Pflegeberufe und Patienten liegen ihr am Herzen

Traben-Trarbach · Gesundheits- und Sozialpolitik sind die Themen, die Anja Bindges am meisten am Herzen liegen. Die 49-jährige Traben-Trarbacherin ist im Wahlkreis 201 die SPD-Direktkandidatin für die Bundestagswahl.

Anja Bindges entspannt sich zu Hause auf der Terrasse. Bis zur Wahl am 22. September hat sie noch zahlreiche Termine im Wahlkreis.

Anja Bindges entspannt sich zu Hause auf der Terrasse. Bis zur Wahl am 22. September hat sie noch zahlreiche Termine im Wahlkreis.

Foto: Winfried Simon

Traben-Trarbach. Als Anja Bindges vor mehr als 30 Jahren am Bernkastel-Kueser Krankenhaus den Beruf Krankenschwester erlernte, war vieles noch anders. Für die Patienten war mehr Zeit da, es gab viel weniger Bürokratie, vielleicht ging es in den Kliniken auch etwas menschlicher zu. Anja Bindges hat in der Unfallchirurgie gearbeitet, und sie war viele Jahre in der häuslichen Pflege tätig.
Stets hat sie sich weitergebildet, hat Schulen besucht und Kurse und Seminare belegt. Heute ist sie Leiterin der Diakonie-Sozialstation Simmern-Kirchberg-Traben-Trarbach und damit verantwortlich für 150 Mitarbeiter, die rund 700 pflegebedürftige Menschen betreuen. Sie weiß, was es heißt, wenn von Pflegenotstand die Rede ist. Sie weiß, welchen Belastungen die Schwestern und Pfleger ausgesetzt sind und welche - manchmal unüberwindbaren Hürden - genommen werden müssen, damit ein Bedürftiger die erforderliche Pflegestufe anerkannt bekommt.
Aus Idealismus habe sie seinerzeit den Beruf gewählt, sagt sie, ergänzt aber gleich: "Idealismus allein reicht nicht. Man muss für die Gesundheitsberufe und für die Patienten kämpfen", und: "Ich messe eine Gesellschaft unter anderem daran, wie sie mit alten und kranken Menschen umgeht."
Schon früh hat sich die gebürtige Enkircherin in der Kommunalpolitik engagiert. Als sie mit 25 Jahren als erste Frau in den Gemeinderat Enkirch gewählt wurde, war das ein Thema für die Zeitung. Seit 2004 sitzt sie im VG-Rat Traben-Trarbach, seit 2009 im Kreistag Bernkastel-Wittlich.
Als die SPD-Kreisvorsitzende Bettina Brück sie fragte, ob sie kandidieren wolle, musste sie einige Nächte darüber schlafen. Aber ihre Familie, das heißt ihr Mann sowie die drei Kinder aus ihrer ersten Ehe und die zwei Stiefkinder, sagten ihr volle Unterstützung zu.
Jetzt ist sie mitten im Wahlkampf - eine ganz neue Erfahrung. Sie ist fast jeden Abend unterwegs, muss Menschen überzeugen und muss sich präsentieren. Die Rolle, im Vordergrund zu stehen, liegt ihr (noch) nicht. Bindges: "Es geht mir mehr um die Sache."
Ein zweites wichtiges Thema ist für sie die Stärkung des ländlichen Raums. "Die Dörfer dürfen nicht weiter ausbluten, das Land darf nicht zum Altenheim der Nation werden", sagt sie. Sie setzt sich für gesetzliche Mindestlöhne ein und kritisiert die Zunahme befristeter Beschäftigungsverhältnisse.
Zurzeit hat sie wenig Zeit für ihre Hobbys. Das ist zum einen die Musik - mit ihrem Ehemann machte sie bis vergangenes Jahr Tanzmusik - und sie singt im Gospelchor. Und da steht noch die 1200er Suzuki Bandit in der Garage - eine ältere Maschine nicht zum Rasen, sondern um entspannt Landschaft und Freiheit zu genießen.Extra: Politische Forderungen


Pflege: Die Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffes ist Anja Bindges ein wichtigstes Anliegen. Die derzeitige Begutachtung nach Zeit berücksichtige nicht die tatsächlichen geistigen, körperlichen und seelischen Einschränkungen. Außerdem dürfe gute Pflege nicht vom Geldbeutel abhängen. Deshalb sei eine weitere Privatisierung der Pflegezusatzversicherung der falsche Weg. Den Angehörigen der Gesundheitsberufe möchte sie eine Stimme geben für bessere Arbeitsbedingungen und Tariflöhne.

Bildung: Chancengleichheit in der Bildung muss unser oberstes Ziel sein, fordert Anja Bindges. Jedes Kind solle von Anfang an die gleichen Chancen haben. Der Geldbeutel der Eltern dürfe nicht entscheidend dafür sein, was aus einem Kind wird. Dazu gehöre eine kostenfreie Bildungskette von der Kita bis zu Uni.

Stärkung des ländlichen Raumes: "Wir müssen auch die jungen Leute hier halten. Dafür brauchen wir Arbeitsplätze, die nur bei günstigen Verkehrsverbindungen entstehen. Ich stehe uneingeschränkt für den Erhalt des Flughafens Hahn. Diese Arbeitsplätze müssen uns etwas wert sein." Anja Bindges will sich für Bildungsvielfalt und Kinderbetreuungsplätze einsetzen, damit der ländliche Raum für junge Familien attraktiv bleibe. Dazu gehöre, auch vor der eigenen Haustür einzukaufen und die Ortskerne zum Beispiel durch Förderung von Familien bei Sanierungen von Altbauten zu erhalten.
Extra

Einstimmiges Votum: Alle 115 Delegierten der SPD aus dem Wahlkreis 201 stimmten Ende November vergangenen Jahres für Anja Bindges und nomierten die Traben-Trarbacherin zur Kandidatin für die Bundestagswahl. In den drei Kreisverbänden (Rhein-Hunsrück, Cochem-Zell und Bernkastel-Wittlich) war die 49-Jährige aus Traben-Trarbach jeweils bereits einstimmig nominiert worden. Bei der Bundestagswahl 2009 trat für die SPD Marcus Heintel aus Morbach an, der 23,7 Prozent der Erststimmen holte. simExtra

Der Bundestagswahlkreis 201 Mosel/Rhein-Hunsrück umfasst den Landkreis Cochem-Zell, den Rhein-Hunsrück-Kreis und den Südteil des Landkreises Bernkastel-Wittlich mit der verbandsfreien Gemeinde Morbach sowie den Verbandsgemeinden Bernkastel-Kues, Thalfang am Erbeskopf und Traben-Trarbach. In den Wochen bis zur Wahl am 22. September stellen wir alle Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien vor, die im Wahlkreis 201 mit der Erststimme gewählt werden können. lars
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