Samstag Demos, Ausstellungen, Statue: Karl Marx versetzt Trier in den Ausnahmezustand

Trier · Der Philosoph wird 200, und die Polizei rechnet für Samstag mit Tausenden Demonstranten.

Karl Marx versetzt Trier in den Ausnahmezustand
Foto: Friedemann Vetter

Der 200. Geburtstag von Karl Marx wird Trier am 5. Mai in den Ausnahmezustand versetzen – und die Welt schaut zu. Denn die Geburtsstadt des Philosophen erwartet jede Menge internationale Presse und Prominenz, hochrangige Politiker und Hunderte, vielleicht sogar Tausende Demonstranten. Für die Polizei ist  all das eine Herausforderung. Hunderte Beamte werden im Einsatz sein, die zum Teil aus anderen Bundesländern nach Trier kommen. In Uniform, aber laut Präsidium auch in Zivil. Ein besonderes Risiko für Bürger gebe es nicht.  Einziger Hinweis: Schaulustige sollten keine größeren Taschen mit ins Gedränge nehmen.

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, wird am heutigen Freitag zur Eröffnung der Landesausstellung in der Konstantinbasilika vor 1500 geladenen Gästen sprechen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist im Dauereinsatz. „Karl Marx ist in Trier geboren und in der ganzen Welt bekannt.“ Es sei richtig und wichtig, sich mit seinem Leben, Werk und Wirken kritisch auseinanderzusetzen, sagte Dreyer am Donnerstag im Rheinischen Landesmuseum, nachdem mehr als 100 Journalisten sich einen Eindruck von den Ausstellungen machen konnten, die bis Oktober Hunderttausende Menschen an die Mosel locken sollen. Vier Häuser befassen sich auf sehr unterschiedliche Weise mit Marx, seinem Werk, seiner Zeit, seiner Wirkung bis heute sowie dem Thema Arbeit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist Schirmherr der Schau. „Wir wären schlecht beraten, denen das Feld der Deutung zu überlassen, die Marx ideologisch vereinnahmen oder absichtsvoll missverstehen“, sagt er. Das sei in der Geschichte schon zu oft passiert.

Das Festprogramm startet am 5. Mai um 9.30 Uhr am Geburtshaus des Philosophen, das nach umfangreichen Umbauten mit einer neuen Dauerausstellung öffnet: Moderator Günther Jauch verliest die Geburtsurkunde, die sein Urahne Emmerich Grach, der damals Vize-Bürgermeister der Stadt war, 1818 unterzeichnete. Schauspieler Mario Adorf, der Marx jüngst in einem Doku-Drama verkörperte, rezitiert Marx-Gedichte. SPD-Chefin Andrea Nahles spricht ebenso wie Kurt Beck, Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, und eine Ururenkelin von Karl Marx. Wenig später wird das umstrittene chinesische Geschenk – die riesige Statue des großen Trierers – enthüllt. Ein Festakt, zu dem hochrangige chinesische Gäste anreisen: der Botschafter aus Berlin, ein Vize-Minister und Künstler Wu Weishan, der das monumentale Werk schuf. Die Stadt rechnet damit, dass 1000 neugierige Bürger das Spektakel verfolgen.

Zu alledem versammelt sich die SPD-Bundesspitze am 5. Mai mit 500 geladenen Gästen im Trierer Theater – in Erinnerung an Willy Brandt, der zu Marx’ 150. Geburtstag in Trier sprach. Und um 18 Uhr hält Gregor Gysi einen Vortrag an der Universität Trier.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer freut sich auf das Karl-Marx-Jahr, das ihre Heimatstadt Trier in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit rückt.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer freut sich auf das Karl-Marx-Jahr, das ihre Heimatstadt Trier in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit rückt.

Foto: Friedemann Vetter
 Eine moderne Marx-Skulptur im Karl-Marx-Haus in Trier. In vier Museen laufen Ausstellungen.

Eine moderne Marx-Skulptur im Karl-Marx-Haus in Trier. In vier Museen laufen Ausstellungen.

Foto: Friedemann Vetter

Neben Partys am Simeonstiftplatz, am Kornmarkt und im Karl-Marx-Viertel sind Proteste angekündigt. Während die einen feiern, wollen andere an Millionen Tote erinnern. So ruft der Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft auf, bei der Statuen-Enthüllung lautstark zu protestieren. Die AfD, auf deren Einladung der frühere tschechische Staatspräsident Vaclav Klaus am Freitag im Best Western Hotel an einer Diskussion teilnimmt, plant einen Schweigemarsch. Das Multikulturelle Zentrum organisiert Gegendemos. Anhänger der in China verfolgten spirituellen Bewegung Falun Gong halten Mahnwachen. Zudem marschiert ein Marx-Bündnis. Für die Demos von AfD, Falun Gong und Marx-Bündnis rechnet die Polizei mit je drei- bis vierstelligen Teilnehmerzahlen. Auch im Kindermagazin Lucky, das dem TV heute beiliegt, dreht sich alles um Karl Marx.

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