Ohne Bühnenbild läuft an Fastnacht garnichts - An Aschermittwoch wird's einfach übermalt (Video)

Trier · Die ersten Karnevalssitzungen sind bereits angelaufen. In und um Trier sind überall die Narren unterwegs. Aber was wäre eine Kappensitzung ohne ein zum Motto passendes, am besten handgefertigtes Bühnenbild?

 Petrus schließt den Himmel auf, und es regnet Kamelle. Elisabeth Kretzschmar legt noch einmal letzte Hand an ihr Bühnenbild an. TV- Foto: Joscha Wölbert

Petrus schließt den Himmel auf, und es regnet Kamelle. Elisabeth Kretzschmar legt noch einmal letzte Hand an ihr Bühnenbild an. TV- Foto: Joscha Wölbert

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Der Höhepunkt der fünften Jahreszeit steht bevor: Überall veranstalten Karnevalsvereine Sitzungen und Umzüge.
Für den Besucher und Zuschauer ist es eine Selbstverständlichkeit, dass prächtig dekorierte Wagen, aufwendige Kostüme und prunkvolle Sitzungen ihnen für ein paar Tage den Alltag auf närrische Art versüßen. Wer nicht selbst bei den Veranstaltungen mitwirkt, kann kaum wissen, welche Organisation und Vorbereitung zuvor im Hintergrund ablaufen müssen. Die Vereine planen und bauen teilweise schon seit Monaten an ihren Umzugswagen und Kostümen. Nicht viel anders, aber noch unbekannter ist die Arbeit der Bühnenbildner der Fastnachtssitzungen.

Der TV hat sich umgehört, wie die verschiedenen Vereine es mit ihren Bühnenhintergründen halten, und mit einer Künstlerin gesprochen:
Der Besucher muss sich vorsichtig durch die Tür des Ateliers von Elisabeth Kretzschmar in Trier-Filsch bewegen, denn diese öffnet kurz vor Karneval nur einen Spalt breit. Im Inneren versperrt eine riesige Holzwand den Weg. Mit drei mal sechs Metern nimmt diese die gesamte Wandseite des Raumes ein. Von der anderen Seite eröffnet sich dem Besucher der Blick auf das fast fertige Bühnenbild für den Wieweler Verein KG "M'r wieweln noch" en Zalawen. Das Motto in diesem Jahr lautet Wieweler Wetterkapriolen, und dazu hat sich Elisabeth Kretzschmar wie jedes Jahr etwas Individuelles einfallen lassen. Auf dem Bühnenbild sind allerlei Wetter-Phänomene und Klimaschwankungen vorhanden, die die berühmtesten Trierer Denkmäler und Persönlichkeiten umwirbeln. In jedes kleine Motiv hat die 69-Jährige eine ganz besondere Symbolik gesteckt: "Während Petrus den Himmel aufschließt, hagelt es für Karl Marx Kritik, und auf der Römerbrücke wird geblitzt." Dabei hat sie für die Blitze und rund um die Trierer Wahrzeichen eine grelle reflektierende Acrylfarbe benutzt. Denn das spätere Gesamtbild ist wichtig, erzählt sie.

Mit dem richtigen Licht, der Dekoration und einer bespielten Bühne entfaltet das Kunstwerk erst seinen ganzen Zauber. Aus diesem Grund ist es der freischaffenden Künstlerin auch sehr wichtig, an Ort und Stelle später noch einmal letzte Hand an das Bühnenbild anzulegen, um die Wirkung ihres Werkes zu kontrollieren. Denn in dem Bühnenbild steckt fast ein Monat Arbeit, sogar Nachtschichten können vorkommen. Sobald das Motto des Jahres bekanntgegeben wird, fängt für sie die Ideenfindungsphase und der Malprozess an. Für die Grundierung benutzt sie Abdeckfarbe, während die filigranen Malereien mit der besseren Acrylfarbe entstehen. Ihr Engagement und sogar die Farben steuert sie komplett ehrenamtlich bei. Dafür wird sie lediglich vom Vereinsbeitrag befreit und muss sich in ihre Arbeit nicht reinreden lassen. Für sie ist das jedoch kein Problem: "Ich stamme ursprünglich aus Köln, da wird einem das in die Wiege gelegt. Schon in den 1950er Jahren hieß es: ,Weihnachtssachen in den Keller und Pappnase her!'", erinnert sie sich.
Schon seit sieben Jahren steuert Elisabeth Kretzschmar das Bühnenbild für die Sitzungen der Wieweler bei. "Die Wieweler sind verwöhnt, vor mir hatten sie einen Theatermaler, der auch schon damals alles selbst gemacht hat." Sie kann damit leben, dass ihr Bühnenbild meist nach Aschermittwoch einfach überstrichen wird: "Es ist wie mit einem Bild, das ich verkaufe. Es hat Spaß gemacht, es zu bearbeiten."

Bei der Karnevalsgesellschaft Heuschreck erreicht der TV Johannes Kaschenbach, der von den Vorbereitungen der Sitzungen in der Europahalle berichtet. Selbstverständlich ist auch dort das Bühnenbild themengebunden. In diesem Jahr lautet es "Heuschreck lässt die Alpen glühen". Auch wenn die Anfertigung des Bildes in Auftrag gegeben wird, hat Johannes Kaschenbach alles selbst entworfen und genaustens geplant. Zu sehen sein wird eine Almhütte, durch deren Fenster der Sitzungsbesucher in ein Alpenpanorama blickt. Auch hier wird mit der Beleuchtung gearbeitet, und das Gesamtbild im Zusammenspiel mit der Technik und dem Licht ist entscheidend. So soll es beispielsweise möglich sein, den Sonnenauf- und untergang darzustellen. Nach der Saison wird auch hier das Bühnenbild nicht mehr benötigt, und es werden nur kleinere Requisiten aufgehoben, berichtet Johannes Kaschenbach: "Es wäre schön, wenn andere Vereine es gebrauchen könnten, aber es ist meist zu groß. Das ist eben der Lauf der Dinge." Als Anerkennung seiner Arbeit reicht ihm auch schon ein Schulterklopfen: "Der Zuschauer honoriert das Gesamtbild, das Bühnenbild steht niemals alleine da."

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