Mit Hannah im Auto statt mit Kaster im Zug

Ganz knapp haben die 9,4 Prozent, die die Linke bei der Bundestagswahl auf Landesebene errungen hat, gereicht für einen Platz der Triererin Kathrin Werner im Bundestag. Am Freitag hat die Hausfrau und Mutter ihren ersten Termin in Berlin.

Trier. (woc) "Es ist amtlich", stand in der SMS, die der Linke Landesvorsitzende Alexander Ulrich am Montagmorgen Kathrin Werner aufs Handy schickte. "Und da habe ich es auch erst geglaubt", sagt Werner. Am Wahlabend hatte ein Wechselspiel zwischen "Drin" und "Nicht-Drin" bei der 36-Jährigen für Adrenalin-Schübe gesorgt. Die erste Hochrechnung auf Landesebene deutete darauf hin, dass es für ihren Einzug in den Bundestag vom Landeslistenplatz drei ausreichen würde. Gegen 21 Uhr erteilte der Landeswahlleiter der Hoffnung eine Absage. "Und um 23 Uhr kamen dann wieder Glückwünsche aus Mainz - allerdings lag auch da noch kein amtliches Ergebnis vor", erzählt die Kreisvorsitzende der Linken.

Dass ein Platz im Bundestag einen organisatorischen Kraftakt wäre, war ihr vor der Wahl klar. Was es aber tatsächlich heißt, als Mutter einer Zweijährigen mit Haus in Kürenz und einem Platz im Stadtrat ab nächster Woche regelmäßig im Berliner Bundestag zu sitzen, wird der 36-Jährigen wohl erst jetzt bewusst. Noch in dieser Woche geht es in die Hauptstadt. "Am Freitag ist die erste Fraktionsbesprechung, ein paar Tage später ein Info-Tag für die frischgebackenen Bundestagsmitglieder", zählt Werner die neuen Termine im Familienkalender auf. Denn Tochter Hannah wird zumindest diesmal mit nach Berlin fahren. Und weil für die Zweijährige so viel Gepäck nötig ist, geht's per Auto auf die lange Reise und nicht per "Kaster-Transport", dem ICE zwischen Trier und Berlin, den der Pfalzeler CDU-Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster gerne nutzt. "Gott sei Dank hat meine Schwester, die bei Berlin wohnt, noch Urlaub", sagt Werner. Denn einen Krippenplatz für die Zweijährige hat die Kürenzerin, deren Freund als Ingenieur in Luxemburg arbeitet, noch nicht. Dafür war am Montagmorgen aber schon Post im Briefkasten: eine Bewerbung um Mitarbeit in ihrem künftigen Berliner Büro. "Und Mails mit Bewerbungen für das Wahlkreisbüro, das ich in Trier einrichten werde, sind auch schon eingegangen", berichtet die Kreisvorsitzende, die ihren Platz im Stadtrat zumindest vorerst behalten möchte. Eine Aufgabe kann Werner dafür aus ihrem Terminkalender streichen: Nach zweijähriger Baby-Pause wollte sich die gelernte Verkäuferin im Einzelhandel demnächst auf die Suche nach einer Teilzeitstelle machen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort