"Ein Oberbürgermeister ist der wichtigste Botschafter seiner Stadt"

Hiltrud Zock will die Ressorts Bauen und Wohnen in einem Dezernat bündeln

Frau Zock, Ihre Anhänger attestieren dem SPD-Kandidaten Wolfram Leibe häufiger zu wenig Charme und Kommunikationstalent für das Amt des Oberbürgermeisters. Haben sie Recht?
Hiltrud Zock: Ich halte nichts davon, wenn sich Kandidaten gegenseitig bewerten. Das ist die Aufgabe der Wähler am nächsten Sonntag.
Warum sind Sie denn überzeugt, die Stadt besser führen zu können, als ihr Konkurrent?
Zock: Für mich ist das Rathaus mehr als nur eine Behörde. Ich will das Potenzial der guten Mitarbeiter im Rathaus noch besser nutzen. Ich glaube, dass sich mit Gestaltungskompetenz und Erfahrung im Prozessmanagement auch kommunal neue Wege erschließen. Entscheidungsprozesse müssen schneller, viel transparenter und öffentlicher werden. Ein Oberbürgermeister ist außerdem der wichtigste Botschafter seiner Stadt, um die Bürger für das Gemeinwohl zu motivieren, um auch die Wirtschaft für die Stadt zu begeistern und damit Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern.
Nur wenige Tage nach der Stichwahl muss die Leitung des Dezernats IV neu ausgeschrieben werden. Zurzeit verantwortet noch die CDU-Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani die Bereiche Bauen, Verkehr und Umwelt. Welche Themen sollten Ihrer ganz persönlichen Meinung nach künftig in dem Dezernat zusammengefasst werden, und haben Sie sich darüber mit dem jetzigen Oberbürgermeister Klaus Jensen und dem Stadtrat abgestimmt?
Zock: Für eine effektive Verwaltung brauchen wir produkt- und dienstleistungsorientierte Dezernatszuschnitte. Deshalb ist mein Vorschlag, die Bereiche Bauen und Wirtschaft aufgabenbezogen zusammenzuführen. Daher werde ich im Falle meiner Wahl auch direkt Gespräche mit dem amtierenden Oberbürgermeister und dem Stadtrat führen. Mein Urlaub muss daher noch warten, diese Weichenstellung ist zu wichtig für die Stadtentwicklung.
Auch von Ihrer Unterstützerpartei, der CDU, musste die grüne Bildungs- und Sozialdezernentin Angelika Birk in der Vergangenheit harte Kritik einstecken. Welche Bereiche soll sie Ihrer Meinung nach in den ausstehenden vier Jahren ihrer Amtszeit verantworten?
Zock: Nach der Gemeindeordnung bedarf die Änderung der Geschäftsbereiche der Zustimmung des Stadtrates. Die jetzige Bürgermeisterin nimmt die Aufgaben wahr, für die sie vom Stadtrat gewählt wurde. Ich werde aber ganz sicher das Vorschlagsrecht des OB nutzen, die Geschäftsbereiche zu ändern. Der Sport beispielsweise, Breiten- und Leistungssport, das Vereinswesen haben für mich eine höhere Relevanz, die sich auch im Dezernat wiederfinden muss. Dezernatsübergreifend müssen die Schulen wie alle anderen städtischen Gebäude in eine verlässliche, langfristige Investitionsplanung.

Als Oberbürgermeisterin kön-nen Sie bei jeder Abstimmung des Stadtrats mitstimmen.
Wie würden Sie entscheiden (dafür/dagegen) bei folgenden möglichen Themen:

Die Stadt übernimmt von der Polizei die Geschwindigkeitsüberwachung im Stadtgebiet, um besonders gefährliche Stellen häufiger kontrollieren zu können.
Zock: Es ist dringend notwendig, an besonders gefährlichen Stellen häufig zu kontrollieren. Ich denke aber, dass die Polizei diese Aufgabe bislang sehr gut wahrnimmt. Für eine fundierte Meinung brauche ich hierzu eine Kosten-/Einnahmenrechnung. Neben der finanziellen Abwägung gilt es zu bedenken, dass die Stadt sich auch noch zusätzlich mit dieser Aufgabe belasten würde.
Das Wasser im Nordbad wird weiterhin von Mai bis Oktober ab frühmorgens um 6 Uhr auf 24 Grad aufgeheizt, was der Stadt jährliche Heizkosten von rund 78 000 Euro beschert.
Zock: Als Taucherin bin ich niedrigere Temperaturen gewohnt, habe aber Verständnis für den Wunsch der oft älteren Nutzer in den frühen Morgenstunden. Hier geht es auch um ein Angebot der Gesundheitsvorsorge. Bleibt die Frage, ob alle Chancen regenerativer Energien schon genutzt sind.
Die neue Feuerwehr-Hauptwache wird - wie von Feuerwehrdezernent Thomas Egger favorisiert und vorbehaltlich bisher unbekannter Erkenntnisse - am Standort Spitzmühle gebaut.
Zock: Diese Standortfrage ist ein gutes Beispiel, dass im Vorfeld viel früher eine öffentliche Diskussion über die sehr komplexe Sachlage stattfinden sollte, am liebsten mit dem Offenen Kanal als flexibel abrufbares Bürgerfernsehen. Es gibt eine Planung, die den historisch wertvollen Tempelbezirk, der konservierend aufgeschüttet ist, mit einer Bodenplatte für eine etwaige spätere Freilegung erhält. Römisches Erbe darf keinesfalls zerstört werden. Es gilt nun, darüber hinaus die Bedarfe der Schule, der Kleingärtner, die Frischluftzufuhr für die Stadt, aber auch die Funktionalität der Feuerwehr miteinander abzuwägen.
Preise für Bustickets sollen sinken. Das dadurch entstehende Minus in den Kassen der Stadtwerke gleicht die Stadt durch einen kräftigen Zuschuss öffentlichen Geldes aus.
Zock: Höhere Nutzerzahlen im ÖPNV sind ökologisch und ökonomisch sinnvoll, also klares Ja. Es ist gut, dass sich alle Fraktionen im Stadtrat einig sind. Die Höhe des Zuschusses muss im Stadtrat diskutiert werden, die Umsetzung bei den Stadtwerken und im Verkehrsverbund der Region Trier. Mir ist es wichtig, dass wir dabei neben den Schülern und Studierenden auch an die Senioren denken. Viele sind auf bezahlbare Busfahrten angewiesen, um am sozialen Leben in der Stadt teilnehmen zu können.
Und zum Schluss einmal ganz ehrlich: Können Sie einen doppischen Haushalt, wie ein Oberbürgermeister ihn aufstellen muss, wirklich lesen und verstehen ,oder müssen Sie sich da noch reinarbeiten?
Zock: Das ist tatsächlich ein Berg an Ordnern! Bei einem so umfangreichen Haushalt ist es immer notwendig, sich zunächst einzuarbeiten. Mir ist es wichtig, die richtigen Parameter auszuarbeiten, an Hand derer die Doppik eine aussagekräftige Kosten-Leistungsanalyse bietet. Dann wird der doppische Haushalt auch zu einem echten Führungsinstrument, das aufgabenbezogenes Arbeiten ermöglicht. Ich habe immer persönlich Finanzverantwortung getragen, das hat mich geprägt - Finanzverwaltung wird bei mir Chefsache bleiben. woc

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