So sorgt Mathe dafür, dass Autofahrer ihr Ziel erreichen
Trier · Mathematik hat ein schlechtes Image - so schlecht gar, dass eine gewisse Koketterie mit mathematischem Unwissen gesellschaftlich akzeptiert ist. Dabei wird Mathe im Alltag immer wichtiger. Sven de Vries von der Universität Trier zeigt beim Trierer City Campus eine Anwendungsform, die im Alltag schon so manchem Autofahrer das Leben erleichtert hat.
Trier. Wer mit dem Auto auf fremdem Terrain schnell zum Ziel kommen möchte, der braucht entweder einen Beifahrer mit einer Karte und etwas Geduld - oder ein Navigationsgerät.
City Campus Triers lange Nacht der Wissenschaft
Der Unterschied: Während selbst im Kartenlesen äußerst geübte Beifahrer an schwierigen Autobahnkreuzen verzweifeln und Probleme haben, die ideale Route zu finden, gelingt dies modernen Navis offenkundig mühelos. Zauberei? Nein, vielmehr Mathematik.
Sven de Vries, Professor für Mathematik an der Universität Trier, hört im Zweifelsfall natürlich lieber auf sein Navi. Aus Gewohnheit, wie er sagt - aber vielleicht auch, weil er ziemlich gut versteht, was im Innern des kleinen schwarzen Kastens vor sich geht, wenn eine sonore Frauenstimme ihn an der nächsten Kreuzung rechts abbiegen lässt. Beim Trierer City Campus am 28. September führt er am Beispiel der Straßennavigation in die Enumeration, also aufzählende Mathematik, ein.
"Das Navi-Gerät verwendet ein spezielles Verfahren, um den kürzesten Weg zwischen zwei Orten zu finden", sagt er.
Dieses Verfahren, nach seinem Erfinder benannt und deshalb als Dijkstra-Algorithmus bekannt, tut im Wesentlichen nichts anderes, als sich von Wegpunkt zu Wegpunkt der optimalen Streckenführung anzunähern. "Die Zahl der Straßen, die vom Start zum Ziel führen, ist endlich. Das heißt, dass es möglich ist, an jedem Punkt festzustellen, wie viele Wege es gibt und welcher davon der beste ist." Wie das genau funktioniert, zeigt ein kleines Modell mit Steckern und roten Fäden. Es symbolisiert die Strecke von der Trierer Universität zur Mariensäule; sechs Wegpunkte zwischen Start und Ziel sind darin verzeichnet, alle sind durch Fäden miteinander verbunden.
"Wenn man daran zieht, sieht man, welcher Faden sich zuerst spannt. Dort, wo er durchhängt, ist der Weg länger", erklärt de Vries.
Der Professor nennt das Modell seinen "Analog-Rechner" für diese Enumerations-Aufgabe. Mit dem Algorithmus lässt sie sich aber auch gänzlich abstrakt lösen - so wie der Computer im Navi eben vorgeht.
Was genau die Mathematik im Alltag leistet und wie sie die Streckenberechnung bei mehr als sechs Kreuzungen beschleunigen kann, das zeigt de Vries in seiner Präsentation am 28. September um 18 Uhr in den Räumen der Fachhochschule am Irminenfreihof.Extra
City Campus ist eine Großveranstaltung von Universität und Fachhochschule Trier am 28. September in der kompletten Trierer Innenstadt. Es gibt neun unterschiedliche Themenbereiche mit mehr als 150 Projekten, die eine Brücke zwischen wissenschaftlicher Arbeit und der Lebenswelt der Bürger herstellen. Prof. de Vries gehört zum Themenbereich "Technologie", dessen 19 Projekte überwiegend in der FH am Irminenfreihof präsentiert werden. Simulierte Live-Hackerangriffe, die Mathematik der Seifenblase, sprechende Computer, tanzende Roboter: Es verspricht, spannend zu werden, auch am Domfreihof, wo das preisgekrönte FH-Hightech-Fahrzeug ProTRon vorgestellt wird und im RPR-Studio innovative Computer-Games zum Test bereitstehen.