"Überwältigend"

Eindeutiger hätte die Wahl kaum ausgehen können: Joachim Streit ist mit drei Vierteln aller Stimmen zum Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm gewählt worden.

 Jetzt wird gefeiert: Der neue Landrat Joachim Streit mit seiner Frau Petra auf dem Weg zur Wahlparty. TV-Foto: Rudolf Höser

Jetzt wird gefeiert: Der neue Landrat Joachim Streit mit seiner Frau Petra auf dem Weg zur Wahlparty. TV-Foto: Rudolf Höser

Bitburg/Prüm. 18.30 Uhr. Dort, wo sonst der Landrat Platz nimmt, sitzt ein Mädchen in pinkem T-Shirt. Den Rücken zum Plenum starrt sie gebannt auf die Leinwand. Orte, Zahlen, Balken - hier laufen die Ergebnisse der Landratswahl ein. In allen Balken dominiert die Farbe blau. Das Mädchen heißt Stella und strahlt. Denn blau ist an diesem Abend die Farbe ihres Vaters - ihres Vaters, der der nächste Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm sein wird.

Besser hätte das Ergebnis für Joachim Streit (parteilos) kaum ausfallen können. Trotz seiner zwei Mitbewerber hat der langjährige Bürgermeister Bitburgs drei Viertel der Stimmen bekommen (74,6 Prozent). Auf den CDU-Kandidaten Paul Glauben entfielen gerade einmal 21,6 Prozent der Stimmen. Auf Wolfgang Ferner aus Rommersheim (Die Linke) 3,7 Prozent.

Selbst in Kaschenbach, dem kleinen Heimatdorf des CDU-Kreisvorsitzenden Michael Billen, haben noch 43 Prozent der Menschen für Streit votiert. "So viel Umdrehungen hat der Schnaps vom Billen nicht", sagt Streit und lacht. Ein gelöstes Lachen, das an diesem Abend oft zu hören ist.

Es sei jedoch kein Gefühl des Triumphes, das er empfinde, sagt er. "Urwahlen sind eine gnadenlos offene Entscheidung." In Gedanken sei er bei Herrn Glauben und Herrn Ferner.

Es ist 19.10 Uhr. Von den beiden fehlt noch jede Spur. Ohnehin haben sich im Sitzungssaal der Kreisverwaltung nur wenige Menschen versammelt - 30 vielleicht.

Die meisten unterhalten sich im Flüsterton. Gespannt - angespannt. Die Wahlergebnisse der Europawahl wurden im Fernsehen längst verlesen. Nun läuft "Lindenstraße". Mutter Beimer serviert einem Kranken Suppe. Paul Glauben rutscht für kurze Zeit unter 20 Prozent.

Dann kommt Elke Leonhard (SPD) und mit ihr und ihrem Jackett ein Schuss Heiterkeit und Farbe: türkisblau. Hallo! Herzlichen Glückwunsch! "Das ist doch toll!", sagt sie und strahlt wie Streit. Jetzt sind etwa 150 der 266 Wahlbezirken ausgezählt. 100 Prozent gab es für Streit in Sengerich, Etteldorf und Irsch. Doch auch die an diesem Abend üblichen 75 Prozent sind weit mehr als die 65, die Petra Streit sich für ihren Mann erträumt hatte. Sie schüttelt langsam den Kopf und es dauert lange, bis sie sagt: "Überwältigend!"

19.30 Uhr. Ein Korken knallt. Der seit 1989 amtierende Landrat Roger Graef betritt die Bühne. Gratuliert. Und erläutert dem TV seine Sicht der Dinge: Paul Glauben sei ein Fachmann und menschlich großartig. Doch gegen den Standortvorteil Streits habe er sich nicht durchsetzen können. "Die CDU hat einen Fehler gemacht: Sie hätte ihren Kandidaten viel früher bestimmen und bekannt machen müssen", sagt Graef - und wirkt trotz allem nicht wirklich geknickt.

Wie anders dürfte es seinem Parteikollegen zu dieser Zeit gegangen sein: Paul Glauben, der erst auftauchen wird, wenn fast alles schon vorbei ist. Natürlich sei das Ergebnis für ihn enttäuschend, wird er etwa eine Stunde später sagen.

"Das große Problem war, dass ich von außen kam." Doch negative Resonanz habe er von den Menschen im Eifelkreis nie erfahren. "Deshalb mache ich das Ergebnis nicht an mir als Person fest." Wolfgang Ferners Kommentar fällt nüchterner aus. "Ich habe es ausgeglichener erwartet. Aber das ist eindeutig!"

19.40 Uhr. Eindeutig, in der Tat. Während sich in der Verbandsgemeinde Bitburg-Land Jürgen Backes (CDU) und Josef Junk (SPD) noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, steht das Ergebnis im Kreishaus längst fest.

"Drei Viertel der Stimmen!", sagt Streit, der gerade nicht telefoniert und nicht mit Journalisten spricht. In seinem eleganten Anzug sitzt er auf der Kante eines Tischs - lächelt, atmet tief ein und atmet wieder aus. "Es ist durch." Die Anspannung scheint langsam von ihm abzufallen. Ein Jahr habe er in den Wahlkampf investiert. Ein Jahr, in dem ihm die Menschen erzählt hätten: "Wir wählen Dich." Nun haben sie es tatsächlich getan.

"Ist Papa jetzt Landrat?", fragt der siebenjährige Paul - und Papa lacht, während sich draußen immer mehr Menschen sammeln, die im Coyote Café mit ihm einen Sieg feiern werden. Einen Sieg, der eindeutiger nicht sein könnte. Extra Fakten zur Wahl: Im Eifelkreis leben 77188 Wahlberechtigte. Mit 47631 gültigen Stimmen lag die Beteiligung an der Landratswahl bei 63 Prozent. Paul Glauben hat seine besten Ergebnisse in Kaschenbach (56,4 Prozent), Reiff (45,9 Prozent) und Winterscheid (45 Prozent) eingefahren. Wolfgang Ferner holte in Usch satte 21 Prozent, in Heisdorf 16 und in Keppeshausen 15.

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