. Mai wird von den Delegierten ohne großes Murren und fast beiläufig verabschiedet. Noch nicht einmal das Thema EU-Beitritt der Türkei sorgt für Aufregung. Einzig das Ja des Parteitages zur Abschaffung der Zeitumstellung in Europa nimmt man erstaunt zur Kenntnis - weil man von sich selbst verblüfft ist.
Konsequenterweise plätschert auch Merkels Rede dahin. Sie nutzt die Gelegenheit, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erneut wegen der Krim-Krise mit Wirtschaftssanktionen zu drohen. Sie lobt die Reformanstrengungen der Griechen. Was bei den Delegierten aber immer ankommt, ist nicht nur der Verweis auf die pro-europäische Tradition der Partei. Sondern auch darauf, dass Europa nicht alles regeln muss - Merkel lästert über Vorgaben für "Ölkännchen" oder für die "Wasserdurchlässigkeit von Duschköpfen". Den Schuss Populismus gegen Brüssel erwarten die CDU-Delegierten von ihrer Vorsitzenden. Mittlerweile ist Merkel in der Union halt für alles zuständig. Also muss sie auch die Europawahl wuppen - der Wahlkampf wird voll auf die Kanzlerin zugeschnitten, obwohl sie nicht zur Wahl steht.Meinung

Auf Sparflamme
Wahltaktisch ist es richtig, was die Union macht: Die Partei wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie beim anstehenden Europawahlkampf nicht auf Angela Merkel setzen würde. Das ist auch der große Vorteil der CDU gegenüber der SPD: Bei den Genossen sucht man vergeblich nach jemandem, der für die so wichtige Symbiose deutscher Innen- mit der Europapolitik stehen könnte. Gabriel, Nahles? Wohl kaum. Steinmeier? Auch nicht. Das ist aber nur die eine Sicht auf die Dinge. Die andere ist: Europapolitisch fährt die Union auf Sparflamme; sie hat es sich bequem gemacht. Der lustlose Parteitag in Berlin hat gezeigt, dass sich die Christdemokraten am liebsten auf ihren Verdiensten um die europäische Einigung ausruhen. Und wenn gar nichts mehr geht, holt irgendjemand in seiner Rede noch schnell Helmut Kohl hervor. Allerdings ist der Mauerfall, so schön und so historisch er war, jetzt 25 Jahre her. Europa hat eindeutig neue Herausforderungen, neue Aufgaben zu bewältigen. Die Ukraine-Krise ist ein Beleg dafür. Es wäre also genau jetzt die Zeit für große, europäische Debatten. Wer bei den Bürgern Leidenschaft entfachen will, muss selber leidenschaftlich sein. Vermutlich ist das als Konzept den Strategen im Konrad-Adenauer-Haus zu anstrengend. Der Wähler darf dennoch mehr erwarten. Viel mehr, als der Parteitag zu bieten hatte. nachrichten.red@volksfreund.de

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