Johannes Verbeek: Der Willensstarke

Trier · Die Listenführer bei der Kommunalwahl spielen als designierte Fraktionsvorsitzende eine wichtige Rolle bei der Arbeit des künftigen Stadtrats. Wir stellen die Spitzenkandidaten als Politiker und als Privatperson vor.

Das, was Johannes Verbeek zur Kommunalpolitik gebracht hat, rauscht direkt an seiner Haustür vorbei. Vor zehn Jahren zog der Lehrer mit Frau und zwei Söhnen in das Haus an der Avelsbacher Straße. Seitdem ist der Verkehr - durch die Landesgartenschau und die auch sonst blühende Entwicklung des Petrisbergs - auf der mitten durch den Kürenzer Ortskern führenden Straße immer stärker geworden. Und damit auch der Lärm.

Als Mitbegründer einer Bürgerinitiative kämpfte Verbeek für eine Umgehungsstraße, aus der BI wurden Sitze im Ortsbeirat. 2007 trat er der Partei "Die Linke" bei. Politisch sei er aber schon vorher gewesen. "Ich hatte immer ein außerparlamentarisches Bewusstsein", sagt der Mann mit der Nickelbrille und dem weit über schulterlangem Haar. Aber vom griechischen Philosophen Platon stamme schließlich die Weisheit, dass man ab 50 Jahren erst ausreichend Lebenserfahrung für ein politisches Amt habe. Ein kleines Augenzwinkern schiebt der 52-Jährige zwar hinterher, doch die Philosophie ist durchaus reale Grundlage seiner Politik: "Die Ideen der Linken basieren auf philosophischen Modellen der Gerechtigkeit", pariert er den Vorwurf, seine Partei propagiere realitätsferne Utopien. Dass die kommunalpolitischen Ziele der Trierer Linken nicht finanzierbar seien, lässt der Doktor der Philosophie ebenfalls nicht gelten.

"DDR war ganz klar ein Unrechtssystem"



Denn auch die anderen Parteien forderten für ihre Wahlinhalte mehr Geld für die Kommunen. "Aber im Landes- und Bundestag stimmen sie dann gegen Maßnahmen, die das möglich machen würden, wie zum Beispiel eine Reichensteuer", erregt sich Verbeek. "Mit dieser Doppelzüngigkeit erweisen die sich doch als Ideologen, nicht wir!" Mit vier bis sechs "linken" Sitzen im nächsten Trierer Stadtrat rechnet der Lehrer für Philosophie und Religion am Max-Planck-Gymnasium. Zwar seien die Wahlkampftouren durch die Stadtteile bislang spärlich besucht gewesen. In Heiligkreuz und Kürenz hätten Kneipiers ihnen gar ihre Gaststätten nicht für die Bürgergespräche zur Verfügung gestellt. "Aber der Zuspruch bei den Bürgern ist da, wir leben schließlich auch vom Protest der Wähler gegen die anderen Parteien."

Im Trierer Stadtrat wird die Linke einen langen Atem brauchen, haben die anderen Fraktionen doch schon ihr Misstrauen und ihre Ablehnung offen deutlich gemacht. "Aber wenn ich was erreichen will, habe ich Ausdauer", sagt Verbeek. Die hat er im Leben schon oft gebraucht: Erst Hauptschulabschluss im heimischen Straelen am Niederrhein, dann Elektriker-Lehre und sieben Jahre Arbeit auf dem Bau, nebenbei in der Abendschule das Abitur nachgeholt, 1982 zum Studium nach Trier gekommen, parallel zur Arbeit als Deutschlehrer für Ausländer die Promotion vorangetrieben, Referendariat und schließlich Lehrer am Gymnasium: Das ist ohne Ausdauer und starken Willen wohl kaum zu schaffen.

Die zweite Hälfte seines Studiums hätte der gläubige Christ gerne in der DDR absolviert, aus Interesse für die Philosophie Karl Marx' ,und "weil ich gerne gewusst hätte, ob das alles so stimmt, was man uns über den Osten erzählte." Richtig findet Verbeek zwar, wenn Dinge wie Busse, Bahn, Energieversorgung und sozialer Wohnungsbau in Hand des Staates sind - so, wie es in dem sozialistischen Staat war. "Aber die DDR war ganz klar ein Unrechtssystem, das niemand zurückhaben will", betont er. Die Perfidität der SED hatte er schließlich im eigenen Freundeskreis zu spüren bekommen: Die Partei hatte Spitzel eingeschleust in den katholischen Studentenzirkel, mit dem Verbeek über die Trierer Katholische Hochschulgemeinde Kontakt hatte. "Einer meiner Freunde aus der DDR hatte ein Referat über die Freiheits-Ideen in Schillers Dramen gehalten - wurde von einem Kommilitonen verraten und kam dafür zwei Jahre in den Knast."
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