Rot-grünes Bündnis wahrscheinlich

Mainz · Rheinland-Pfalz steuert nach fünf Jahren SPD-Alleinregierung auf eine rot-grüne Koalition zu. Die Sozialdemokraten blieben bei der Landtagswahl am Sonntag laut vorläufigem amtlichem Endergebnis trotz deutlicher Verluste knapp stärkste Kraft vor der CDU.

Die Grünen als Wunschpartner von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) schafften ein triumphales Comeback in den Landtag und fuhren ein Rekordergebnis ein. Die CDU konnte zwar leicht zulegen, dennoch gab es das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte im Land. Die FDP erlebte eine herbe Niederlage und flog nach 24 Jahren Zugehörigkeit in Folge aus dem Landtag. Die Linke verpasste den erstmaligen Einzug in das Parlament deutlich.

Laut Landeswahlleiter kam die SPD auf 35,7 Prozent (2006: 45,6). Ministerpräsident Beck will nun mit der Ökopartei reden. „Wir werden mit den Grünen über eine gemeinsame Regierung sprechen.“ Er versprach ihnen eine „faire Partnerschaft“.

Mit dem Abschneiden der SPD, dem schlechtesten seit mehr als 50 Jahren, zeigte Beck sich unzufrieden: „Ich hätte mir sicher ein besseres Ergebnis gewünscht.“ Die Angst vor der Kernenergie habe den Wahlkampf bestimmt. „Aber es gibt sicher auch den einen oder anderen Prozentpunkt, der auf unsere eigene Kappe geht - ganz ohne Frage.“

CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner wertete das Wahlergebnis als Zeichen der Geschlossenheit ihrer Partei. Die rheinland-pfälzische CDU sei „wieder da“. „Und die CDU Rheinland-Pfalz ist gegen den Bundestrend, ist trotz vieler Widrigkeiten der Welt und der Bundespolitik wieder obenauf.“ Auch sie bot den Grünen Gespräche an. Die Christdemokraten kamen auf 35,2 Prozent (2006: 32,8 Prozent).

Die Grünen erreichten 15,4 Prozent (2006: 4,6 Prozent). „Das ist grandios“, sagte Spitzenkandidatin Eveline Lemke. „Das fühlt sich unglaublich an.“ Ein Bündnis mit den Sozialdemokraten wäre die erste rot-grüne Regierungskoalition in der Geschichte des Landes. Der zweite grüne Spitzenkandidat, Daniel Köbler, sagte: „Wir Grüne haben heute Geschichte geschrieben.“ Sie hatten sich schon im Vorfeld für ein Bündnis mit der SPD ausgesprochen.

Verlierer des Abends war die FDP, die mit nur 4,2 Prozent (2006: 8,0) den Einzug in den Landtag klar verpasste. Das bedeutete das zweitschlechteste Ergebnis der Partei in Rheinland-Pfalz überhaupt. Bis 2006 hatte sie noch mit der SPD regiert. Spitzenkandidat Herbert Mertin bezeichnete die Niederlage als „bittere Tatsache“. FDP-Landeschef und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle nannte das Ergebnis eine „bittere Niederlage“.

Die Linke verpasste mit 3,0 Prozent (Vorläuferin WASG 2006: 2,6) klar den Einzug in den Landtag. „Wir haben alles gegeben. Wir haben Wahlkampf fast bis zum Umfallen gemacht. ... Die Linke muss noch intensiver für Inhalte kämpfen“, sagte Spitzenkandidatin Tanja Krauth. Die Wahlbeteiligung stieg auf 61,8 Prozent (2006: 58,2). Die Sitzverteilung sieht so aus: Die SPD bekommt 42 Mandate, die CDU 41 und die Grünen 18.

Der Trierer Parteienforscher Uwe Jun rechnet mit schwierigen Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen. „Gerade bei Infrastrukturprojekten wie etwa dem Hochmoselübergang oder der Rheinüberquerung wird es schwer werden, Kompromisse zu finden“, sagte er der dpa.

Deutschlands dienstältester Ministerpräsident Beck (62) will nach eigener Aussage bis zur nächsten Landtagswahl 2016 im Amt bleiben. Das wären dann insgesamt 22 Jahre. „Ich stehe zu meinem Wort“, betonte er am Abend. Zu den wichtigsten Themen des Wahlkampfs im Land hatten Bildung, Wirtschaft, Finanzen und Haushalt sowie Verkehrsprojekte gezählt. SPD und CDU hielten sich zudem gegenseitig Affären der Landespolitik vor.

Um einen Sitz im 16. Landtag von Rheinland-Pfalz hatten sich 461 Männer und 194 Frauen im Alter zwischen 19 und 81 Jahren beworben. Zugelassen zur Wahl waren die Landes- und Bezirkslisten von zwölf Parteien - drei weniger als 2006.(dpa)

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