Jahreshauptversammlung Bauern und Winzer hadern mit Bürokratie

Schweich · Die Landwirte und Winzer in der Region stoßen sich an immer weiteren Gesetzen und Auflagen aus Land, Bund und Europäischer Union. Auch kritisieren sie vergiftete öffentliche Debatten.

Bei Stichworten wie „Massentierhaltung“ gerät der Vorsitzende des Kreisbauern- und Winzerverbands Trier-Saarburg, Walter Clüsserath, am Rednerpult in Rage. 

Bei Stichworten wie „Massentierhaltung“ gerät der Vorsitzende des Kreisbauern- und Winzerverbands Trier-Saarburg, Walter Clüsserath, am Rednerpult in Rage. 

Foto: Martin Recktenwald

Der Kreisbauern- und Winzerverband klagt über zu viel Bürokratie. Auflagen und Gesetze torpedierten die Existenzgrundlage gerade kleinerer Betriebe, kritisierte Walter Clüsserath, Vorsitzender des Kreisbauern- und Winzerverbands Trier-Saarburg, auf der Jahreshauptversammlung im Schweicher Hotel Leinenhof.

Einhellige Zustimmung aus dem mit rund 100 Verbandsmitgliedern gefüllten Saal wurde laut bei einer mehrfach vorgetragenen These: Es mischen sich zu viele Menschen ein, die von der Praxis in der Landwirtschaft keine Ahnung haben.

Mit einem Rechenbeispiel versuchte Clüsserath die Absurdität mancher gesellschaftlicher Debatte aufzuzeigen. Rund 250 000 Menschen im Kreis und der Stadt Trier äßen im Durchschnitt jeden Tag ein Ei. Nicht vergessen dürfe man dabei, dass Eier  auch in Nudeln und anderen Produkten enthalten sind. „Für diese Menge braucht man circa 300 000 Hühner. Aber wenn jetzt ein größerer Betrieb 150 000 Hühner hielte, würde gleich Massentierhaltung geschrien“, meinte der Kreisvorsitzende. In der Realität existiere als größter Hof in der Region nur einer mit 10 000 Hühnern. Wo die restlichen Eier herkommen, danach frage dann niemand. „Es wird wohl kaum gehen, dass sich wieder jeder Haushalt fünf bis sechs Hühner hält. Das ist schon alleine durch die heutigen Haltungsvorschriften gar nicht umsetzbar“, schloss Clüsserath.

Bei den Bauern mache sich das Gefühl breit, als Prügelknabe für alles herhalten zu müssen. Stichwort: Nitrat-Belastung der Böden. „In Trier sind Lecks im Abwassernetz festgestellt. Verschärfte Auflagen als Folge der schlechten Messungen beim Grundwasser erhalten aber nur wir“, ärgerte sich Clüsserath. Eine der landesweiten Messstellen erfasse sogar Daten auf dem Standort einer ehemaligen Deponie, dort gebe es überhaupt keine Landwirtschaft.

Vonseiten der Politik wurde Unterstützung versichert. An das Umweltministerium habe man kürzlich eine Anfrage zum Vorgehen bei den Grundwassermessungen gestellt, berichtete der Kreisbeigeordnete Arnold Schmitt. Mit der erhaltenen, aus seiner Sicht lapidaren Antwort werde man sich nicht zufrieden geben. „Es kann auch nicht sein, dass Trockenmauerbau nur noch gefördert wird, wenn sich dort zufällig eine Mauereidechse ansiedelt“, verwies er auf ein weiteres Thema.

Die Bauern und Winzer sollten aber stärker das Positive ihres Wirkens in die Öffentlichkeit tragen. Als solche nannte er: Versorgung mit sicheren und qualitätsmäßig hochwertigen Lebensmitteln, Landschaftspflege und die Förderung regenerativer Energien, indem Flächen zur Verfügung gestellt werden. Und dann sei da noch der für die Region so wichtige Tourismus: „Ohne die Steillagen hätte das Moseltal nicht seine besonderer Attraktivität.“

Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe stellte unter anderem Fortschritte beim Flächennutzungsplan und der Frage der B-51-Nutzung durch Traktoren in Aussicht. Zwar habe das Land es abgelehnt, sich an einem Gutachten zur „Bitburger“ zu beteiligen. „Dann werden wir das eben als Stadt angehen und bei den Kosten die Zusammenarbeit mit dem Kreis suchen“, kündigte Leibe an. Ein einstimmiges Votum des Stadtrats wisse er bei einem anderen  Thema hinter sich: „Trier muss weiter Standort der Landwirtschaftskammer bleiben.“

Auf europäischer Ebene ist der Kampf für die Landwirtschaft mühsam, aber nicht hoffnungslos – diese Botschaften vermittelte der Landwirt und CSU-Europaabgeordnete Albert Deß. Zwar argumentierte er: „Die jetzige EU-Agrarpolitik ist grundlegend nicht mehr reformierbar, eine komplette Neufassung wäre notwendig.“ Aber regelmäßig gelinge es auch im Agrarausschuss des Europaparlaments, Mehrheiten für vernünftige Ansätze zu bekommen. So manch absurden Vorschlag der Kommission habe man schon verhindern können.

Wenig Hoffnung dürften sich die Bauern jedoch hinsichtlich der Bürokratie machen: „Ich war Messdiener, ich glaube an Gott, aber nicht mehr an Bürokratieabbau.“

Bevor man aber allzu sehr auf Brüssel schimpfe, solle man bedenken: Auch die Bürokratie dort trage zu 80 Prozent eine deutsche Handschrift.

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