Rheinland-pfälzische SPD: Das Schweigen eines Wortgewaltigen

Mainz · Betretene Gesichter, gedrückte Stimmung: Bei der Wahlparty der rheinland-pfälzischen Sozialdemokraten im Mainzer Unterhaus ist am Sonntag niemandem nach Feiern zumute. Die Enttäuschung über das SPD-Abschneiden bei der Bundestagswahl ist groß.

Mainz. Rheinland-Pfalz ist für die Sozialdemokraten seit zwei Jahrzehnten eine Hochburg. Hier haben die Genossen bundesweit meist sehr gut ausgesehen. Diesmal ticken die Uhren etwas anders: 28 Prozent sind zwar deutlich mehr als der Bundesschnitt, doch auch hierzulande ist die CDU der SPD weit enteilt.
Alte Fahrensmänner wie etwa Joachim Mertes (64), gebürtiger Trierer, ringen mit der Fassung. Der sonst so wortgewaltige Landtagspräsident schweigt zum Ergebnis seiner Partei im Bund. "Ich sage dazu nichts. Mir fehlen die Worte."Stöhnen und Seufzen


Generalsekretär Jens Guth zeigt sich gesprächiger: "Natürlich sind wir nicht zufrieden. Wir hätten mehr erhofft und erwartet." Guth nennt einen Grund: "Es ist uns nicht gelungen, Frau Merkel inhaltlich zu stellen."
Als die ersten Zahlen der Hochrechnungen über die Bildschirme flimmern, stöhnen und seufzen die Genossen. Nur einmal brandet kurz verhaltener Jubel auf: Dass die FDP am Einzug in den Bundestag scheitern dürfte, löst bei etlichen Sozialdemokraten Schadenfreude aus. "Die FDP von heute hat mit der von damals nichts mehr zu tun", kommentiert Generalsekretär Guth unter Anspielung auf die sozial-liberale Koalition in Rheinland-Pfalz (1991-2006).
Der langjährige Ministerpräsident Kurt Beck gönnt sich erst mal ein Bier. "Zur Beruhigung", wie er sagt. Später ist er im SWR-Fernsehen zu Gast - allerdings nicht in einer Polit-Sendung, sondern in der Sportsendung Flutlicht. Das Ergebnis sei für die SPD "einigermaßen zufriedenstellend", findet Beck. Wie geht es aus seiner Sicht weiter? "Man muss jetzt daraus lernen und manches neu ordnen", meint der Polit-Profi. Er sei nicht dafür, "spontan Ja oder Nein zu einer großen Koalition zu sagen".
Auch der Dauner Landtagsabgeordneten Astrid Schmitt, Fraktionsvize im Landtag, macht das SPD-Ergebnis zu schaffen. "Wir haben zwar leicht zugelegt, aber gemessen am Wahlziel Rot-Grün sind wir natürlich nicht zufrieden." Schmitt will "schauen, was sich am Abend noch tut und mit wem man über Inhalte reden kann. Darum geht\'s". Dietmar Muscheid, Landesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, tummelt sich ebenfalls unter seinen Sozialdemokraten.
Betroffenheit


"Das SPD-Programm hätte mehr als 26 Prozent verdient gehabt", kommentiert er. Aber man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrheit der Menschen eine große Koalition wolle. Dass es eventuell zu einer absoluten CDU-Mehrheit kommen könnte, ahnt Muscheid zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Die SPD-Parteispitze mit dem Vorsitzenden Roger Lewentz und den Stellvertretern Doris Ahnen und Hendrik Hering muss das Ergebnis offenbar erst noch sacken lassen, erscheint sie doch erst später auf der Bildfläche. Früher da ist Martin Stadelmaier, ehemaliger Chef der Staatskanzlei. Gut gelaunt, dass er nach seinem Ausscheiden endlich mal Motorrad fahren kann, aber doch betroffen vom Wahlergebnis. "Das ist nicht das, war wir erhofft hatten." Das ist fast wortgleich mit dem, was Ministerpräsidentin Malu Dreyer zu sagen hat.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort