Politiker geben alles beim Überraschungstest - Fünf Bundestagskandidaten machen den Wahl-O-Maten

Trier · Nerventest für fünf Bundestagskandidaten im Wahlkreis 204: Der TV überrascht Bernhard Kaster (CDU), Katarina Barley (SPD), Corinna Rüffer (Grüne), Katrin Werner (Linke) und Henrick Meine (FDP) mit der Aufforderung, sofort und vor Zeugen den Wahl-O-Mat zu durchlaufen. Alle machen mit.

Wie weit kennt und vertritt ein Bundestagskandidat das Programm seiner Partei, wann führt seine Überzeugung ihn in eine andere Richtung? Um diese Fragen dreht sich der Test, den der TV den Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien im Wahlkreis 204 vorgelegt hat.

Der Test: Der Wahl-O-Mat ist ein von der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelter Online-Test . Er stellt dem Nutzer am Bildschirm 38 politische Thesen vor, die mit den Optionen "stimme zu", "stimme nicht zu" und "neutral" beantwortet werden können. Die Software vergleicht am Ende das Ergebnis mit den jeweiligen offiziellen Standpunkten der Parteien, die Kandidaten ins Rennen schicken. Der Nutzer kann bis zu acht Parteien auswählen, mit denen er verglichen werden möchte. Unser Test umfasst Vergleiche mit CDU, SPD, FDP, der Linken und den Grünen.Das Ergebnis ist eine Liste von Prozentangaben, die zeigen, wieviele der 38 Thesen der Kandidat in Übereinstimmung mit seiner Partei kommentiert hat und mit welchen politischen Mitbewerbern er außerdem übereinstimmt.


Die Regeln: Als der Wahl-O-Mat am 28. August online geht, startet der TV den Test mit den fünf Direktkandidaten im Wahlkreis 204. Für alle gelten dieselben Regeln: Die Redaktion bittet sie um ein kurzes persönliches Gespräch, ohne erkennen zu lassen, worum es genau geht. Als dann der Zeitpunkt des Gesprächs gekommen ist, rücken wir raus mit der Sprache: Jeder Kandidat macht bitte sofort, live vor Ort und vor Zeugen den Wahl-O-Mat. Die Ergebnisse werden veröffentlicht. Optimal wäre ein Zusammentreffen aller fünf Kandidaten am Starttag des Online-Tests, um vorherige Übungsrunden zu verhindern, aber das ist im dichten Wahlkampf unmöglich zu lösen. So treten die Kandidaten innerhalb weniger Tage zum Test an.Die Kandidaten im Einsatz


Bernhard Kaster (CDU) nimmt die Nachricht mit Ruhe und einer vorsichtigen Distanz auf. "Aha", sagt er. "Der Wahl-O-Mat." Mit der Entschlossenheit eines Studenten, der eine schwierige Klausur angeht, nimmt der Christdemokrat und Bundestagsabgeordnete die Sache in Angriff. Er braucht nur wenige Minuten für die 38 Thesen. Sein Gesichtsausdruck verrät nichts als volle Konzentration. Der Bildschirm vor ihm könnte auch ein kompliziertes Haushaltsproblem zeigen.Schließlich präsentiert er das Ergebnis und kommentiert es mit einem leisen "Gut so" und dem Satz "Natürlich darf man auch eine eigene Meinung zu den Dingen haben."

Das Ergebnis
CDU: 86,8 Prozent
FDP: 69,7 Prozent
SPD: 51,3 Prozent
Grüne: 40,8 Prozent
Linke: 31,6 Prozent

Katarina Barley (SPD) nimmt den Überfall des TV ebenfalls mit Humor. "100 Prozent Übereinstimmung mit der SPD wären wahrscheinlich kein gutes Ergebnis", mutmaßt die Europa-Expertin. Sie lässt klar erkennen, wie sehr ihr einige Thesen missfallen und wo ihre Prioritäten liegen. Bedingungsloses Grundeinkommen - "mit Sicherheit nicht." Gemeinsamer Unterricht für alle Kinder ungeachtet ihres kulturellen Hintergrundes - "selbstverständlich, was denn sonst?" Der Staat soll im öffentlichen Dienst verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigen - "auf jeden Fall." Mit ihrem Ergebnis ist sie dann am Ende sehr zufrieden.

Das Ergebnis
SPD: 91 Prozent
Linke: 86 Prozent
Grüne: 82 Prozent
FDP: 51 Prozent
CDU: 40 Prozent

Henrick Meine (FDP) zeigt ebenso wie alle anderen Kandidaten keine Berührungsängste mit dem Wahl-O-Mat. Eine These nach der anderen klickt er zügig durch. Alle Bürger sollen in gesetzlichen Krankenkassen versichert sein müssen - das ist mit dem Liberalen nicht zu machen. Auch gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sollen ein gemeinsames Adoptionsrecht erhalten - da ist er dabei. Die Nutzung von Autobahnen soll kostenpflichtig sein - davon will Meine nichts wissen. Am Ende landet er mit knapp über 90 Prozent bei seiner FDP. "Das ist doch absolut in Ordnung so", sagt der in Luxemburg arbeitende Bankkaufmann.

Das Ergebnis
FDP: 90,5 Prozent
SPD: 63,8Prozent
CDU: 63,8 Prozent
Grüne: 57,8 Prozent
Linke: 50 Prozent

Corinna Rüffer (Die Grünen) reagiert mit Heiterkeit. "Das mache ich doch gerne", sagt sie und lässt die Redaktion beim Test über ihre Schulter gucken. "Ich weiß jetzt wirklich nicht, ob das hier unsere offizielle Linie ist", meint sie mittendrin. Ein längeres Zögern bei einzelnen Thesen gibt es nicht. Ausbau der Videoüberwachung im öffentlichen Raum (nein), gesetzlicher Mindestlohn (ja), Tempolimit auf Autobahnen (ja) - Rüffer klickt im Sekundentakt und freut sich am Ende sehr über ihr Ergebnis. "Das ist doch wirklich bemerkenswert", sagt sie. Ihre Klicks treffen die Sichtweisen der Grünen und der Linken - mit dem genau gleichen Wert.

Das Ergebnis
Grüne: 92,1 Prozent
Linke: 92,1 Prozent
SPD: 70,2 Prozent
FDP: 48,2 Prozent
CDU: 31,6 Prozent

Katrin Werner (Die Linke) wird zur Spitzenreiterin des TV-Tests: Kein Kandidat erreicht mit dem Wahl-O-Mat eine derart hohe Übereinstimmung mit der eigenen Partei. "Ist das eher gut oder schlecht? Das ist jetzt die Frage", sagt sie. Ihre blendende Laune deutet allerdings eher auf "gut" hin. Rüstungsexporte sollen verboten werden, das Ehegattensplitting soll abgeschafft werden, energieintensive Industrien sollen sich stärker als bisher an der Energiewende beteiligen müssen - die Bundestagsabgeordnete geht durch den Test wie der Wind durch ein Weizenfeld. Am Sonntag will sie in ihre zweite Runde in Berlin starten.

Das Ergebnis
Linke: 96,2 Prozent
Grüne: 83,7 Prozent
SPD: 73,1 Prozent
FDP: 40,4 Prozent
CDU: 24 Prozent

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