Für viele Narren ist jetzt Schluss mit lustig

Trier/Koblenz · Die "tollen Tage" gehen in die heiße Phase. Doch nicht alle Karnevalisten können unbeschwert feiern. Vor allem die Verantwortlichen in den Vereinen kämpfen mit Problemen. So geht nicht nur die Zahl der Aktiven zurück. Vielerorts kommen auch weniger Besucher in die Säle. Und zu allem Unglück machen Brandschutz- und Sicherheitsbestimmungen den Veranstaltern das Leben schwer.

 Gute Laune ist Trumpf bei Karnevalsumzügen wie in Trier. Für das Organisationsteam hat der Spaß allerdings oft Grenzen. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Gute Laune ist Trumpf bei Karnevalsumzügen wie in Trier. Für das Organisationsteam hat der Spaß allerdings oft Grenzen. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier/Koblenz. Peter Schmitz-Hellwing ist ein Urgestein des Kölner Karnevals. Für den Präsidenten der Rheinischen Karnevals Korporationen (RKK) hört der Spaß aber auf, wenn es um den aktuellen Zustand des Karnevalsbrauchtums an Rhein und Mosel geht: "Es ist einfach furchtbar. Karneval ist nur noch dann ein Thema, wenn es Probleme gibt."Dass es nicht ganz so dramatisch ist, weiß Schmitz-Hellwing natürlich. Dennoch sieht er durch verkrustete Strukturen in Vereinen, dem Mangel an karnevalistischem Nachwuchs und nicht zuletzt durch die Folgen der tödlichen Loveparade-Katastrophe von Duisburg eine Gefahr für den Karnevalsbrauch. Der müsse erhalten, aber auch weiterentwickelt werden. "Wir müssen auch die jungen Leute ranlassen", so der Kölner, "sonst gibt es keine Entwicklung."Katastrophe hat Folgen

Wenn "die Jungen" dann in entscheidende Positionen kommen, werden sie mit ähnlichen Dingen konfrontiert, die den langjährigen Funktionären Probleme machen. Es geht um Sicherheit und Versicherungsschutz. Nach den vielen Toten und Verletzten von Duisburg achten die Gemeinden und Städte wesentlich schärfer darüber, dass die gesetzlichen Vorgaben für den Brandschutz und Sicherheit bei öffentlichen Veranstaltungen gewährleistet sind. In Hallen wird jeder Besucher und jeder Notausgang gezählt. Bei Karnevalsumzügen sollen möglichst alle Schäden von den veranstaltenden Vereinen übernommen werden. Auch Peter Pries, Präsident des Regionalverbandes Rhein-Mosel-Lahn und Ehrenpräsident der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval, weiß davon ein Lied zu singen: "Wenn wir in der Europahalle zur Gala laden, ist immer die Feuerwehr dabei. Bezahlen müssen wir das." Und im Bezug auf den Trierer Rosenmontagszug wird gemunkelt, dass nicht wenige Geschäftsinhaber entlang der Strecke die Großveranstaltung dazu nutzen, um Schäden anzuzeigen. Karl-Heinz Scheurer, Funktionär beim Trierer Karnevalsverein Heuschreck und über Jahre mitverantwortlich für die Versicherung des Trierer Umzugs, weiß auch von Hallenmietverträgen, die am Rande dessen liegen, was als lauter gelten kann. "Wenn ein Eigentümer vom Verein eine Feuerversicherung verlangt, dann ist das Quatsch, weil das natürlich über die Gebäudeversicherung abgedeckt ist." Auch wenn von einer Schadensabdeckung in unbegrenzter Höhe die Rede sei, müsse jeder Verein aufhorchen. Hans Mayer, in der Eifel lebende Vizepräsident des RKK, verweist darauf, dass jüngst die pauschale Versicherungssumme für jeden Verein in seinem Verband von drei auf zehn Millionen Euro erhöht worden sei. "Wir werden bei Umzügen mit Auflagen bombardiert", klagt Mayer. Hinzu komme die immer größere Anspruchsmentalität der Gesellschaft. RKK-Versicherungsexperte Dieter Eckert bestätigt: "In Ulmen gab es einen Rechtsstreit um ein kaputtes Schild. In Trier ging es um die angeblich vom Zug beschädigte Scheibe einer Bäckerei. In beiden Fällen konnte ein Verursacher nicht ermittelt werden. Die Versicherung der Veranstalter hat natürlich nicht gezahlt."RKK-Präsident Peter Schmitz-Hellwing ist beim Thema Sicherheit zu keinen Kompromissen bereit. Allerdings wünscht er sich mehr Unterstützung vonseiten der Politik: "Die Bürger haben einen Anspruch darauf, sichere Hallen zu bekommen." Diese Verantwortung auf die Vereine zu übertragen sei kontraproduktiv, da dies auch zu hohen Eintrittspreisen beitrage.Ein wenig aufatmen lässt die Vereine ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz. Veranstalter von Karnevalsumzügen müssen demnach nicht gegen jeden nur denkbaren Unfall Vorsorge treffen. Eine Frau war 2011 beim Mainzer Rosenmontagsumzug von einem Festwagen verletzt worden und hatte auf Zahlung von Schmerzensgeld geklagt. Im Berufungsverfahren stellten die Richter jetzt fest, dass eine lückenlose Überwachung der Umzugsteilnehmer nicht möglich sei. Meinung

