Dressurreiten Gold-Stute Dalera: Der Höhenflug nimmt seinen Anfang im Hochwald
Ferschweiler · Welche Olympia-Momente bleiben hängen? Sicherlich die Gold-Dressurritte von Jessica von Bredow-Werndl. Was kaum bekannt ist: Ihre Stute Dalera erblickte das Licht der Welt in Thomm (Kreis Trier-Saarburg). Züchterin Silke Druckenmüller erzählt die märchenhafte Geschichte des Pferds.
Auf der Bank am Esstisch liegt noch die Fahne mit den fünf olympischen Ringen. Ein Überbleibsel der kleinen Party, die Silke Druckenmüller mit Freunden und Bekannten gefeiert hat. Der Anlass: Das fantastische Doppel-Gold von Jessica von Bredow-Werndl im Dressur-Einzel sowie mit der Mannschaft – erzielt auf der Trakehner-Stute Dalera.
Dalera ist Druckenmüllers Baby. Die 43-Jährige, die aus Thomm stammt und in Ferschweiler in der Südeifel mit ihrem Mann eine alte Mühle mit angedockten Stallungen umbaut, ist die Züchterin der Stute. Sie hat den Namen ausgewählt. „Es gibt keine Worte dafür, wie stolz ich bin. Dass Dalera mit Jessica zweimal Olympia-Gold gewonnen hat, ist überwältigend und für mich noch gar nicht richtig zu greifen“, sagt Druckenmüller, als der TV sie besucht. Sie hat alles am Fernseher verfolgt. Coronabedingt war eine ursprünglich geplante Reise nach Tokio nicht möglich.
Druckenmüller erreichten viele Glückwünsche. Vom Zuchtverband, vom Reitsportverband. Und sie telefonierte mit von Bredow-Werndl. Das Erstaunliche: Druckenmüller ist keine hauptberufliche Züchterin, es ist ihr „großes Hobby“, wie sie sagt. Die studierte Architektin ist als Quereinsteigerin in der IT-Branche tätig – ihr Mann hat sich als Informatiker selbstständig gemacht.
Aktuell hat sie zehn Pferde im Stall. Als Mädchen interessierte sich Druckenmüller wie so viele ihrer Altersgenossen fürs Reiten. Sie bestritt später kleinere Dressurturniere und kam so mit dem Thema Züchtung in Kontakt. Im Jahr 2005 kaufte sie sich die Stute ,Dark Magic‘ – als Reitpferd und Zuchtstute. Druckenmüller: „Es war schon der Plan, dass sie mal ein Fohlen bekommt.“ Eins, dass später einmal als Dressur- und Sportpferd ausgebildet wird.
Die Idee wurde umgesetzt. Ein ziemlich schmuckloser Vorgang. Vom ausgewählten Zuchthengst ,Easy Game’ – ein gefragtes Pferd in der Szene – kam der Samen per Kurier, ein Tierarzt vor Ort im Hochwald erledigte den Rest. Kosten insgesamt: rund 1000 Euro. Elf Monate später kam Dalera in Thomm zur Welt. Warum dieser Name? „Trakehner werden nach der Mutterlinie benannt. Daher die Anfangsbuchstaben ,Da‘ von Dark Magic. Dalera als spanischer Name hat mir gefallen“, erläutert Druckenmüller ihre Wahl.
Die weitere Geschichte von Dalera wird in einem Fachmagazin-Beitrag als ,Märchen‘ bezeichnet – die Entwicklung der Stute pathetisch vom hässlichen Entlein zum wunderschönen Schwan beschrieben.
Was stimmt: Druckenmüller bot Dalera als Fohlen zum Verkauf an – und es fand sich zunächst kein Käufer. „Ich habe Dalera später, als sie knapp vier Jahre alt war, dann eingeritten und bei Turnieren vorgestellt“, berichtet Druckenmüller.
Ein Verkauf kam letztlich durch Zufall zustande. „Werner Bergmann, ein Ausbilder aus Bayern, kam zu einem Lehrgang auf einen Hof in Naurath/Wald, wo Dalera seinerzeit stand. Eigentlich wollte er Ausschau nach einem Wallach halten, doch dann entdeckte er die Trakehner-Stute“, erinnert sich Druckenmüller. Es war augenscheinlich Zuneigung auf den ersten Blick. Schnell war der Verkauf eingetütet – für eine (niedrigere) fünfstellige Euro-Summe. Druckenmüller: „Ich empfand den Preis damals als fair. Im Nachhinein muss man sagen: Es war ein Schnäppchen.“
Als Dalera sieben Jahre alt war, ging sie in den Besitz von Beatrice Bürchler-Keller über – die Schweizerin war einst internationale Dressur-Richterin. Da Daleras Talent immer mehr sichtbar wurde, vertraute Bürchler-Keller die Stute Dressurreiterin von Bredow-Werndl an.
Der Aufstieg war eingeläutet. 2017 gewann von Bredow-Werndl auf Dalera den Louisdor-Preis, das Finale der besten Nachwuchspferde Deutschlands im Grand-Prix-Sport. „Jessica sagte mir damals, dass Dalera es mal in den Olympia-Kader schaffen kann. Auf die Idee wäre ich nicht gekommen“, erinnert sich Druckenmüller. Doch so kam es, nach weiteren nationalen und internationalen Erfolgen. Mit der vorläufigen Krönung nun in Tokio.
Mit 14 Jahren ist Dalera im besten Dressur-Alter. Für Druckenmüller macht sich der Höhenflug des Pferds finanziell bemerkbar – pro Jahr gibt’s aus dem Topf für Züchterprämien einen vierstelligen Euro-Betrag.
Und Druckenmüller hat weitere Rohdiamanten. Ihre Namen: Dalerion, Dallenia, Dallenio. Ob diese Pferde auch später mal im Grand-Prix-Sport ankommen? „Das muss man sehen. Es gibt so viele Variablen wie Lernfortschritte, Nervenstärke und Gesundheit, die nicht vorhersehbar sind“, sagt Druckenmüller.
Ihr Name ist in der Züchter-Branche nun in jedem Fall in aller Munde. Am 14. Juli kam mit Dalana eine weitere Stute in Ferschweiler zur Welt. Deren Eltern: ,Dark Magic‘ und ,Easy Game‘ – wie bei Dalera. Für das Fohlen erreichen Druckenmüller schon jetzt Anfragen zuhauf.