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Macher Wird es dem Riesling an der Mosel zu warm?

Das Forschungsprojekt Traben-Trarbach: 27 Winzer haben ihren Sitz im Stadtgebiet, viele von ihnen vermieten Ferienzimmer oder betreiben eine kleine Pension. Insgesamt gibt es 180 Vermieter im Stadtgebiet (Überschneidungen mit Winzern) und rund 40 Gastronome. Auch hier gibt es Überschneidungen mit Hotels & wenigen Winzern. Foto: Björn Pazen

Steigende Temperaturen, vermehrt auftretende Wetterextreme mit Starkregen oder Hagel und neue Schädlinge - der Klimawandel macht auch dem Weinbau zu schaffen. Das hat seine Auswirkungen auf die Mosel.Schiefer und Riesling, Weinbau und Tourismus sind in den Tälern von Mosel, Saar und Ruwer seit Hunderten Jahren eine unzertrennliche Beziehung eingegangen. Rund 3000 Winzer mühen sich in den steilsten Weinbergen Europas und ringen dem Boden wunderbare Früchte ab. Die Rebflächen erstrecken sich entlang der Mosel von der deutsch-französischen Grenze bei Perl im Saarland bis nach Koblenz sowie an den Unterläufen der Flüsse Saar, Ruwer, Sauer und Lieser sowie in weiteren Nebentälern. Auf 8743 Hektar Rebfläche reihen sich 19 Großlagen und rund 500 Einzellagen aneinander. Ein Weinanbaugebiet, das Touristen aus aller Welt begeistert, genauso wie die charaktervollen einzigartigen Weine bei den Liebhabern der Tropfen Entzückung auslösen. Dominiert wird das Anbaugebiet vom Riesling mit über 60 Prozent Anteil. In den Seitentälern Saar und Ruwer bringt es „die Königin der Reben“, wie sie viele Weinexperten bezeichnen, sogar auf fast 90 Prozent.Doch die Wein-Kulturlandschaft ist in Gefahr. Experten sind sich zwar noch etwas uneinig. Auf der einen Seite gehen Fachleute davon aus, dass 50 bis fast 90 Prozent der weltweiten Rebflächen einer Klimaerwärmung zum Opfer fallen könnten, vor allem französische Anbaugebiete wie das Burgund. Auf der anderen Seite geht etwa das Deutsche Weininstitut davon aus, dass die Mosel in dieser Entwicklung ein Gewinner sein könnte. Doch in einem ist sich die Fachwelt einig: Nur durch Veränderung und Anpassung, durch den Anbau neuer Rebsorten und die Erweiterung der Weinlagen können Weinanbaugebiete ihren Charakter retten.     

Das Klima dürfte sich in den nächsten Jahren weiter ändern. Ein gemeinsames Projekt von Uni Trier und Stadt Traben-Trarbach startet mit ehrgeizigen Zielen und bietet Chancen für Winzer und Tourismus.

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Schon in den vergangenen Wochen hat die große Hitze den Trauben geschadet. Sonnenbrandschäden an Trauben zeigen sich. Foto: Gerd Knebe

Und genau hier setzt ein neues, vom Bundesministerium für Umwelt gefördertes Verbundprojekt zwischen der Universität Trier und der Stadt Traben-Trarbach an.

Antje Bruns, Viviana Wiegleb, Katharina Horvath und Jens Niewind sind voller Enthusiasmus. Die Trierer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dürfen für drei Jahre an einem interessanten und zukunftsweisenden Projekt für die Moselregion arbeiten (siehe Extra). Das Kernteam von MoselAdapTiV beschäftigt sich mit der Bewältigung von Klimawandelfolgen im Weinbau und Tourismus. Dabei haben sie ihren Blick auf die Stadt Traben-Trarbach gerichtet. Der Fokus auf die Kommune soll helfen zu verstehen, welche Herausforderungen durch den Klimawandel auf die Winzer und die Tourismusbetriebe in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zukommen, wie sie sich jetzt schon darauf einstellen können, welche Lösungsansätze sich bieten.

„Mit einer großen Auftaktveranstaltung wollen wir die Akteure vor Ort für das gemeinsame Projekt von Uni Trier und der Kommune gewinnen“, erklärt Viviana Wiegleb. Auch aufseiten der Stadt ist die Erwartung und Vorfreude groß, wie Stadtbürgermeister Patrice Langer betont: „Mit Traben-Trarbach als Modellkommune gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit und beschäftigen uns nun intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Weinbau und Tourismus. So kann Traben-Trarbach zum Vorreiter für die Mosel-Region werden.“

Das erhofft sich auch das Projektteam. „Es wäre toll, wenn am Ende das Projekt einen Leuchtturmcharakter einnehmen würde, Vorbild für die gesamte Mosel-Region wäre“, nennt Wiegleb die Ziele.

