"Wir Brüder sind auf der Suche nach Einheit unter den Christen"

Trier · Die Communauté von Taizé ist ein ökumenischer Brüderorden, der Mitglieder verschiedener Konfessionen vereint. Die Gemeinschaft zieht Menschen aus der ganzen Welt zum Gebet mit Gesängen an. Heute kommt Prior Frère Alois mit einigen Brüdern nach Trier.

Trier. Frère Alois wird heute im Rahmen des Heilig-Rock-Programms das Abendgebet im Trie rer Dom halten. TV-Redaktionsmitglied Marie-Cathérine Fromm hat er im Vorfeld erzählt, worin für ihn die Bedeutung der Wallfahrt liegt und was die Menschen zum Pilgern motiviert.

Wie sind Ihre ersten Eindrücke der Heilig-Rock-Wallfahrt?
Prior Frère Alois: Schon 1996 war ich mit einem Bruder in Trier, und es war sehr beeindruckend, dass die Ausstellung des Heiligen Rocks so viele Menschen in Bewegung setzt. Ich war nicht nur zahlenmäßig beeindruckt von der Beteiligung, sondern auch von der inneren Beteiligung.
Wie trägt die Gemeinschaft von Taizé zum Programm der Wallfahrt bei?
Frère Alois: Zu unserem Abendgebet im Dom kommen Jugendliche aus der ganzen Umgebung zusammen. Wir Brüder von Taizé wollen zum Ausdruck bringen, dass wir auf der Suche nach Einheit sind unter den Christen und den Menschen überhaupt: Solidarität und Vertrauen auf Gott - das sind die zwei Schwerpunkte, die wir anlässlich der Heilig-Rock-Wallfahrt deutlich hervorheben wollen.

Welche Bedeutung messen Sie der Reliquie selbst bei?
Frère Alois: Es ist ein sehr schönes Zeichen. Wir wissen nicht, wie es über die Jahrhunderte nach Trier gekommen ist. Aber das Wichtige ist, dass das Wort des Evangeliums vom ungeteilten Gewand Christi durch die Wallfahrt auch sichtbar wird. Das hilft vielen Menschen heute.

Taizé ist vor allem als Treff für Jugendliche bekannt, Sie empfangen jedes Jahr rund 200 000 internationale Besucher. Welche Motive führen die Menschen nach Taizé?
Frère Alois: Es sind viele Motive. Viele Jugendliche suchen einen Sinn für ihr Leben: Wofür lohnt es sich einzusetzen? Was kann Glauben für mich bedeuten? Viele kommen, um das Gebet zu vertiefen. Und die Gemeinschaft spielt eine Rolle: Die internationalen Treffen bieten die Möglichkeit, Kirche als weite Gemeinschaft zu erfahren. Wir hoffen, dass die Erfahrungen in Taizé Jugendliche dazu ermutigen, sich in ihrer eigenen Ortskirche zu engagieren.

Es wird häufig kritisiert, das Pilgern zum Rock sei nicht mehr zeitgemäß. Wie bewerten Sie das?
Frère Alois: Ich bin erstaunt, wie sehr es gelungen ist, dieses Symbol, das man vielleicht zu schnell als unzeitgemäß abtun könnte, lebendig zu machen und als Herausforderung darzustellen. Ich bin erstaunt, dass Christen aus verschiedenen Konfessionen das zum Anlass nehmen, jetzt nach Trier zu kommen und den Willen zur Einheit auszudrücken.

Haben Sie persönlich Erwartungen oder Wünsche in Bezug auf Heilig Rock 2012?
Frère Alois: Dass möglichst viele Menschen sich neu die Frage stellen: Was heißt Glauben an Christus für mich? Und wie kann das mein Leben in die Richtung beeinflussen, dass ich Gemeinschaft und Einheit mit anderen Menschen suche. maf
Das Abendgebet mit Frère Alois beginnt heute um 20 Uhr im Dom. Termine zum ökumenischen Gebet mit Gesängen aus Taizé: 27. bis 29. April, 18 Uhr, St. Agritius; 4. bis 6., 11. bis 13. Mai, 18 Uhr, Konstantin-Basilika.
Extra

Frère Alois Löser ist seit 2005 Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, das rund zehn Kilometer nördlich von Cluny in Frankreich liegt. Heute zählen zum 1940 gegründeten Männerorden an die 100 Brüder, Katholiken und Mitglieder verschiedener evangelischer Kirchen aus mehr als 25 Ländern. Sie empfangen im Jahr rund 200 000 Besucher aus aller Welt. Alois Löser ist 1954 bei Nördlingen geboren und mit 20 Jahren der Gemeinschaft der Taizé beigetreten. Frère Alois ist Nachfolger des Gründers von Taizé, Frère Roger Schutz, der im August 2005 von einer geistig verwirrten Frau während des Gebetes in der Versöhnungskirche von Taizé ermordet wurde. maf

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