Karneval Nattenheimer Jecken verbieten große Traktoren

Nattenheim · Meterhohe Fahrzeuge mit lauten Musikanlagen rollen durch viele Ortschaften. Die Organisatoren des Nattenheimer Umzugs hat das gestört.

 Der Fokus soll auf klassischen Fußgruppen wie den Naatema Möhnen liegen.

Der Fokus soll auf klassischen Fußgruppen wie den Naatema Möhnen liegen.

Foto: David Falkner

Der Konflikt ist bereits ein paar Jahre am Brodeln gewesen: Immer größer und immer leistungsstärker sind die Traktoren geworden, mit deren Hilfe Narren ihre Wagen durch Nattenheim gezogen haben. Jecken und Gäste befanden sich beim Umzug häufig nicht mehr auf Augenhöhe, sodass die Besucher ihre Arme weit in die Luft strecken mussten, um in Kontakt mit den Fastnachtern zu treten.

Mit den rollenden Riesengefährten hielten auch immer größere Stromaggregate und mit ihnen lautere Musikanlagen Einzug. „Das hat alles Überhand genommen“, sagt Peter Billen, Ortsbürgermeister von Nattenheim. Stefan Zeimens, der den Umzug mitorganisiert, pflichtet dem Gemeindechef bei: „Die meisten Leute wollen sich unterhalten und keine dröhnende Musik hören.“ Mehrfach habe es Beschwerden gegeben. „Das Gros der Leute fand das nicht gut.“ Und weil die Bürger die Feierlichkeiten mit ihren Spenden, die zwischen 1500 und 1800 Euro liegen, unterstützen, sei es wichtig gewesen, darauf einzugehen.

Also haben sich Ortsgemeinde und Organisationskomitee gemeinsam dazu entschieden, „gigantische Wagen mit ohrenbetäubenden Musikanlagen“ von der „Naatema Foasicht“ zu verbannen. Zugelassen sind nur noch kleinere Traktoren, die höchstens 55 PS haben. Da diese Maschinen keine „Monsteraggregate“ versorgen können, ist auch der Beschallung automatisch ein Riegel vorgeschoben worden.

Stattdessen geht es zurück zu den Wurzeln. Anstelle großer Fahrzeuge soll der Fokus auf den Fußgruppen liegen. „Kleine Details oder Beiträge zur Dorfpolitik sind in den vergangenen Jahren untergegangen“, sagt Zeimens. Das solle sich ändern. Wie vor 30 Jahren könnte der Umzug diesmal wieder aussehen: „Aus der Hüfte raus und ohne viele Vorschriften.“ Ein Verbot für mehr Freiheit?  Für den Organisator kein Widerspruch: „Je größer das Ganze wird, desto strenger muss man alles regeln“, sagt Zeimens.

In Nattenheim geht es dieses Faschingsfest also ruhiger zu. Zehn Fußgruppen hätten bereits zugesagt, so Zeimens.

Die neue Regelung betrifft vor allem Jecken, die aus anderen Dörfern kommen. „Unser Wagen ist zu groß für Nattenheim“, sagt Michael Hülpes aus Rittersdorf. 90 PS hat das Gefährt der Gruppe aus dem Nachbarort. Grundsätzlich könne er die Beschränkung jedoch nachvollziehen: „Ich bin angesichts der Unfallgefahr auch dagegen, dass die ganz riesigen Traktoren mitfahren.“ Es gebe außerdem noch genug Umzüge, an denen der Rittersdorfer Verbund teilnehmen könne.

Dass nicht von allen Fastnachtsbegeisterten so viel Verständnis wie aus Rittersdorf kommen wird, vermutet Zeimens bereits: „Wahrscheinlich beschweren sich ein paar Leute.“ Der Nattenheimer Jugend jedenfalls scheint der traditionellere Ansatz nicht zu missfallen, denn auch sie präsentiert sich auf dem Umzug.

Überhaupt gebe es auch Gruppen, sagte Zeimens, deren Interesse an den Feierlichkeiten in Nattenheim durch die neue Regelung gestiegen sei.  Der Musikverein Bickendorf plant, den Zug in Zukunft wieder zu begleiten.  „Die Leute haben sich in der Vergangenheit die Lunge aus dem Leib geblasen!“, sagt Zeimens. Deshalb seien die Musiker irgendwann nicht mehr mitmarschiert.  „Der Verein wird in diesem Jahr noch nicht teilnehmen, aber fürs nächste Jahr sieht das schon besser aus.“ Sofern sich das Konzept in Nattenheim bewährt, können sich die Narren auf einen Spielmannszug anstatt Musik vom Band bei der nächsten Ausgabe einstimmen.

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