Nur einmal stand die Mehrheit links

Bei der Kommunalwahl am 7. Juni wird der 15. Trierer Stadtrat seit dem Zweiten Weltkrieg gewählt. Ein Blick auf die Historie seit 1946 bringt spannende Erkenntnisse über das politische Auf und Ab in der Stadt.

Trier. Am Anfang war es eine klare Sache in der katholischen Moselhauptstadt: Die beiden ersten Wahlgänge 1946 und 1948 brachten absolute Mehrheiten für die CDU - in der Tradition des christlichen Vorkriegs-"Zentrums". Logischerweise wurde mit Heinrich Raskin denn auch ein CDU'ler 1949 zum ersten "echten" Oberbürgermeister gewählt - er amtierte 14 Jahre.

Freilich verfehlte seine Partei in den 1950ern zwei Mal die Mehrheit der Sitze - zunächst dank einer erstarkenden FDP, die 1952 mit 17,5 Prozent das beste Trierer Ergebnis aller Zeiten einfuhr, dann dank einer SPD, die 1956 erstmals mehr als ein Drittel der Wähler hinter sich bringen konnte.

Weil aber in den Zeiten des "Wunders von Bern" eine Zusammenarbeit zwischen Sozis und Liberalen schlicht undenkbar war, blieb die CDU dominante Größe. Taktisch klug holte man die Sozialdemokraten mit ins Boot, indem man sie in den Stadtvorstand einband: Zunächst 1957 mit Hans König, 1958 mit Alfons Kraft und später mit Walter Blankenburg. Das Modell "Teile und herrsche!" sollte fast vier Jahrzehnte funktionieren. Die SPD musste, wollte sie ihre Dezernenten nicht im Regen stehen lassen, die wichtigen Beschlüsse der Stadtpolitik und vor allem die jährlichen Haushalte mittragen. An oppositionelle Exzesse war nicht zu denken.

CDU-interne Hahnenkämpfe bei der OB-Kandidatenkür



Wenn, dann machte sich die in den 60er und 70er Jahren übermächtige CDU ihre Konkurrenz eigenhändig. Bei den OB-Wahlen 1964 und 1976 konnten sich die Kandidaten Josef Harnisch und Carl-Ludwig Wagner nur knapp gegen mächtige Widersacher aus den eigenen Reihen durchsetzen - es war die hohe Zeit der Heckenschützen.

Unterm Strich waren die politischen Verhältnisse dennoch stabil - mit einer Ausnahme: 1969, im Gefolge der schmerzhaften Eingemeindungsprozesse, gingen stolze 15 Prozent der Stimmen an freie Listen aus den Stadtteilen. Aber es sollte ein Strohfeuer bleiben, fünf Jahre später waren sie verschwunden.

Die SPD, in den 70ern auf Berg- und Talbahnfahrt entlang der Bundespolitik, erhielt 1984 die Quittung für jahrelange Profilarmut: Die Grünen zogen in den Rat ein, an der Spitze ein junger Buchhändler namens Richard Leuckefeld. Die dreiköpfige Fraktion wurde von den etablierten Kollegen empfangen wie Aliens - bisweilen benahmen sie sich aber auch so.

Doch den Wählern gefiel die freche Truppe, und schon beim zweiten Antreten 1989 wurden die Grünen zweistellig. Weil parallel die SPD zur schwächelnden CDU aufschloss und die FDP nach zeitweiligem Dasein als außerparlamentarische Opposition froh war, überhaupt die fünf Prozent zu packen, gab es zum ersten und einzigen Mal in der Trierer Stadtgeschichte eine "linke Mehrheit".

Die neue Mehrheit demontiert sich selbst



Doch statt eine neue Zeitrechnung einzuläuten, zerstritt sich die SPD so heillos über den Anspruch ihres Fraktionsvorsitzenden Manfred Maximini, Kulturdezernent zu werden, dass die Partei auseinanderbrach. Die Mehrheit der Genossen traute ihrem Vormann den Job nicht zu, woraufhin Maximini kurzerhand seinen eigenen Verein gründete - die UBM. CDU-Cheftaktiker Christoph Böhr gab den Sozialdemokraten den Rest, indem er seine Fraktion so postierte, dass die innere Zerstrittenheit der SPD mehrere hochkarätige Sozis ihre Bewerbung für den Dezernentenjob entnervt hinwerfen ließ.

Die SPD blamierte sich bis auf die Knochen, die Konsequenz folgte: 1994 fuhr die neue Bürgervertretung sensationelle 17 Prozent ein, die SPD schrumpfte von 42 auf 30, die FDP flog wieder mal raus. Und selbst die CDU zollte den Neulingen mit mageren 38 Prozent Tribut.

Der SPD die Lizenz zum Mitregieren entzogen



Es war das Ende der "großen Koalition": Die CDU entzog den Sozialdemokraten die Lizenz zum Mitregieren und ersetzte deren Dezernenten Grabbe und Dietze mit Hilfe der UBM durch die eigenen Kräfte Holkenbrink und Kaes-Torchiani. Die neue Mehrheit, spöttisch "CDUBM" genannt, konnte seither bei allen Wahlen deutlich über 50 Prozent erringen, wenn auch in wechselnder Gewichtung.

Das lag vor allem am tragischen Sinkflug der SPD, der sie mit 28 und 21,9 Prozent auf selbst in Trier nicht für möglich gehaltene Tiefstmarken brachte. Die Grünen hingegen fuhren zuletzt mit 17,3 Prozent das beste Resultat in ganz Rheinland-Pfalz ein - was aber für Rot-grün trotzdem nicht einmal 40 Prozent ergab. Um so überraschender der Erdrutsch bei der OB-Wahl 2006, als der rot-grün unterstützte Kandidat Klaus Jensen zwei Drittel der Stimmen abräumte.

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