Katharina Horvath betont dabei den Zusammenhang von Tourismus und Weinlandschaft. „Die Kulturlandschaft hat einen herausragenden Wert für den Tourismus in der Region. Zudem sind viele Akteure verzahnt, also sowohl Winzer und auch als Hotelier Gastgeber, haben Restaurants oder Straußwirtschaften.“

Für Jens Niewind sind die Auswirkungen des Klimawandels auf regionale Weinanbaugebiete kein Neuland. In seiner Masterarbeit (siehe Extra) hat er die Auswirkungen des Klimawandels auf die luxemburgischen Weinanbaugebiete an der Obermosel untersucht. „Es gibt zwischen beiden Gebieten zwar Unterschiede, doch es gibt auch viele Parallelen“, so Niewind. So konnte er in Luxemburg einen Rückgang der Elbling-Anbaufläche feststellen, die durch andere Rebsorten - Auxerrois, Pinot Gris, Pinot Blanc, Riesling–ersetzt wird, die eher mit höheren Temperaturen zurechtkommen. „Langfristig könnte eine Klimaerwärmung aber sogar dazu führen, dass es dem Riesling an der Mosel zu warm wird“, blickt Niewind in die Zukunft.

Dass die Folgen nicht zu schlimm werden, ist Ziel des Projekt MoselAdapTiV. Das gerade gestartete Projekt wird in den nächsten drei Jahren Workshops, Exkursionen und Arbeitsgruppen organisieren, bei denen sich Fachkräfte aus Weinbau und Tourismus mit kommunalen Stellen und Forschenden vernetzen können. Gemeinsam erarbeitete Ergebnisse werden beispielsweise in Form von Handlungsempfehlungen, verschiedenen Studien, Maßnahmenkatalogen und einem Klimawandel-Weinlehrpfad veröffentlicht.

Schon jetzt haben viele Winzer auf die veränderten Klimabedingungen reagiert. Einige Weingüter, wie etwa Markus Molitor oder Dr. Loosen, rekultivieren wieder höher gelegene Weinberge in den sogenannten obersten Riegeln, die teilweise brachlagen. Je hundert Meter beträgt der Temperaturunterschied etwa ein Grad. Auch einstige Spitzenlagen in höher gelegenen Seitentälern, die jahrzehntelang nicht bewirtschaftet wurden, sind wieder interessant, wie beispielsweise das Sorentberg-Projekt von Tobias Treis und Ivan Giovanett im Alftal bei Reil oder die Geisberg-Rekultivierung durch Van Volxem bei Ockfen zeigen.

Auch in diesem Jahr haben die heimischen Winzer bereits mit Sonnenbrand an den Trauben zu kämpfen. Gerd Knebel, Geschäftsführer des Weinbauverbands Mosel: „Sonnenbrand hat es am Wochenende vom 31. Juli auf den 1. August verbreitet im Anbaugebiet Mosel gegeben. Vor allem an Reben, die am Wegrand frei hängen und dort, wo die Hitze stand und nicht abfließen konnte. Bei der nächsten Hitzewelle in der ersten Augustdekade haben die Sonnenbrandschäden anscheinend nicht stärker zugenommen. Bisher haben die Sonnenbrandschäden bei weitem nicht das Ausmaß des vergangenen Jahres. Bleibt zu hoffen, dass die befallenen Beeren eintrocknen und für die Traubenlese keinen großen Mehraufwand verursachen.“ Um den Charakter deutscher Weißweine, insbesondere Riesling, auch bei steigenden Temperaturen zu erhalten, belassen einige Winzer beim Entlauben nur wenige Blätter an den Reben. Dadurch verzögert sich die Traubenreife. Andere setzen hingegen auf mehr Laub, um bei Hagel oder auch Sonnenbrand das Lesegut zu schützen. Eine größere Anzahl von Fruchtruten bilden für viele Winzer ebenfalls eine Absicherung gegen die gefürchteten Frost- oder Hagelschäden oder auch zu hohe Reife. Nach Bedarf wird dann im Sommer ausgedünnt, um die Erntemenge zu reduzieren.

Nur einige Beispiele, für zahlreiche Ansätze, sich der Herausforderung Klimawandel zu stellen. Für das Projekt-Team sollen solche guten Beispiele mehr Nachahmer finden. MoselAdapTiV will als Leuchtturmprojekt deshalb dem Weinbau und dem Tourismus ein Instrument geben, miteinander und voneinander zu lernen.

Mit dem Start im November beginnt das spannende Projekt. VON HERIBERT WASCHBÜSCH

Es wird immer wärmer in Deutschland

In den deutschen Weinanbaugebieten ist die Temperatur im Jahresmittel von 2009 bis 2018 (9,42 Grad Celsius) um 0,5 Grad Celsius gestiegen im Vergleich zu den zwei Jahrzehnten zuvor (1989 bis 2008 = 8,9 Grad Celsius). Das ist eine Steigerung der Temperatur um sechs Prozent. Im gleichen Zeitraum stiegen die durchschnittlichen Mostgewichte von 80 Grad auf 90,5 Grad Oechsle. Dies bedeutet eine Steigerung von 13 Prozent.

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