Kommentar: Mappus steht für Machtverlust

Trier · Das Ergebnis kommt nicht unerwartet. Das einst so konservative Ländle wird mit Winfried Kretschmann voraussichtlich den ersten grünen Ministerpräsidenten bundesweit stellen.

Ein tiefer Sturz nicht nur für Amtsinhaber Stefan Mappus, sondern auch für die schwarz-gelbe Bundesregierung, allen voran Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle. Noch vor kurzem hatte Merkel die gestrige Wahl als Abstimmung über das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 bezeichnet. Dann kam die Reaktor-Katastrophe in Japan und damit der Notstopp alter deutscher Meiler. Der Salto rückwärts nach der eben erst beschlossenen Laufzeitverlängerung hat die Bürger in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht überzeugt. Sowohl die Energiepolitik der Bundesregierung als auch der Stuttgarter Bahnhof wurden abgewählt. Die Grünen sind die Partei der Stunde. Ob die beiden Wahlen das Ende des Spitzenduos Merkel/Westerwelle einläuten, ist allerdings fraglich.

Zu Merkel gibt es in Unionskreisen weit und breit keine Alternative, hat sie doch systematisch alle infrage kommenden innerparteilichen Konkurrenten weggebissen. Mit Mappus ist ja auch ein idealer Sündenbock gefunden. Und Westerwelle, der so beharrlich an seiner Doppelfunktion Außenminister und Parteivorsitzender festhält, könnte gleich zwei ,,Bauern" opfern: Den indiskreten Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der erst vor wenigen Tagen die überraschende Wende der Regierung in der Atom-Debatte mit wahltaktischen Manövern begründet und damit Merkel in große Nöte gebracht hatte. Jetzt hat Brüderles Landes-FDP auch noch den Einzug in den rheinland-pfälzischen Landtag verpasst. Auch die Fraktionschefin der Bundes-FDP, Birgit Homburger, steht schon länger parteiintern unter Beschuss.

Mit dem Namen Stefan Mappus wird immer der Machtverlust für die CDU im Ländle verbunden sein. Einer CDU, die 57 Jahre unangefochten regiert hat. Ein solcher Politiker ist nicht mehr zu halten. Auch nicht als Oppositionsführer. Dabei ging im Februar 2010 ein Aufatmen durch die Reihen der CDU. Die Bundeskanzlerin hatte den einstigen Ministerpräsidenten Günther Oettinger als Kommissar nach Brüssel weggelobt, weil er so gar nicht dem Bild eines konservativen Landesvaters entsprach. Ihm sollte einer folgen mit Bulldozerqualitäten, ohne Wählervotum inthronisiert, einer, der sich schon lange für den geborenen Ministerpräsidenten hielt. Letztlich zu Fall gebracht hat Mappus sein Mangel an Sensibilität. Der einstige Merkelkritiker hatte die Bundeskanzlerin nicht nur bei Stuttgart 21 auf seiner Seite. Dem eingefleischten Kernkraftbefürworter kam die Entscheidung der Bundesregierung für eine Laufzeitverlängerung von Atommeilern sehr entgegen. Hatte er doch gerade für Baden-Württemberg die milliardenschwere Übernahme des Energiekonzerns EnBW durchgezogen. Mappus erkannte zu spät, welche Dimension die Atomkatastrophe in Fukushima erreichen und welche Auswirkungen sie auf die Stimmung im eigenen Land haben würde.

Das plötzliche öffentliche Erschrecken über die Risiken der Atomkraft hat ihm niemand mehr abgenommen. Mit seinem Comeback dürfte nicht mehr zu rechnen sein.

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