"Wie, die Bundeskanzlerin ist hier?!"

Trier · 5000 Menschen haben gestern Nachmittag in Trier bei brütenden Temperaturen den Wahlkampfauftritt von CDU-Parteichefin Angela Merkel verfolgt. Für Abkühlung sorgten Gratis-Eis, Hüte und schattenspendende Plakate.

Organisationschef Wolfgang Blum wischt sich den Schweiß von der Stirn. Geschafft! Die Bühne steht, ausreichend Zuhörer sind da, und die Kanzlerin ist im Anmarsch. Pünktlich auf die Minute landet der Hubschrauber der Bundespolizei mit Angela Merkel an Bord in den Trierer Kaiserthermen. Die Maschine kommt von der Airbase Spangdahlem, wo Merkel zuvor - aus Berlin kommend - gelandet war.

Am Ende der Trierer Glockenstraße wird die prominente Christdemokratin schon von Landeschefin Julia Klöckner und dem örtlichen Bundestagsabgeordneten Bernhard Kaster erwartet. Um 16.45 Uhr kommt der Tross mit der in einem gepanzerten Wagen sitzenden Kanzlerin durch die Sichelstraße. Als die Sicherheitsleute ihr Okay geben, steigt Merkel aus.

Mit der regionalen CDU-Prominenz geht es zu einer kurzen Vorbesprechung ins gerade erst ausgezeichnete Café Suite au Chocolat. Es gibt Wasser und Streuselkuchen. Ein Ehepaar aus Stuttgart, das draußen auf der Terrasse direkt neben dem Eingang sitzt, ist völlig überrascht, als es erfährt, dass die Bundeskanzlerin soeben an ihm vorbeigehuscht ist. "Wie, Frau Merkel ist hier?!" Die sie umkreisenden Bodyguards und Merkels Parteifreunde machen es mitunter nicht leicht, einen Blick auf die 59-Jährige zu erhaschen.

Zehn Minuten später setzt sich der Tross wieder Richtung Porta in Bewegung. Freundlich winkt Merkel Passanten und Geschäftsleuten zu. Einige applaudieren. Als in der Fußgängerzone ein vor der Kanzlerin rückwärtsgehender Fotograf versehentlich eine alte Dame umrennt, hilft Merkel der Triererin ("Alles in Ordnung?") bereitwillig wieder auf die Beine, lässt sich mit ihr fotografieren.

Derweil ist im Hintergrund schon die Einmarschmusik zu hören. Wenig später macht Landeschefin Julia Klöckner auf der Bühne den Juncker. Vor vier Jahren war es der luxemburgische Premier, der beim Merkel-Auftritt für den spaßigen Teil des Programms zuständig war. Statt Juncker ist dieses Mal mit Marc Spautz ein christsozialer Minister da, den kaum jemand kennt. "Ihr kauft uns die Flächen hier weg, Herr Spautz", spöttelt Klöckner, "dafür können wir bei euch arbeiten."Dann ist die CDU-Parteichefin an der Reihe. Eine halbe Stunde redet Angela Merkel über Steuern, Löhne, Arbeitsplätze und Bildung. Und über Europa, das manchmal kompliziert, aber wichtig sei. Und über die Wahl am 22. September, "die noch nicht gelaufen ist". Dann lobt Angela Merkel noch einmal pflichtgemäß die regionalen CDU-Granden und hätte den Längsten unter ihnen beinahe vergessen, wenn nicht Landeschefin Julia Klöckner ihrer Duzfreundin aus der Hauptstadt zugehaucht hätte, dass da ja auch noch Eifelturm Patrick Schnieder sei. "Ach so", entschuldigt sich die Kanzlerin.

Von Bernhard Kaster bekommt die Parteivorsitzende dann gleich zwei Geschenke zum Dank für ihre Stippvisite: einen 2005er Longuicher Herrenberg Beerenauslese und einen Miniatur-Elefanten mit aufgemalten Trier-Ansichten; letzterer womöglich auch ein Symbol für das Beharrungsvermögen der CDU-Parteichefin.
Für die prominente Christdemokratin ist es nicht der einzige Wahlkampfauftritt an diesem Tag: Von Trier aus fliegt Angela Merkel ins 220 Kilometer entfernte Gießen. In den nächsten beiden Tagen nimmt die Kanzlerin allerdings eine Auszeit von ihrer Wahlkampftour quer durch die Republik. Im russischen St. Petersburg sitzt Merkel ab heute mit den Mächtigen der Welt beim G 20-Gipfel zusammen. Die Fernsehbilder von dort dürften der CDU-Chefin im Wahlkampf-Endspurt nicht schaden.

Extra
Nach der CDU-Vorsitzenden wird am Samstag, 18.30 Uhr, als prominentester SPD-Wahlkämpfer Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier auf dem Trierer Viehmarktplatz erwartet. Spitzenkandidat Peer Steinbrück war vorgesehen, er hat aber aus Termingründen abgesagt. sey


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