Grüne bauen nach Wahlsieg ihren Einfluss weiter aus

Bitburg · Mit einem satten Plus gehen die Grünen aus der Kommunalwahl hervor. Sie haben von allen Fraktionen des Stadtrats am meisten zugelegt und liegen nun gleichauf mit FBL und Liste Streit, die zwei Sitze eingebüßt hat. Die CDU bleibt mit acht Mandaten stärkste Fraktion und damit auch auf gleichem Niveau wie seit 2009.

Gebannter Blick auf die Leinwand. Wie werden die Kräfteverhältnisse im Bitburger Stadtrat zukünftig verteilt? Im Rathaus wurde am Sonntagabend der lokale Polit-Krimi live auf Großleinwand übertragen. Vertreter aller Ratsfraktionen hatten sich rund um die lange Tafel im Kaminzimmer eingefunden, um die Auszählung des Wahlergebnisses gemeinsam zu verfolgen.

Die Stimmung ist gespannt. Des einen Freud\' ist des anderen Leid. Obwohl nach Angaben von Stadtpressesprecher Werner Krämer "etliche, nicht näher zu beziffernde" Kisten Bier getrunken wurden, war von Feierlaune keine Spur. Es gibt eigentlich nur einen Wahlsieger: die Grünen. Das zeichnet sich bereits gegen 23 Uhr ab - gut eineinhalb Stunden bevor Bürgermeister Joachim Kandels das vorläufige Wahlergebnis verkündet. Die Grünen haben zwei Sitze erobert und halten nun fünf Mandate. Die übrigen Fraktionen erklären sich das gute Abschneiden der einst als Außenseiter im Bitburger Rat gestarteten Grünen damit, dass die Partei in ihrem Wahlkampf den Protest gegen den Innenstadtring genutzt hat und auf ihren Plakaten die Abschaffung gefordert hat. Zugelegt, wenn auch nicht so viel wie die Grünen, hat auch die SPD. Die Genossen haben einen Sitz dazu gewonnen und halten nun vier Mandate. "Das war für uns die Pflicht, fünf wären die Kür gewesen", sagt tags darauf ein zufriedener Fraktions-Chef Stephan Garçon.

Während fünf Sitze für die SPD die Kür gewesen wären, sind sie für die Liste Streit ein herber Schlag. Die Freien, die zuletzt durch den Wechsel von Peter Kockelmann von der SPD in ihre Reihen acht Mandate gleichauf mit der CDU gehalten haben, wirken niedergeschlagen. "Das ist enttäuschend", sagt Rudolf Rinnen, der von seiner Liste das mit Abstand beste Ergebnis erzielt hat und mit 2007 Personenstimmen sogar vor CDU-Mann Michael Ringelstein liegt, der zuletzt Erster Beigeordneter war.

Apropos Beigeordneten-Wahl: Dazu möchte sich vor der konstituierenden Sitzung am 26. Juni keiner äußern. Als sicher darf gelten, dass die CDU als stärkste Fraktion auf jeden Fall den Anspruch erheben wird, einen der Prestigeposten zu besetzen.

Die Christdemokraten halten wie zuvor weiter acht Sitze - keine Gewinne, keine Einbußen. Ähnlich sieht es bei der Freien Bürgerliste (FBL) aus, die mit fünf Mandaten auf dem Stand von 2009 bleibt. Erstaunlich bei der CDU ist, dass sie trotz des deutlichen Kurses, den die Fraktion beim Innenstadtring gefahren ist, nicht abgestraft wurde. Die CDU war immer dafür, zumindest die einjährige Testphase durchzustehen. Das zeigt: Allein der Ring kann also nicht ausschlaggebend für das Votum der Bürger gewesen sein.

Dass die Liste Streit so Federn gelassen hat, erklären sich die meisten der anderen Fraktionen damit, dass das Zugpferd Joachim Streit gefehlt hat - nachdem der amtierende Landrat ja seine Kandidatur um ein Stadtratsmandat zurückgezogen hatte. Die FDP, die auf ein Mandat schrumpft, gehört ebenfalls zu den Verlierern. Marie-Luise Niewodniczanska, die die Liberalen fortan allein im Rat vertreten wird, sagt: "Die Stahler haben uns wegen unserer Kritik am Dorfgemeinschaftshaus abgestraft. Und ja, wir waren nicht sofort gegen den Ring."

Bürgermeister Joachim Kandels hätte sich eine höhere Wahlbeteiligung gewünscht. Die war mit knapp 48 Prozent eher niedrig. Kandels: "Wir sollten doch froh sein, in einer Demokratie zu leben und wählen zu dürfen."

Die Köpfe im Stadtrat Bitburg:

CDU (acht Sitze): Michael Ludwig (2523 Personenstimmen), Karin Bujara-Becker (2117), Ingolf Bermes (1956), Michael Ringelstein (1821), Jürgen Weiler (1761), Eric Schlösser (1646), Thomas Mutsch (1616), Michael Schmitz (1608);
Liste Streit (fünf Sitze): Rudolf Rinnen (2007), Willi Notte (1459), Peter Kockelmann (1171), Winfried Pütz (1151), Winfried Kessler (1125);
Freie Bürgerliste (FBL, fünf Sitze): Agnes Hackenberger (1740), Inge Solchenbach (1709), Manfred Böttel (1262), Hermann-Josef Fuchs (1160), Hermann Josef Jutz (1124);
Grüne (fünf Sitze): Peter Berger (2352), Waltraut Berger (2274), Johannes Roß-Klein (1791), Bernd May (1132), Heinrich Paul Bies (954);
SPD (vier Sitze): Stephan Garçon (1119), Irene Weber (980), Sigrid Steffen (978), Thomas Barkhausen (975);
FPD (ein Sitz): Marie-Luise Niewodniczanska (1163 Personenstimmen).
Meinung

Wer wird Bitburgs Beigeordneter?
Erstmals gibt es im Bitburger Stadtrat mit Liste Streit, FBL und Grünen drei exakt gleichstarke Fraktionen, die je fünf Mandate halten. Hinzu kommt dicht auf die SPD mit vier Sitzen. Zwar bleibt die CDU mit acht Sitzen stärkste Fraktion, kann aber alleine nicht regieren. Es müssen Koalitionen gebildet werden. Dabei wird es spannend, wer sich je nach Sach- und Themenlage auf welche Seite schlägt. Überzeugen lässt sich nur mit Argumenten. Die Zeiten, in denen eine Partei allein die Richtung diktieren konnte, sind ein für alle Mal vorbei. Erste Nagelprobe im neuen Kraftgefüge wird die Beigeordnetenwahl. Bei der Besetzung dieses Prestigepostens wird sich zeigen, wer mit wem will und kann. Ob Konversion des riesigen Kasernengeländes oder die Konsolidierung des Haushalts: Vor dem neuen Rat liegen viele Herausforderungen. Der Innenstadtring ist nur ein Thema - wenn auch wohl das, an dem sich die Gemüter gleich nach der Sommerpause wohl als erstes erhitzen werden. d.schommer@volksfreund.de

Das sagen die Sprecher der Fraktionen zu den neuen Machtverhältnissen.

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