Die Verbandsgemeinde Kell am See auf der Suche nach Mehrheiten

Kell am See · Zwei Sitze mehr für die Freien Wähler, jeweils ein Sitz weniger für SPD und Junge Liste. Auch die CDU verliert Stimmen. Die Wähler haben dem Verbandsgemeinderat Kell am See neue Mehrheitsverhältnisse verordnet.

 Das Saarland soll die große Koalition bestätigt haben. Foto: Oliver Dietze

Das Saarland soll die große Koalition bestätigt haben. Foto: Oliver Dietze

Die FWG ist Gewinner der Kommunalwahl in der Verbandsgemeinde Kell am See: 8,3 Prozentpunkte mehr Stimmen als vor fünf Jahren (siehe Grafik), sechs statt bislang vier Sitze im VG-Rat. Für Fraktionschef Michael Lauer und seine Mitstreiter war gestern ein Festtag. "Der Grund für unser gutes Abschneiden liegt sicher in der Auswahl unserer Kandidaten und an unserem sachorientierten Auftreten", glaubt der FWG-Mann. "Es ist vermutlich auch ein wenig Politikverdrossenheit, die im Wahlverhalten mitschwingt. Wir müssen nicht nach Berlin oder Mainz blicken." Es gehe darum, die Verbandsgemeinde zu erhalten und einen Flächennutzungsplan mit Blick auf die Windkraft hinzubekommen. "Dazu werden wir uns mit den anderen im Rat an einen Tisch setzen, egal ob CDU oder SPD."

CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus Marx wird von dieser offenen Aussage überrascht, sieht er doch gute Chancen dafür, "dass wir uns mit der FWG einigen. Wir liegen inhaltlich auf gleicher Linie". Besonders in Sachen Windkraft und dem Willen, die Ortslagen zu stärken, gebe es mit den Freien Wählern keinen Konflikt.

Während die CDU lediglich in Mandern ihr Ergebnis im Vergleich zu 2009 deutlich verbessert hat, schaffte die FWG das in nahezu allen 13 Ortsgemeinden. Herausragend Schömerich - hier ist Michael Lauer Ortsbürgermeister - mit 59,5 Prozent sowie Hentern (57,7). Die SPD legte in Greimerath zu (30,1), verlor aber ansonsten in nahezu allen Gemeinden.

Fraktionsvorsitzender Manfred Rauber bedauert vor allem, dass es seine Partei nicht geschafft hatte, in Kell eine eigene Liste zustande zu bringen. Weniger relevant sei es gewesen, keinen eigenen Bürgermeisterkandidaten zu haben. "Wir haben unser Ziel knapp verpasst", so Rauber, "aber die Welt geht davon nicht unter. Viel wichtiger ist es, dass die CDU gemeinsam mit dem Bürgermeister keine absolute Mehrheit mehr hat."

Er sehe deshalb das Wahlergebnis mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Es war der Bürgerwille. Nun kommt es auf eine gute Zusammenarbeit im Rat in den kommenden Jahren an."

Dieser will sich auch Jens Anell nicht verschließen, der dort ab sofort alleine die Junge Liste vertritt. "Es ist sehr bedauerlich, eines unserer Mandate zu verlieren. Wir müssen noch mehr als bisher sachorientiert argumentieren und den Konsens suchen."

Ähnlich lautete gestern auch die erste Reaktion von Bürgermeister Werner Angsten, der am 1. September sein Amt an Martin Alten weitergeben wird: "Wir werden die Ergebnisse nun in aller Ruhe analysieren und Gespräche führen."

Auf der Suche nach neuen Mehrheiten wird auch die anstehende Beigeordnetenwahl ein wichtiges Thema sein.

Nicht zu den Verlierern der Wahl gehören die Bürger der VG Kell am See. Denn während im Kreis Trier-Saarburg lediglich 60,1 Prozent der Stimmberechtigten ihr Votum abgaben, lag die Wahlbeteiligung in der Verbandsgemeinde bei 71,7 Prozent. r.n.Meinung

Neue Verhältnisse im Rat

Von Rainer Neubert

Der Verbandsgemeinderat Kell am See entscheidet ab sofort unter veränderten politischen Vorzeichen. CDU und Junge Liste verlieren ihre Vormachtstellung des letzten Jahrzehnts, in dem im Zweifelsfall die Stimme des Bürgermeisters zur Mehrheit gereicht hat.

Die Freien Wähler haben von den Bürgern den Auftrag bekommen, mehr als nur ein Zünglein an der Waage zu sein. Wie fast überall im Kreis Trier-Saarburg signalisieren auch in der Verbandsgemeinde Kell am See die Menschen ihren Unmut über politische Spielereien. Sie wollen eine sachliche Politik, inhaltsorientiert und nicht mit parteigeprägtem Blick auf Landes- oder Bundespolitik.

Die Botschaft ist angekommen. Nun gilt es, gemeinsam um die besten Ergebnisse für die 13 Orte mit ihren 9700 Einwohnern zu ringen. Kompromisse werden dabei in Streitfragen nicht zu vermeiden sein. So funktioniert Demokratie. r.neubert@volksfreund.de

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