Revolution in den Rathäusern

Hermeskeil/Kell · Schlips ab, Schlüssel weg, Regentschaft bis Aschermittwoch futsch: Diesem Schicksal konnten die Bürgermeister in Hermeskeil und Kell auch dieses Jahr am Dicken Donnerstag nicht entgehen. In beiden Orten haben die Narren erneut erfolgreich die Rathäuser gestürmt und dort ihre Prinzenpaare auf den Thron gesetzt.

Hermeskeil/Kell. Moment mal! War\'s nicht so, dass erst am 25. Mai der große Umsturz geplant ist und ein schwarzer CDU-Kandidat und ein roter SPD-Bewerber Hermeskeils Stadtbürgermeister Udo Moser aus dem Rathaus werfen wollen? Ja, das stimmt. Und richtig ist auch, dass gestern der Kalender erst den 27. Februar als Datum anzeigt, somit bis zur Kommunalwahl noch drei Monate Zeit bleibt.
Doch trotzdem liegt schon jetzt eine Revolution in der Luft. Denn es ist Dicker Donnerstag, die Uhr schlägt gleich zwölf Uhr mittags und Moser weiß ganz genau: Gleich wird\'s um seine Macht geschehen sein. Da hilft\'s auch nicht viel, dass der eigentliche Chef des Amts, Verbandgemeinde-Bürgermeister Michael Hülpes, als Verstärkung in den Sitzungssaal gekommen ist. Denn es kommt, wie es kommen muss: Mit großem Helau stürmt eine blau-weiße Horde ins Rathaus herein.
Es ist der Karnevalsverein Ruck-Zuck mit seinen Gardemädchen und dem Elferrat. Sie bilden die Eskorte für das Kinderprinzenpaar Lucy I. und Tim I. und vor allem für die Ruck-Zuck-Majestäten in dieser Session. Jupp I. und Claudia I. zögern denn auch keine Sekunde. Sie übernehmen im Handstreich das Kommando, zwingen Moser und Hülpes dazu, den Rathausschlüssel herauszurücken und bitteschön bis Aschermittwoch bedingungslos zu kapitulieren. Kaum ist das geschehen, stellt das Prinzenpaar fest: "Zu zaghaft war die Gegenwehr, da müssen andere Gegner her." Hülpes scheint fast erleichtert, dass er sich während der tollen Tage nicht mehr mit politischen Problemen herumschlagen muss. Er ruft dem Narrenvolk zu: "Vergesst Windräder und Mopsfledermaus und tobt euch einfach richtig aus." Und auch Moser nimmt\'s gelassen, dass "ich mich der Übermacht ergeben muss." Schließlich hat er für die neuen Regierenden eine Überraschung parat. "Ich hab für Fastnachtsdienstag eine Ratssitzung angesetzt. Die dürft ihr dann halten." Nur gut für die Ruck-Zuck\'ler, dass sich diese Ansage als Scherz entpuppt.
Angsten übt den Ruhestand



Dreizehn Kilometer weiter im Westen hält sich das letzte Bollwerk der Bürokratie sogar noch ein wenig länger. Doch um 15.11 Uhr geht\'s auch in Kell am See Bürgermeister Werner Angsten an den Kragen. In seinem Büro sieht er sich einer geballten Narren-Armada aus mehreren VG-Orten gegenüber. Denn der Keller Karnevalsklub Callida hat nicht allein zum Sturm aufs Rathaus geblasen. In seinem Schlepptau mischen auch die Jecken aus Greimerath, Mandern, Lampaden und Schillingen/Heddert bei dieser Invasion munter mit. Sogar Pastor Kai Qurin hat sich den Aufständischen angeschlossen. In dieser Lage erkennt Angsten schnell: Hier ist jeder Widerstand zwecklos.
Bis Aschermittwoch kann er schon mal üben, wie das Leben als Nicht-Bürgermeister so ist. Denn Ende August geht Angsten ja nach 26 Dienstjahren in den Ruhestand. Derweil schmiedet das Keller Prinzenpaar Margit und Karl-Heinz schon viel größere Pläne. Sie wollen auch in Mainz die Macht erobern: "Wir werden dort stoppen, die Kommunalreform, die uns auf den Senkel geht enorm. Als VG Kell haben wir so viel erreicht, die Vorteile sich jetzt Hermeskeil erschleicht."

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