Bei der Haftung hört der Spaß aufBeim Karneval hört der Spaß auf. Zumindest dann, wenn aus lauter Sorge vor einer Haftung die Vereine in unseriöser Form über den Tisch gezogen werden. Vor allem die kleinen Veranstalter im Dienste des karnevalistischen Gedankens sind mit den Haken und Ösen bürokratischer Formulierungen in Miet- und Haftungsverträgen möglicherweise überfordert. Im schlimmsten Fall mit fatalen Folgen für den Verein und dessen Verantwortliche, wenn es zu einem Unfall oder anderen größeren Schäden kommt. Sicherheit geht vor! Daran gibt es keinen Zweifel. Beim Brandschutz kann es kaum Kompromisse geben. Dass hinter dem Vorhang die Feuerwehr stehen muss, um im Falle eines Falles sofort zu löschen, ist schlimm genug. Nicht tolerierbar ist es allerdings, wenn Eigentümer und Kommunen versuchen, die Haftung pauschal per Vertrag an die Vereine zu übertragen. Da hört auch im Karneval der Spaß auf. Im Zweifelsfall sollte der Verein nicht unterzeichnen, sondern absagen. Auch wenn es wehtut. r.neubert@volksfreund.deExtra

Der Dachverband Rheinische Karnevals-Korporationen e.V. (RKK) ist der Verband für den rheinischen Karneval, die rheinische Fastnacht und für den Gardetanzsport, 1959 als Regionalverband gegründet. Seit 2005 können alle Vereine im deutschen Sprachraum, die Karneval und Fastnacht und den Gardetanzsport betreiben, Mitglied werden. Auch Kirmesvereine oder Musikvereine können beitreten. Der Sitz des Verbandes ist in Koblenz. Der Dachverband vertritt 1300 Mitgliedsvereine mit insgesamt 500 000 Mitgliedern. Er bietet seinen Vereinen Hilfestellungen auch in rechtlichen Fragen. Kontakt: Telefon 0261/988999-01 info@rkk-deutschland.de www.rkk-deutschland.de Der Bund Deutscher Karneval (BDK) besteht in der Bundesrepublik Deutschland aus 35 Regional- und Landesverbänden. In den Landesverbänden sind über 5000 Karnevalsgesellschaften, Karnevalsclubs und Karnevalsvereine mit insgesamt 2,7 Millionen Mitgliedern zusammengeschlossen. Der Sitz des BDK ist in Köln. Sitz des Landesverbandes Rhein-Mosel-Lahn ist Trier. Kontakt: Telefon 0651/18317 info@bdk-rml.de www.karnevaldeutschland.deExtra

 RKK-Präsident Peter Schmitz-Hellwing, Versicherungsexperte Dieter Eckert und RKK-Vizepräsident Hans Mayer im Gespräch mit TV-Redakteur Rainer Neubert. TV-Foto: Michael Schmitz

RKK-Präsident Peter Schmitz-Hellwing, Versicherungsexperte Dieter Eckert und RKK-Vizepräsident Hans Mayer im Gespräch mit TV-Redakteur Rainer Neubert. TV-Foto: Michael Schmitz

Mietverträge und Haftungserklärungen genau studieren Keine unbegrenzte Haftung übernehmen Keine verschuldungsunabhängige Haftung akzeptieren Versicherer empfehlen Vereinshaftpflicht und Rechtsschutz. r.n.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort