Mega-Auftritt Yungblud bei Rock am Ring: Mit rosa Socken in die Anarchie

Nürburgring · Schwarze Haare, Mittelfinger und Dagegen-Attitüde – Alternative-Rocker Yungblud weckt auf der Hauptbühne am Nürburgring den Geist der Rebellion.

Rock am Ring 2023: Fotos von Yungblud auf der Utopia Stage
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Yungblud bei Rock am Ring 2023

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Foto: Julia Nemesheimer

Punk ist nicht tot – aber er ist zu früh dran. Um 17.30 Uhr, als Yungblud auf der Utopia Stage bei Rock am Ring starten soll, grölt die Menge schon den Refrain eines seiner bekanntesten Lieder: „I’ve been dancing at my funeral!“

Yungblud bei Rock am Ring im Punk-Emo-Outfit

Mit bürgerlichem Namen heißt er Dominic Richard Harrison, der da als Yungblud Tausende zum Singen bringt. Und er ist schlecht gelaunt. Oder wirkt zumindest so. Auf die Menge, weil sie ihm zu leise ist? Vielleicht. Wahrscheinlich eher auf die Gesellschaft. Seine Musik beschreibt er als „genreübergreifende Protestsongs“. Und so sieht er auch aus, als er über die Utopia Stage springt: Schwarze Haare, Nietengürtel, Sicherheitsnadel in einem Ohr. Punk? Emo? Dagegen.

Und zwar gemeinsam. Denn mit jedem Lied – Tissues, Parents, Fleabag – fühlt man es selbst. Die Ungerechtigkeit, dass ältere Generationen einfach nicht verstehen. Dass sie nur über uns schimpfen. Dass sie sagen, wir sind zu faul, zu empfindlich, zu undankbar, wir lieben die falschen Menschen, engagieren uns für die falschen Sachen und protestieren zu viel. Aber da vorne ist jemand, mit pinken Strümpfen und ausgestrecktem Mittelfinger, der versteht, der unsere Gefühle in die Welt hinausschreit, und tausendfach hallen die Stimmen zurück.

Yungblud steht als Musiker für die junge Generation

Die Szenen des Konzerts wirken fast so, als würde man alte, verwackelte Aufnahmen aus den 1970ern sehen. Ein fast nackter Schlagzeuger, ein verrückt angezogener Typ, der Becher mit (wahrscheinlich) Bier in die Menge wirft, wie wild auf der Bühne herumspringt, und dann herunter – in den Graben, in die Menge. Finger mit schwarz lackierten Nägeln klammern sich um seine Hand, die andere hält das Mikro an den Mund.

Aber es sind nicht die 1970er Jahre, es ist 2023. Es ist unser Punk, unser Rock, unser Protest, unser Konzert, unsere Generation. Gut, klingt vielleicht alles etwas pathetisch. Für andere Zuschauer war es sicher einfach nur ein gutes Konzert. Aber wenn Tausende in die Knie gehen und dann gemeinsam nach oben springen, während da vorne jemand Anarchie ins Mikrofon schreit – da spürt man einfach den Protest im Blut.

Aber schließlich hat auch eine 24-Jährige frisch erwachte Aufrührerin einen Job. Und so heißt es nach 50 Minuten Konzert: Rezension schreiben statt Rebellion. Aber ein bisschen was von der Stimmung bleibt.

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