Wucherpreise bei Rock am Ring 599 Euro für 40 Quadratmeter Wiese – Ist das neue Neighbourhood-Camping Abzocke?

Nürburgring · Den „Neighbourhood“-Campingplatz gibt es in diesem Jahr zum ersten Mal bei Rock am Ring. Kurz gesagt bezahlen Festivalbesucher Hunderte Euro für wenige Quadratmeter eigenes „Grundstück“. Problematisch nur, wenn der Veranstalter weniger liefert, als versprochen.

Das neue „Neighbourhood-Camping“ bei Rock am Ring
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Das neue „Neighbourhood-Camping“ bei Rock am Ring

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Foto: Sven Eisenkrämer

Einer der kleinen Campinplätze bei Rock am Ring am Samstagmittag. Die Veranstalter haben ihm den Namen „Neighbourhood-Camping“ gegeben. Die Leute lachen, singen, hören Musik. Alles in den verschiedenen „Hoods“, die sich wie kleine Grundstücke aneinander reihen. An manchen Stellen wird es deshalb ganz schön kuschelig. In der Mitte des Platzes stehen die Zelte so eng aneinander, dass man sich durch ein Labyrinth aus Schnüren und Eisenheringen schlagen muss, um zu seinen Nachbarn zu gelangen. Dafür stehen die Grundstücke in Richtung der Dixi-Klos komplett frei – scheinbar eine unattraktive Wohnlage.

So kann man die Chill-Area beim Neighbourhood-Camping nutzen

In der Chill-Area direkt am Eingang des Zeltplatzes dröhnt Musik aus einer blauen Box. Sechs Männer sitzen auf Campingstühlen um sie herum. Sie grölen begeistert. Eigentlich wohnen die fünf Luxemburger und der Trierer in Hood 109. Aber die ist irgendwo am äußeren Rand des Zeltplatzes. Alain, mit 33 Jahren der Älteste der Gruppe, sagt, diese sei etwas zu klein für sechs Leute. Die Chill-Area ist deshalb perfekt, schließlich haben sie hier alles, was sie brauchen: Hängematte, Shisha und eine Kühl-Box voller luxemburgischem Bier.

Die Gruppe ist eigentlich ganz zufrieden mit dem Neighbourhood-Camping. Vor allem Alain, denn der hat 2008 schon unter ganz anderen Umständen am Ring gefeiert: „Die Toiletten waren damals so eklig.“ Das sei bei dem Zeltplatz ganz anders. Da werden die Sanitäranlagen gut gepflegt und es gibt Strom. Das Campen sei dadurch viel edler. Die sechs Kollegen lassen es sich deshalb ganz unbeschwert gut gehen. „Ole, ole, ole, ole“, singt Alain, während sein Freund Laurent in der Hängematte liegt und Martin zusammen mit Karl auf der Wiese turnt.

Falsche Angaben: Camping-Hoods bei Rock am Ring zu klein

Einige Meter von den Luxemburgern entfernt ziehen Philipp und seine Freunde gerade samt Campingstühlen und Bier in den Schatten. Die Sonne prallt auf den Campingplatz. Die Zehnergruppe aus Traben-Trarbach hat sich zum Glück gleich zwei Hoods gemietet. Kosten: rund 1200 Euro. Aber selbst mit zwei Grundstücken ist der Platz eng. Philipp sagt: „Wir haben mal nachgemessen, die Hood ist eigentlich nur 28 Quadratmeter groß.“ Also weitaus kleiner als die vom Veranstalter versprochenen 40 Quadratmeter. Zum Glück leben die Traben-Trarbacher eher am „Stadtrand“ des Platzes. Das Grundstück neben ihnen ist frei, den schwarzen Bierpong-Tisch können sie deshalb einfach neben ihre Hood stellen. Keine direkten Nachbarn – keine Beschwerde.

Wenige Meter weiter stehen Daniel, Anna-Lena und Robin im Planschbecken und spritzen sich mit zwei Tage altem Wasser nass. Die drei kommen aus Siegen. Sie sind mit sechs weiteren Freunden bei Rock am Ring. Für Daniel ist es das zweite Mal auf dem Festival. Er zeigt sich von seiner Hood überzeugt – auch wenn sie kleiner ist, als erwartet. „Wir haben eigene Duschen, eigene Toiletten und sind direkt an allem dabei.“ Das einzige Manko wirft Robin ein: „Wir wurden heute Morgen sehr unsanft geweckt.“ Der Nachbar habe um 7 Uhr morgens „Guten Morgen, Sonnenschein“ von Nana Mouskouri über seine Musikanlage gespielt. Lärmbelästigung – im „echten Leben“ ein klassischer Auslöser für einen Nachbarschaftsstreit.

Neighbourhood-Camping am Ring – Das Fazit der Festivalbesucher

Eine Nachbarschaft, bei der der Quadratmeter offiziell 15 Euro, inoffiziell 21 Euro kostet. Zum Vergleich: In Trier liegt der aktuelle Mietpreis bei durchschnittlich 11 Euro. Lohnt sich das für die Neighbourhood-Camper überhaupt? Nach Philipps Meinung nur unter bestimmten Bedingungen. „Wenn wir wieder einen Platz am Rand hätten, dann würde ich nochmal hier campen.“ Schließlich sehe auch er einige Vorteile am Zeltplatz: Er liege nah an den Parkplätzen und dem Festival-Gelände. Außerdem sei es nachts nicht zu laut.

Daniel haben die Veranstalter dagegen schon überzeugt. „Also, ich find’s super!“ Und wie sieht es bei den sechs Luxemburgern aus? Die halten sich am späteren Nachmittag immer noch in der Chill-Area auf und kehren Hood 109 an diesem Samstag größtenteils den Rücken zu.

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