Sozialkunde-Leistungskurs weckt Lust auf Politik

Leienkaul · Eine große politische Vergangenheit hat Joscha Pullich nicht. Aber er ist auch erst 27 Jahre alt. Seine Maxime: Er will offen und ehrlich auf die Menschen zugehen. Das sei wichtiger als eine glänzende Rhetorik.

Leienkaul. Von null auf hundert: So lässt sich der bisherige kurze politische Werdegang von Joscha Pullich beschreiben. 2011 kam er zu Bündnis 90/Die Grünen, 2013 ist er bereits deren Direktkandidat im Wahlkreis 201. Bei CDU, SPD und FDP wäre solch ein Durchmarsch kaum möglich. Dort gibt es festere Hierarchien. Eine weitere Besonderheit: Mit 27 Jahren dürfte Pullich auch zu den jüngsten Direktkandidaten in der Republik gehören. Er ist Schatzmeister des Grünen-Kreisverbandes Rhein-Hunsrück und Landesdelegierter. Erfahrung in Parlamenten hat er allerdings noch nicht. Bei der Kommunalwahl 2014 möchte er aber gerne für den Verbandsgemeinderat Kaisersesch kandidieren. Er sei von Anfang an bereit gewesen, Verantwortung zu übernehmen. "Und ich habe auch erklärt für die Direktkandidatur bereitzustehen", erzählt er.
Geboren ist der Sohn eines Software-Entwicklers und einer Lehrerin im westfälischen Paderborn. Später zog die Familie in die Nähe von Neuwied (Rhein) und dann nach Cochem. Nach dem Abitur begann Pullich ein Informatik-Studium. Ein Praktikum in einem Ingenieurbüro in Urmitz (Rhein) machte ihm dann so viel Spaß, dass er das Studium aufgab. Er absolvierte in der Firma eine Ausbildung zum Fachinformatiker und wurde auch übernommen.
In die Nähe seines Arbeitsplatzes ziehen wollte er aber nicht. Und er hat es auch in Zukunft nicht vor. "Ich will auf dem Land wohnen und im Kreis Cochem-Zell bleiben, weil die Familie dort ist", sagt er. Im von Cochem 15 Kilometer entfernten Leienkaul hat der Junggeselle ein kleines Haus gemietet. An Wochenenden ist er oft bei der Familie, zu der neben der 24 Jahre alten Schwester noch zwei jüngere Geschwister (13, 12) gehören. Speziell die beiden Nachzügler sind auch regelmäßig bei ihm.
Das Interesse an der Politik entwickelte sich in der Zeit am Gymnasium. "Ich hatte Sozialkunde als Leistungskurs", berichtet Pullich. Zu den Grünen kam er, "weil ich gesehen habe, dass die im Kreis Cochem-Zell ziemlich gute Politik machen". Grün-Rot sei nach der Wahl die Wunschkoalition. "Ich habe aber auch keine Angst mit der CDU zu reden", gibt er sich pragmatisch. Eine gewisse politische Unerfahrenheit ist in so jungen Jahren natürlich vorhanden. Pullich hat deswegen ein Seminar besucht, in dem er auch rhetorisch geschult wurde. Wichtig sei für ihn aber vor allem, offen und ehrlich auf die Leute zuzugehen. "Das ist keine große Übung. Dafür braucht man kein Seminar", konstatiert er.
Pullich hat den Ehrgeiz am 22. September so viele Erststimmen zu bekommen wie seine Partei Zweitstimmen, die über die Sitzverteilung im Bundestag entscheiden. Verrückt wie vielleicht manch ein Berufspolitiker, macht er sich aber nicht. "Ich lasse das auf mich zukommen", sagt er.Extra

Bei der Mitgliederversammlung am 12. April 2013 wurde Joscha Pullich mit 23 von 25 Stimmen zum Direktkandidaten im Wahlkreis 201 gewählt. Es gab eine Enthaltung und eine Gegenstimme. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2009 trat Britta Steck (Gornhausen) als Direktkandidatin für Bündnis 90/Die Grünen an. Sie vereinigte damals 7,7 Prozent der Erststimmen auf sich. Bei den Zweitstimmen kam die Partei 2009 auf acht Prozent. cbExtra

Der Bundestagswahlkreis 201 Mosel/Rhein-Hunsrück umfasst den Landkreis Cochem-Zell, den Rhein-Hunsrück-Kreis und den Südteil des Landkreises Bernkastel-Wittlich mit der verbandsfreien Gemeinde Morbach sowie den Verbandsgemeinden Bernkastel-Kues, Thalfang am Erbeskopf und Traben-Trarbach. In den Wochen bis zur Wahl am 22. September stellen wir alle Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien vor, die im Wahlkreis 201 mit der Erststimme gewählt werden können. lars


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