EU-Kommissar: Strompreise steigen heftig

Daun · EU-Kommissar Günther Oettinger sprach gestern als Wahlkampfhelfer in Daun. Der in Brüssel für Energie zuständige CDU-Politiker blieb aber in Sachen Cattenom sehr vage. Auch bei den Themen Hahn und Nürburgring gab er sich diplomatisch.

Daun. Günther Oettinger ist immer für eine Überraschung gut. Sei es, dass der frühere baden-württembergische Ministerpräsident und jetzige EU-Energiekommissar bei Vorträgen ein mit Schwäbisch durchzogenes, kaum verständliches Englisch spricht. Oder dass er in einer Rede die EU als Sanierungsfall bezeichnet. Gestern in Daun, auf Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder, überrascht der 59-Jährige noch vor seiner Rede.Bundestagswahl 2013


Steuert doch der EU-Kommissar gegen Mittag den schwarzen Dienst-Mercedes mit Brüsseler Nummer eigenhändig, ohne Chauffeur, vor das Forum in der Innenstadt. Und neben ihm sein 14-jähriger Sohn Alexander, der wohl den Rest seiner Sommerferien beim von der Mutter geschiedenen Papi in Brüssel verbringt. Und ihn zum Ausflug in die Eifel begleitet.
Der schwäbelnde CDU-Mann spricht zunächst über Europa. Europa als Erfolgsmodell, als Wertegemeinschaft, als Wirtschaftsmacht. Und über Deutschland und das nicht gerade überschwänglich. Deutschland sei in der EU im Mittelfeld, genau wie sein Heimat-Fußballbundesligist der VFB Stuttgart. Und genauso sei Deutschland nicht abstiegsgefährdet. Und dann sagt er das, wofür er Ende Mai nach einer Rede in Brüssel heftig geprügelt worden ist: "Deutschland ist auf dem höchsten Punkt seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit. Stärker werden wir nicht mehr."
Damals wurde das als Rundumschlag, als Abrechnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gewertet. In Daun belässt es Oettinger bei dem Zitat. Um dann zu den dort näherliegenden Themen zu kommen: Hahn und Nürburgring.
Doch statt als CDUler auf die Landesregierung einzuprügeln, bleibt er diplomatisch zurückhaltend. Vielleicht auch, weil die Verfahren um möglicherweise illegale Landeshilfen für den Ring und den Hunsrückflughafen nicht in seine Zuständigkeit als Energieminister fallen. Oettinger lobt den neuen Hahn-Geschäftsführer für den eingeschlagenen Sanierungskurs, auch mit der Landesregierung sei man in "gutem Kontakt". Es wirkt fast schon so, als habe er ein wenig Verständnis für die Schwierigkeiten des Hahn.Ergebnisoffene Prüfung


Auch er und sein Amtsvorgänger als Ministerpräsident, Erwin Teufel, hätten ehemalige Militärflughäfen in Lahr und Baden-Baden zu Zivilflughäfen gemacht. Um dann zu dem Schluss zu kommen, dass es zu viele dieser Regionalflughäfen in Deutschland gebe. Trotz des anhängigen Beihilfeverfahren sei es Ziel, den Hahn zu erhalten, es werde ergebnisoffen geprüft.
Auch den Ring will Oettinger erhalten. Zumindest die Rennstrecke samt Formel 1. Die Traditionsstrecke müsse sich selbst tragen. Es dürften keine öffentlichen Mittel für Hotel, Freizeitpark und Achterbahn fließen, macht der EU-Kommissar deutlich.
Auch mit der Subventionierung der Solar-Energie in Deutschland müsse Schluss sein. Es dürfe nicht sein, dass Bauern Scheunen bauten, in denen weder Vieh noch Traktoren stehen, nur um auf den Dächern Sonnenkollektoren zu installieren, weil es dafür Zuschüsse gibt. Zuschüsse, die die Stromkunden zahlten. Daher werde der Strom in den nächsten Jahren jährlich um zehn Prozent teurer werden, prophezeit der Energie-Kommissar. Gleichzeitig wirbt er um Verständnis für die Atomkraftwerke in 14 der insgesamt 28 Länder und warnt davor, diese dafür zu maßregeln. So ist es nicht verwunderlich, dass er sich in Sachen Cattenom zurückhält, sich nicht dazu äußert, ob die störanfällige Atomanlage abgeschaltet werden muss. Das müsse Frankreich entscheiden. Immerhin soll es demnächst einheitliche Sicherheitsstandards für alle europäischen Atomkraftwerke geben, verspricht Oettinger. Veraltete Anlagen, die nicht mehr nachgerüstet werden könnten, müssten dann vom Netz. Bis zu 25 der insgesamt 58 Atomkraftwerke in Frankreich werden nach Einschätzung des EU-Kommissars in den nächsten Jahren abgeschaltet. Ob Cattenom auch dabei ist, lässt er offen. Und steigt dann nach eineinhalb Stunden wieder samt Sohn und einem Präsentkorb voller Eifler Schnaps in seine Limousine und fährt zurück nach Brüssel.Extra

Wirtschaft macht Druck: Appell an die rot-grüne Landesregierung - die Sanierung des Flughafens Hahn duldet nach Überzeugung der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Koblenz keinen Aufschub. Die IHK verlangt "von allen Entscheidungsträgern volle Unterstützung", um an dem Hunsrück-Airport Betriebskosten zu senken und das Geschäft zu verbessern. Die IHK Trier hat anders als die Koblenzer Kammer laut einer Sprecherin bisher keine Resolution zum Flughafen Hahn verabschiedet. Das Thema sei auf der Vollversammlung am Donnerstag noch nicht diskutiert worden, sagte die Sprecherin dem Volksfreund. Nun will die IHK-Spitze in Trier Rücksprache mit den Mitgliedsunternehmern halten und gegebenenfalls mit einer Stellungnahme nachziehen. Anfang der Woche hatte sich der Trierer IHK-Präsident Peter Adrian im TV positiv zum Sanierungskonzept des neuen Hahn-Chefs geäußert: "Es scheint durch den neuen Geschäftsführer Heinz Rethage Bewegung reinzukommen." Rethage hat im SWR mit Rücktritt gedroht, falls Betriebsrat, Aufsichtsrat und Gesellschafter sein Konzept nicht unterstützen. Es sieht den Abbau von Arbeitsplätzen vor und soll neue Einnahmen erschließen.DB/oht

(UPDATE: In einer früheren Fassung hieß es irrtümlicherweise, der Flughafen Hahn sei auf der Vollversammlung diskutiert worden.)


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