Experte: Parteien beteiligen Bürger zu wenig

Berlin (dpa) · Die Parteien schöpfen nach Einschätzung eines Experten die Möglichkeiten des Internets zum Austausch mit den Bürgern noch nicht genügend aus. „Die Politiker nutzen zwar die Online-Plattformen zur Übermittlung ihrer Botschaften, haben sie als Mittel zum Dialog aber bisher nicht erkannt.“

Das sagte Arne Klempert, bei der Unternehmensberatung IFOK verantwortlich für den Bereich digitale Kommunikation, in einem Gespräch mit der Deutschen Presse- Agentur dpa.

Die Ursache dafür sei in den Strukturen der Parteien zu finden, die Programm-Diskussionen in internen Gremien oder mit anderen Institutionen führten, selten jedoch direkt mit interessierten Bürgern. „Der einzelne Wähler spielt abgesehen davon, dass er in der Wahlkabine sein Kreuzchen macht, praktisch keine Rolle.“ Dies sei jedoch problematisch in einer Zeit, in der sich die Menschen spontan in Netzwerken etwa über das Internet zusammenfinden und sich dann auch in der realen Welt für ein Thema engagieren.

Als Beispiel nannte Klempert die Online-Enzyklopädie Wikipedia, für deren deutschsprachige Version er bis 2008 als Sprecher arbeitete. Bei Wikipedia würden Nutzer ohne Bezahlung, aber mit hohem Einsatz gemeinschaftlich Artikel schreiben, Fachdiskussionen führen und dann auch Kontakte untereinander knüpfen. Solche Formen der inhaltlichen Mitarbeit seien wesentlich flexibler als die klassische Mitgliedschaft in einer Partei oder einem Verein, könnten aber dennoch von der Politik genutzt werden. „Allerdings haben die Parteien noch nicht wirklich angefangen, sich darüber Gedanken zu machen.“

Die politischen Organisationen hätten zwar inzwischen für den Wahlkampf Online-Instrumente entwickelt, über die Bürger ihre Meinung äußern können, sagte Klempert. In einem zweiten Schritt müsste dieser „Rückkanal“ dann aber auch beachtet werden. So hätten Nutzer der Kurzmitteilungs-Plattform Twitter während des letzten SPD-Parteitags parallel zu einer Live-Übertragung eine Diskussion über die umstrittenen Internet-Sperren entfacht, die dann jedoch im weiteren Verlauf des Treffens ignoriert wurde. „Wenn ich mich öffne, dann muss ich auch zuhören und darauf reagieren“, betonte Klempert. Dazu könnte auch das Eingeständnis von Fehlern gehören.

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