Fazit zum Festival So war Rock am Ring – Viel Schönes, aber auch viel Schlechtes
Nürburgring · Bei Rock am Ring feiern 70.000 Menschen. „Nur“, sagen manche. Auch wenn es an manchen Stellen hapert, steht ein positives Fazit. Und eine Entwicklung, die Alteingesessene akzeptieren müssen.

Partylaune ohne Ende - Die schönsten Eindrücke vom Zeltplatz bei Rock am Ring
Irgendwie bezeichnend, dass das Erste, das die Veranstalter von Rock am Ring positiv hervorheben, etwas ist, für das sie nichts können. „So gut war das Wetter seit 30 Jahren nicht“, sagt Pressesprecherin Steffi Kim bei der Pressekonferenz am Samstagnachmittag. Tolle Sache, vor allem für die Besucher. Liegt allerdings bei Sonnenschein ebenso wenig in der eigenen Verantwortung wie bei Unwettern in vergangenen Jahren.
Weiter geht es mit positiven Äußerungen dafür, dass es weniger Einsätze der Rettungskräfte und der Polizei gegeben habe. Auch eine tolle Sache für die Besucher. Jedoch irgendwie auch logisch, bedenkt man, dass rund 20.000 Zuschauer weniger vor Ort sind als im vergangenen Jahr. Ein Besucherschwund, der sich auf dem Festivalgelände durchaus bemerkbar macht. Gefühlt muss man an Bierständen und vor den Toiletten nur kürzer anstehen als sonst. Weniger Zuschauer bedeuten allerdings auch weniger Stimmung.
Es wird mehr gerappt – aber ist das schlimm?
Stimmung, die man vor allem am Samstag auf der Hauptbühne durchaus hätte gebrauchen können. Also teilweise, denn auch alteingesessene Rocker müssen – wenn sie es vor Ort erlebt haben sollten – anerkennen, dass der Samstag vor allem von zwei Rap-Acts gerettet wurde. K.I.Z. und Kontra K lieferten jeweils erstklassige Shows und brachten die Menge zum Beben. Problematisch für den Samstagsheadliner Kings Of Leon, dass der Kontra-K-Auftritt parallel zu ihrer Show stattfand. Wären diese Künstler in einem Stimmungsvergleich gegeneinander angetreten, wäre der Rapper als klarer Sieger hervorgegangen.
Thema Rap, Thema Pressekonferenz: Die Veranstalter scheinen zu erkennen, dass die Sprachmusik immer besser bei den Besuchern ankommt. Nicht umsonst ist der erste Auftritt, der beim Pressetermin gelobt wird, Apache 207, ein Rapper aus Frankfurt. Etwas, das man kritisieren kann. Andererseits: Erlaubt ist, was gefällt.
Und es sind natürlich nicht ausschließlich Rapper, die begeistern und das Festival musikalisch zu einem Erfolg werden lassen. Bei einigen Bands weiß man als Veranstalter, was man bekommt. Beispiel: Foo Fighters. Lässt man Dave Grohl und seine Band an dem Tag (Freitag) auf einem Festival auftreten, an dem sie ihr neues Album veröffentlichen, dann verwundert es nicht, dass die Stimmung erstklassig ist.
Die Hosen zum Schluss
Gleiches gilt für die Toten Hosen, die zwar keine neue Platte rausgebracht, aber am Sonntagabend zum Festivalabschluss dennoch den Ring in bekannter Manier gerockt haben.

Rock am Ring 2023: Festivalbesucher und Impressionen
Ach, und dann ist da noch jemand, der noch länger als die Hosen in der Musikwelt unterwegs ist: Olaf von den Flippers, der mit seinem Kurz-Überraschungs-Auftritt für einen der stimmungsreichsten Momente sorgt, als er am Freitag „Wir sagen Daaaaankeschön, 40 Jahre die Flippers“ anstimmt. Ein Song, den man auch auf den Campingplätzen immer wieder hört.
Damit sind wir beim positivsten Aspekt des Festivals: Natürlich ist das Wetter mitentscheidend dafür, wie die Launen der Camper sind. Mit, aber nicht alleine entscheidend. Besucht man die Campingflächen, geht es dort gefühlt zivilisierter zu als in den vergangenen Jahren. „Es ist an vielen Stellen viel sauberer“, sagt ein Besucher im Gespräch mit unserer Zeitung. Ein anderer stimmt zu, weiß aber nicht, woran das liegt: „Wirklich geändert hat sich ja nichts. Die Leute scheinen einfach mehr darauf zu achten.“
Wofür die Veranstalter ebenfalls nichts können, zumindest nach eigener Aussage: die technischen Probleme bei Bands wie Limp Bizkit, Jinjer und Fever 333, die vor allem am Freitag viele Besucher stören. Auch, wenn die Organisatoren die Mängel erklären und technisch mitteilen, wer (außer ihnen) diese verursacht hat: Bei den Zuschauern, die das nicht alle wissen, sind die Verantwortlichen schnell gefunden. „Das kann doch nicht sein, ich bezahle hier so viel, um die Band zu sehen, da muss das funktionieren“, meckert ein Limp-Bizkit-Fan. Viel bezahlen ist durchaus der richtige Ausdruck, denn nie war der Preis für das Festivalticket und die diversen Zusatzkosten höher als in diesem Jahr.
Eine letzte (die wichtigste) Sache, für die die Organisatoren nur bedingt etwas können: Die Menschen, die auf das Festival kommen. Und die, das kann man als Fazit stehen lassen, scheinen mit einigen Ausnahmen eine gute Zeit gehabt zu haben. Wenn das so ist, dann ist es für jeden persönlich auch egal, ob 70.000 oder 90.000 Besucher vor Ort sind.