Arbeit „Faires Arbeiten ist Menschenrecht“

Christian Z. Schmitz (IG Metall) hält Marx’ Plädoyer für die Freiheit des Menschen hoch.

Karl Marx und das Unternehmertum: Für den Philosophen waren Kapitalismus und Marktwirtschaft eins, war industrielle Produktion gleich mit Ausbeutung verbunden. Welche richtigen Fragen hat Marx zur richtigen Zeit gestellt, und welche Auswirkungen hat dies bis heute?

CHRISTIAN SCHMITZ Erst mal würde ich bestreiten, dass für Karl Marx Kapitalismus und Marktwirtschaft „eins waren“. Die Marktwirtschaft ist Jahrhunderte länger auf der Welt. Marx beschreibt auch das Werden des Kapitalismus sehr genau, obwohl dies zu seiner Zeit am Anfang stand. Insofern finde ich, ist diese Unterscheidung auch eine wichtige strategische Erkenntnis für die Gewerkschaften und die politische Linke, wenn es darum geht, den Kapitalismus zu humanisieren oder zu überwinden. Marx hat die abstrakten Grundbedingungen und Wirkungsweisen des Kapitalismus erkannt und die Politische Ökonomie auf andere Beine gestellt. Zwei Bestandteile seiner ökonomischen Theorie sind weiter aktuell: die Mehrwerttheorie und die Zentralisation des Kapitals. Mit anderen Worten: Was ist die Quelle des Reichtums, und wie gestaltet sich der Kapitalismus weltweit, was wir Globalisierung nennen.

Wo haben Marx’ Thesen versagt?  

SCHMITZ Auch wenn einige Bestandteile seiner Arbeitswertlehre noch Bedeutung haben, lag er damit weit neben der Relativität von Marktentwicklungen. Zweitens finde ich bedauerlich, dass seine Arbeiten zur Staatstheorie so fragmentarisch blieben und sich alle Ihres rauslesen konnten. Es stellt sich weniger die Frage, was sich nie umsetzen ließ, als vielmehr, was noch nie in die Realität umgesetzt worden ist, nämlich sein unumstößliches Begehren nach Freiheit.

Im Zusammenhang mit Marx steht der Wert der Arbeit. Welchen Stellenwert haben Arbeit und mit ihr Arbeitnehmer heute?

SCHMITZ Ausgangspunkt von Marx‘ Arbeiten war die Freiheit des Menschen, die Aufhebung jeglicher Entfremdung, jeglicher Umstände, die den Menschen zu einem unterdrückten Wesen machen. Geplante und sinnvolle Arbeit definiert uns als Mensch. Faire Arbeitsbedingungen sind deswegen Menschenrecht. Auf der anderen Seite kann mit Marx‘ Mehrwerttheorie begründet werden, dass allein die Arbeit – und nicht das Kapital – Quelle der Wertschöpfung ist. Mit anderen Worten entscheiden die Arbeitnehmer, wenn sie sich als alleinige Produzenten des Reichtums erkennen, selbst, unter welchen Arbeitsbedingungen sie arbeiten wollen. Ob in Betrieb, Branche oder Gesellschaft: Wenn die Menschen sich aufmachen, sind sie ihr eigener Herr und können ihr Schicksal selbst bestimmen. Wir als Gewerkschaften haben die Aufgabe, diese Erkenntnis wachzuhalten und mit Leben zu erfüllen.

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