Shoppen ohne Portemonnaie - Wenn im Supermarkt das Smartphone zahlt

Berlin · Vorbei die Zeiten, in denen man beim Einkauf ganz selbstverständlich Münzen aus dem Geldbeutel kramte. Schon lange machen Karten dem Bargeld Konkurrenz - nun kommt das Handy hinzu.

 Mehr als nur Bezahlen: Supermarkt-Apps bringen auch Werbung und Angebote aufs Handy.

Mehr als nur Bezahlen: Supermarkt-Apps bringen auch Werbung und Angebote aufs Handy.

Foto: Franziska Koark (dpa-tmn)

Supermarktkunden können seit ein paar Monaten in einigen Edeka- und allen Netto-Märkten mit Smartphone-Apps bezahlen. Rewe und Toom wollen in allen Filialen die Möglichkeit bieten, über per Handy eingescannte QR-Codes zu zahlen. Praktisch ist das und kostenlos, aber nicht ganz unbedenklich, sagen Experten.

Die Vorteile beim Handy-Bezahlen liegen auf der Hand: „Es ist sehr einfach“, sagt Anneke Voß von der Verbraucherzentrale Hamburg. Statt an der Kasse Geldscheine zu zählen, scannt der Kunde mit dem Smartphone einen QR-Code an der Kasse oder nennt dem Kassierer einen Code, den die App für jeden Einkauf neu generiert. An der Kasse können auch Coupons oder Gutscheine aus der App eingelöst werden.

Die Anwendungen bieten die Supermärkte kostenlos zum Download an. Wer sie auch zum Bezahlen nutzen möchten, braucht etwas Geduld. Die Anwendungen von Edeka und Netto verlangen für die Registrierung Namen, Geburtsdatum, Handynummer und Adresse sowie Kontodaten und Ausweisnummer. Und auch eine PIN muss der Nutzer wählen.

Nach dem Registrieren wird ein Freischaltcode aufs Handy geschickt, ein zweiter Code sollte wenige Tage später in Verbindung mit einer Ein-Cent-Überweisung auf dem angegebenen Konto landen. Die Codes bestätigen, dass Konto und Handynummer wirklich dem Nutzer gehören und sind nötig, um die Bezahlfunktion freizuschalten.

Die Zahlung wickelt je nach Supermarktkette ein anderer Dienstleister ab, bei Netto ist es zum Beispiel die Deutsche Post, bei Rewe heißt der Partner Yapital. Das Geld wird meist per Lastschriftverfahren vom Konto abgebucht - ein Vorteil gegenüber einer Abrechnung über die Mobilfunkrechnung, sagt Voß. „Beim Lastschriftverfahren kann man das Geld auch wieder zurückholen, wenn zu viel abgebucht wurde.“

Die Zahlungsdienste kosten zwar in der Regel kein Geld, dafür zahlt der Kund aber womöglich mit seinen Daten. Ein Zweck der Bezahl-Apps sei es, Kundenprofile zu erstellen, sagt Voß. So können Händler besser erkennen, was der jeweilige Kunde kauft und wieviel Geld er für welche Produkte auszugeben bereit ist. „So kann man gezielter werben“, erklärt die Verbraucherschützerin, die nicht ausschließen kann, dass die Daten nicht auch an Dritte weitergegeben werden.

Außerdem sei noch nicht geklärt, wo diese Daten gespeichert werden, warnt Alexander Dix, Berliner Beauftragter für Datenschutz. Er wünscht sich, dass die Daten auf dem Handy des Nutzers gespeichert und nur von ihm abgerufen werden können.

Ulrich Binnebößel, Bereichsleiter Zahlungsverkehr im Handelsverband Deutschland, hält dagegen, dass Händler Adresse, Geburtsdatum und andere Daten abfragen, um sich selbst zu schützen und im Zweifelsfall an ihr Geld zu kommen. Außerdem würden die Daten auch zur Kundenbindung genutzt, also um dem Nutzer passende Angebote zuzuschicken. „Damit muss sich der Kunde aber vorher einverstanden erklären“, sagt Binnebößel und betont: „Es ist nicht im Interesse des Händlers, die Daten weiterzugeben, er will den Kunden ja schließlich nur an sich selbst binden.“

Ausgeschlossen werden könne aber nicht, dass neben Handelskette und Zahlungsdienstleister etwa auch der Entwickler der App auf Nutzerdaten zugreifen kann, sagt Dix. Da mehrere Instanzen am Ablauf beteiligt sind, könnten theoretisch an vielen Stellen persönliche Informationen abgegriffen werden.

Dix empfiehlt Kunden daher, sich bei der jeweiligen Handelskette zu erkundigen, wo genau und wie lange ihre Daten gespeichert werden. Und Anneke Voß rät Nutzern der Bezahl-Apps, regelmäßig zu überprüfen, ob vom Bankkonto nicht vielleicht zu viel abgebucht wurde: „Man muss sich dessen bewusst sein, dass man seine Daten und sein Bankkonto einem Risiko aussetzt.“

Aller Bedenken zum Trotz: Bei den Kunden kämen die Bezahl-Apps gut an, sagt Ulrich Binnebößel vom Handelsverband. Rabatte und Gutscheine, die direkt über die App abgerufen und eingelöst werden können, lockten zusätzlich, und auch auf den Kunden zugeschnittene Werbung könne interessant sein.

„Sinnvoll ist das Bezahlen per App außerdem, wenn man keine großen Geldmengen mit sich herumtragen will“, sagt Verbraucherschützerin Voß. Wie auch beim Zahlen mit Karte erleichtern Apps Spontankäufe, verleiteten aber unter Umständen auch dazu, mehr Geld auszugeben als ursprünglich geplant.

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