Kurz vor Schluss mit lustig

Trier · Kater- und Krisenstimmung bei zwei traditionsreichen Trierer Karnevalsvereinen. Die Onner onser verzichten in der Session 2018 auf Sitzungen. Die Roten Funken standen sogar beinahe vor dem Vereins-Exitus.

 Lars Wanninger ist immer für eine Überraschung gut. Hier legt er als Sitzungspräsident einen spontanen Spagat hin. Jetzt hat er alle seine Ämter bei der KG Rote Funken 1951 niedergelegt. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Lars Wanninger ist immer für eine Überraschung gut. Hier legt er als Sitzungspräsident einen spontanen Spagat hin. Jetzt hat er alle seine Ämter bei der KG Rote Funken 1951 niedergelegt. TV-Foto: Archiv/Roland Morgen

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Trier Stimmung verbreiten gehört zu den Kernaufgaben von Karnevalsvereinen. Normalerweise. Bei den rund 65 Aktiven der KG Onner ons herrscht Katerstimmung, und das lange vor Aschermittwoch. Der zweitälteste Trierer Narrenverein, gegründet 1865, verzichtet in der kommenden Session darauf, Sitzungen zu veranstalten. Der Vorstand begründet diesen beispiellosen Schritt auf der Onner-onser-Homepage mit "unglücklichen Umständen", die dazu geführt hätten, "dass die Alte Färberei als Residenz ab sofort nicht mehr zur Verfügung steht". Daher habe sich der Vorstand schweren Herzens auf einen Sitzungsverzicht für 2018 geeinigt, "um sich konzentriert und mit vereinten Kräften um eine neue Residenz zu bemühen".Das klingt dramatisch und lässt finanzielle Gründe vermuten. "Nein, das hat mit Geld nichts zu tun", erklärt Präsident Karl-Rainer Heiderich (70) auf TV-Anfrage. Aber in der Alten Färberei seien "leider alle Termine besetzt gewesen, die wir wollten". Seitens der Betreiber der Veranstaltungsstätte auf dem früheren Bobinet-Gelände wird das im Grundsatz bestätigt, allerdings habe sich der Verein erst vor etwa 14 Tagen gemeldet und seine Termine mitgeteilt. Resultat: "Zu diesem Zeitpunkt war unsere Location bereits an drei von fünf angefragten Tagen anderweitig belegt."Für Heiderich ist der Ausfall der Sitzungskarnevals "kein Beinbruch. Davon gehen die Onner onser nicht unter." Das Ordensfest soll aber "auf jeden Fall stattfinden". Wann und wo, werde in der kommenden Woche entschieden.Die Steigerung von Sitzungsverzicht ist Vereinsauflösung, und just darüber hat die KG Rote Funken 1951 ernsthaft diskutiert. Grund: Der Ausstieg von Lars Wanninger (47) und seiner Frau Claudia (46). Er hatte sowohl als Vereins- wie auch als Sitzungspräsident fungiert, sie, die Tochter des 2015 in den humoristischen Ruhestand gegangenen Funken-Urgesteins Franz Wanninger (78), als Garde- und Showtanz-Trainerin. Beiden wurde das ungeschriebene Motto "Alles Wanninger oder was?" offenbar zu viel. Die ganze Arbeit sei immer "an zwei, drei Leuten hängen geblieben", klagt Lars Wanninger. Den Mangel an Unterstützung hätten seine Frau und er mit dem Niederlegen ihrer Ämter beantwortet. Der 47-Jährige spricht zwar davon, dass er "kein Vertrauen mehr in den restlichen alten Vorstand gehabt" habe, er sei aber nicht im Bösen geschieden: "Wir haben einen gut bestellten Acker hinterlassen. Es kann problemlos weitergehen, wenn der Wille und das Engagement da sind."Rote Funken ohne Wanningers - mit dieser Vorstellung konnte sich ein Teil der Mitgliedschaft nicht anfreunden. Deshalb stand in der außerordentlichen Versammlung die Frage im Raum, ob der Verein überhaupt noch weitermachen könne und solle. Schließlich setzte sich eine "Jetzt erst recht!"-Fraktion durch. Nun soll's Stefan Gaab richten - ebenfalls in Doppelfunktion. Der 42-jährige bisherige Vize-Sitzungspräsident und humoristische Leiter übernimmt beide Ämter, die zuvor Lars Wanninger ausübte.Das Ehepaar Wanninger will sich nicht in einen Schmollwinkel zurückziehen: "Wenn gewünscht, stehen wir beratend zur Seite." KommentarMeinung

Karneval im WandelKann sich noch jemand an die KG Moselland oder die Ehrengarde erinnern? Beides Vereine, die mit großen Ambitionen angetreten waren, um im Trierer Karneval mitzumischen - und dann sang- und klanglos und auf Nimmerwiedersehen in der Versenkung zu verschwinden. Dieses Schicksal haben die Roten Funken abwenden können. Fürs Erste. Das Geschäft mit dem organisierten Frohsinn ist härter geworden, und die guten alten Zeiten sind vorbei. Das liegt an steigenden Kosten und einem fröhlich wuchernden Bürokratismus bei gleichzeitig sinkender Bereitschaft, als Ehrenamtlicher Selbstausbeutung zu betreiben. Es liegt aber auch an der veränderten Erwartungshaltung des Publikums, das zunehmend auf Show und Spektakel steht und weniger auf gute Büttenreden. Bezeichnenderweise ist die mit Abstand zugkräftigste Veranstaltung der KG Trier-Süd 1923 der jährliche Oktoberfest-Abend. Selbst auf Triers ältesten, größten und bestorganisierten Karnevalsverein kommen Probleme zu. Wenn Ende 2018 die Betriebs-Gnadenfrist für die Europahalle abläuft, steht die 1848 gegründete KG Heuschreck nach jetzigem Stand ohne Veranstaltungsstätte da. Gar nicht lustig. r.morgen@volksfreund.deExtra: VORSTAND UND TERMINE DER ROTEN FUNKEN

Präsident Sven Gaab, Vizepräsidentin Alexandra Thielen, Geschäftsführer Stefan Winkelnkämper, Schatzmeisterin Katja Jonas, Schriftführer Rosi Thielen. Erweiterter Vorstand: 2. Schatzmeister Dominik Thieltges, Sitzungspräsident Sven Gaab, stellvertretender Sitzungspräsident Hans Josef Apel, Jugendwartin Nina Bruder, Organisationsleiterin Evelyn Hartmann; Beisitzer: Christoph Mattes, Michael "Harry" Hartmann, Manfred Jaworek, Stella Hernandez-Rivero. Die Veranstaltungstermine in der Session 2018: Galasitzungen am 3. und 10. Februar (jeweils Samstag, 20.11 Uhr), Kindersitzung am Sonntag, 4. Februar, 14.11 Uhr, Heringsessen am Aschermittwoch, 14. Februar, 19 Uhr. Alle Veranstaltungen findet in der Berufsschul-Aula (Langstraße 2) statt.

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