Weniger Reden, mehr Tänze

Daun/Gerolstein/BITBURG/PRÜM/ · Eine Umfrage unter Karnevalsvereinen aus der Vulkaneifel zeigt: An Tanznachwuchs mangelt es offenbar nicht. Dafür wird es immer schwieriger, genügend Büttenredner zu finden.

Daun/Gerolstein/BITBURG/PRÜM/ Jecken an allen Ecken: Die Session läuft, und die Vereine geben sich wieder viel Mühe, das Publikum in den Sitzungen zu begeistern. Was auffällt, ist die Zunahme an Show- und Gardetänzen, die bei den meisten Kappensitzungen überwiegen. "Es ist schwierig, Nachwuchs bei den Büttenrednern zu finden", sagt Heinz Dahm aus Gillenfeld. Er muss es wissen, denn als Vorsitzender der Rheinischen Karnevals-Korporationen (RKK) im Vulkaneifelkreis kommt er "viel rum". 42 Vereine sind derzeit im RKK zusammengeschlossen, die er alle betreut - und das schon seit 24 Jahren.
Dass die Zeiten sich geändert haben, bestätigt auch Gerd Knieps, Vorsitzender des Hillesheimer Karnevalsvereins: "Definitiv gab es früher mehr Reden in der Bütt." Grundsätzlich ist er mit der Situation des Vereins zufrieden: "Hillesheim hat sich zu einer Hochburg des Karnevals entwickelt", in der in diesem Jahr 66-jähriges Bestehen gefeiert wird. Laut Knieps ist die Zahl der Zugteilnehmer gestiegen, wozu auch die befreundeten Vereine aus Jünkerath und Pelm beitragen. Sein Motto "Wir alle sind Karneval" bestätigt sich, wenn im nächsten Jahr der Prinzenempfang aller im RKK zusammengeschlossenen Vereine in Hillesheim stattfindet. Nachwuchssorgen gibt es dort genauso wenig wie in Üdersdorf. Die Vorsitzende der Aarlayspatzen, Lydia Zimmer, bestätigt: "Es wird immer schwieriger, Leute in die Bütt zu bekommen, die Tänze überwiegen auch bei uns."
Bei drei Garden macht sie sich um den Nachwuchs derweil keine Sorgen. "Allerdings gibt es immer weniger Leute, die sich am Wagenbau für den Umzug beteiligen." Ähnliche Sorgen gibt es auch bei den Gerolsteiner Burgnarren. "Wir haben einfach nicht mehr genug Scheunen, um Wagen zu bauen", sagt der Vorsitzende Günter Perings, "viele arbeiten und haben auch keine Zeit mehr dafür." Glücklich ist er aber über die Situation bei der Funkengarde und somit auch beim Nachwuchs: "Wir haben eine lange Warteliste an jungen Mädchen, die mitmachen möchten." Um auch die jungen Männer stärker in den Karneval miteinzubeziehen, wurde 2014 eine Burschengarde gegründet. Zunächst mit Erfolg, aber zurzeit "ist es schwierig, wieder neue zu bekommen, denn die damals 16- und 17-Jährigen sind wegen Studium oder Ausbildung nicht mehr da".
Auch in Kelberg "läuft wieder alles in den richtigen Bahnen", sagt die Vorsitzende des Kelberger Karnevalsvereins, Madlen Dahlhaus. 2013 ist dort der Karneval komplett ausgefallen, weil der Vorstand nicht mehr geschäftsfähig war. Aber ein Jahr später habe sich ein neuer Vorstand gegründet, mit überwiegend Frauen, und seitdem gibt es alle zwei Jahre eine Kappensitzung und jährlich wieder einen Umzug.
Auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm sieht es bezüglich immer weniger Büttenreden nicht viel anders aus. Gernot Ludwig, Sitzungspräsident des KV Schönecken-Wetteldorf, kennt das Phänomen seit Jahren. "Deshalb nehmen wir uns Redner von außerhalb", sagt er, "wir achten sehr darauf, dass wir eine gute Mischung haben. Unsere Büttenredner kommen aus Nachbarorten oder befreundeten Vereinen, aber auch Profis aus dem Kölner Raum sind dabei."
"2040, das ist der Trend, man Büttenreden gar nicht mehr kennt", wird auch Manuel Billen aus Ferschweiler in seiner Büttenrede am Samstag sagen. Als aktives Mitglied im KV Plateaunarren Ferschweiler bedauert er, "dass Karneval immer mehr zu Ballermann- und Après-Ski-Partys ausartet. Daher sei der Anreiz, in die Bütt zu steigen, nicht mehr gegeben.
Dennoch sei Ferschweiler in der glücklichen Lage, die Kappensitzungen mit eigenen Leuten zu bestreiten und eine ausgewogene Mischung aus Tänzen und Reden zu bieten.
Für Billen ist es wichtig, das Kulturgut Karneval nicht aussterben zu lassen. Und das ist auch der Grund, warum er selbst in die Bütt steigt und eine Rede in klassischer Reimform vortragen wird.
VERBAND RHEINISCHE KARNEVALS-KORPORATIONEN


Extra

Der Verband Rheinische Karnevals-Korporationen (RKK) mit Sitz in Koblenz ist der größte selbstständige Regionalverband Deutschlands mit rund 1400 angeschlossenen Vereinen aus den Bereichen Karneval, Brauchtum, Gardetanz und Musik. Die Aufgaben des Verbandes sind die Förderung und der Erhalt des Brauchtums Karneval in seiner kulturhistorischen und heutigen Form. Gegründet wurde er 1959 mit 64 Vereinen.

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