Lumpenbälle und Kneipenkarneval

Trier · Die fünfte Jahreszeit ist in vollem Gange, Narren gehen auf die Straße und feiern bei Sitzungen. Wie hat sich der Karneval in Trier in den vergangenen 50 Jahren verändert? Vollblutkarnevalist Peter Pries (68), Ehrenpräsident der Arbeitsgemeinschaft Trierer Karneval (ATK), schaut für den TV zurück.

 Peter Pries hat in seiner Schatzkiste gekramt. Sie beinhaltet Fotos und Zeitungsartikel aus vielen Jahrzehnten. TV-Foto: Kantja Bernardy

Peter Pries hat in seiner Schatzkiste gekramt. Sie beinhaltet Fotos und Zeitungsartikel aus vielen Jahrzehnten. TV-Foto: Kantja Bernardy

Trier. Aus dem hohen Norden war Peter Pries Anfang der 60er Jahre nach Trier gekommen - und ist bis heute sowohl der Wahlheimat als auch dem Trierer Karneval treu geblieben. Er ist geradezu Narren-Experte und kann beurteilen, wie sich das karnevalistische Treiben verändert hat.
Für seine erste Fastnacht an der Mosel hatte Pries sich die Haare mit grauer Farbe besprüht. "Wir wollten älter wirken", sagt Pries. Seitdem sind fast 50 Jahre vergangen. Heute sind die Haare von Natur aus grau - und auch an der Fastnacht sind die Jahre nicht unbemerkt vorbeigeschlichen.
"Gänzlich verschwunden ist der Lumpenball am Fastnachtsdienstag", sagt der ATK-Ehrenpräsident. Alle hätten abgerissene Klamotten getragen, "als Symbol dafür, dass die Leute kein Geld mehr haben". Es sei ein letztes Aufbäumen bis Mitternacht gewesen. Damals wie heute habe es Kostüme gegeben: Aber früher seien fast alle selbst geschneidert gewesen, heute griffen die Narren auf das riesige Angebot in den Kaufhäusern zurück.
In den 70ern kamen auch die Kappensitzungen auf. "Die Leute hatten nur Kappen auf, daher der Name", erklärt Pries. Die exklusiven Kopfbedeckungen habe man noch an der Abendkasse kaufen können. Die Leute hätten sich damals weniger kostümiert. "Und es gab keine nummerierten Plätze. Was sich setzte, setzte sich." Heißt: Wer zuerst kam, saß zuerst. Die Folge: Eineinhalb Stunden vor Sitzungsbeginn war der Saal voll und die Stimmung gut. Büttenrednern und Garden waren Tür und Herz geöffnet. "Fast gänzlich verschwunden sind die Preismaskenbälle", sagt Pries.
Trierer behalten Lust am Feiern



Auch die Anzahl der Narren am Straßenrand beim Trierer Rosenmontagszug habe sich laut Pries verändert: Seit den 80er Jahren habe sie sich mehr als verdoppelt. "Bei schönem Wetter säumten laut Polizeischätzungen schon rund 150 000 Narren die Straßen." Die anvisierte Anzahl von närrischen 111 Wagen sei immer erreicht worden. Der Zug lebe heute wie früher vor allem von kreativen Gruppen und Vereinen.
Seit genau 20 Jahren findet am fetten Donnerstag auf dem Hauptmarkt die Prinzenproklamation statt. Dabei legt das Prinzenpaar der Statue des Stadtpatrons Petrus Blumen in den Arm und hängt ihm in einen Orden um, in der Hoffnung, dass er den Karnevalisten gutes Wetter bescheren möge. Den Sessionsbeginn am 11. 11. hat die ATK vor acht Jahren auf die Straße verlegt. Über all die Jahre hinweg sei die Lust der Trierer Narren am Feiern geblieben.

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